Verband: Schäfer sollen sich bewaffnen
Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung fordert angesichts der Wolfsansiedlung, dass Schäfer im Notfall einen Warnschuss abgeben.
DÜSSELDORF Es ist amtlich: Mehrere Schafe sind am Niederrhein und in Ostwestfalen von Wölfen getötet und verletzt worden. Das haben DNA-Tests des NRW-Landesamtes für Natur, Umwelt undVerbraucherschutz, kurz Lanuv, ergeben. Demnach sind in Schloss Holte-Stukenbrock am 26. September und in Bad Lippspringe am 27. September zwei Schafe durch einenWolf verletzt und eines getötet worden. Und auch die beiden am 19. September gerissenen Schafe in Hünxe gehen auf das Konto einer Wölfin, wie die genetischen Untersuchungen von Speichelproben zweifelsfrei bewiesen haben.
Für den Geschäftsführer des Fördervereins der Deutschen Schafshaltung, Wendelin Schmücker, ist damit auch in NRW eine rote Linie überschritten. „Die Schäfer müssen sich bewaffnen dürfen“, sagte Schmücker unserer Redaktion. Es solle aber nicht auf den Wolf geschossen werden. „Im Notfall soll man einen Schuss in die Luft abgeben, um den Wolf zu vertreiben.“Schmücker selbst will deshalb einen Waffenschein beantragen. Zuvor hatte sein Verein bereits für die Schäfer in Niedersachsen eine entsprechende Forderung gestellt. „Die vorhandenen Schutzmaßnahmen helfen nicht, um die Tiere vor dem Wolf zu schützen.“
Seit Anfang Oktober ist NRW offiziellWolfsland, nachdem genetische Befunde und Beobachtungen dar-
auf hingewiesen hatten, dass eine Wölfin im Kreis Wesel heimisch geworden ist. Jetzt ist die Sorge bei den Schäfern groß. Schon zuvor hatten sie vor der Ansiedlung eines Wolfes gewarnt. Aber spätestens nachdem in Dinslaken zehn Stück Damwild gerissen wurden, wollen viele, dass die Wölfin „entnommen“, wird, wie es in der Behördensprache heißt. Das bedeutet, dass sie getötet werden soll.
In Dinslaken soll die Wölfin über einen zwei Meter hohen Zaun geklettert sein. „Wenn sich das bewahrheitet, muss die Wölfin aus unserer Sicht leider erlegt werden“, sagt Ortrun Humpert vom Schafzuchtverband NRW. Das heiße aber nicht, dass der Verband generell für die Tötung vonWölfen sei. „Wir sind halt nur für den Schutz unserer Nutztiere“, sagt Humpert. Und bei der Wölfin im Kreis Wesel handele es sich um ein Tier, das gelernt habe, von Menschen errichtete Hindernisse wie Zäune zu überwinden. Darum müsse man jetzt handeln. „Wenn sie ein Männchen trifft und Junge bekommt, wird sie ihrWissen weitergeben. Und das Problem vervielfältigt sich“, sagt Humpert. Eine Bewaffnung der Schäfer lehnt sie allerdings ab. „Waffen gehören nicht in unsere Hände. Das ist Aufgabe der Behörden.“Einig ist sie mit dem Förderverein der Deutschen Schafshaltung aber, dass die Präventionsmaßnahmen nicht ausreichen.
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) kann den Unmut der Nutztierhalter verstehen. „Ich habe sehr großes Verständnis für die Sorgen und Ängste der Schäfer. Ich kann die Unruhe nachvollziehen“, sagte Heinen-Esser. Man habe die Region am Niederrhein daher frühzeitig als Wolfsgebiet ausgewiesen, um schnell Präventionsmaßnahmen ergreifen zu können. Dabei werde auf Erfahrungen aus Niedersachsen oder Brandenburg zurückgegriffen, wo es schon etliche Wölfe und Wolfsrudel gebe.
Im Moment gibt es eine 80-prozentige Förderung für Präventionsmaßnahmen.„Ich werde mich dafür einsetzen, diese auf 100 Prozent zu steigern, um den Betroffenen wirksame Hilfe zukommen zu lassen“, sagte die Ministerin. Sie wolle die Kulturlandschaft in NRW erhalten. Dazu gehöre auch die Weidetierhaltung. Unverzichtbar seien auch dieWiesen undWeiden.„Deswegen werden wir uns und unsere Weidetierhaltung fit machen müssen für den Umgang mit demWolf“, so Heinen-Esser.