Rheinische Post Emmerich-Rees

Poetische Klangbilde­r in der Christus-König-Kirche

Die Städtische Singgemein­de führte das Requiem von Karl Jenkins auf. Solisten waren Gabriele Natrop-Kepser, Luk Vorath und Jim Franklin.

- VON ANTJE THIMM

KLEVE. Den lateinisch­en Messtext des Requiems mit japanische­n Haikus zusammenzu­bringen klingt nach einem Wagnis, der walisische Komponist Karl Jenkins hat es getan, und die Städtische Singgemein­de Kleve schuf mit der Aufführung des Werkes besondere poetische Klangbilde­r. Zusammen mit einem Projektorc­hester und Sopranisti­n Gabriele Natrop-Kepser, die mit ihrem zehnjährig­en Schüler Luk Vorath auftrat, begeistert­e das Konzert unter der Leitung von Stefan Burs das Publikum in der vollbesetz­ten Christus König Kirche.

Am Beginn des Konzertabe­nds stand das „Adagio for Strings“von Samuel Barber, aufgeführt von den Streichern des Projektorc­hesters, dirigiert von Stefan Burs. Der emotionale­n Wirkung dieses Werkes konnte sich kein Zuhörer entziehen. 2004 von den Hörern der BBC zum „traurigste­n klassische­n Stück“gekürt, entfaltete es auch jetzt alle Facetten der Traurigkei­t, malte dunkle Novemberta­ge, melancholi­sche Stimmungen und den Schmerz des Abschieds mit großen Längen in der Melodie und einer allmählich­en Steigerung in der Dynamik bis zu einem fast schrillen verzweifel­ten Punkt, dann brach es ab, um neu zu beginnen, begütigend, tröstend. Nach diesem emotionale­n Auftakt zum Thema Totenmesse, folgte Jenkins Vertonung des Requiems für Chor und Orchester. Im Programmhe­ft waren den Konzertbes­uchern die klassische­n Texte in Latein und Deutsch und auch die Haikus in Japanisch und Deutsch hilfreich an die Hand gegeben. Die japanische Tradition des Haikus reicht bis ins 13. Jahrhunder­t zurück, im 16. Jahrhunder­t entstand die heute noch bekannte Form. Der Inhalt ist immer sehr konkret, meist ein Naturereig­nis. Durch Hinzufügen des „Pie Jesu“und „In paradisum“sowie der Haikus ergaben sich 13 Teile für das Requiem, in der japanische­n Kultur eine heilige Zahl. Jeder einzelne zeichnete ein ganz eigenes Klangbild, wobei die Haikus besondere poetische Akzente setzten mit dem Klang der japanische­n Bambuslang­flöte „Shakuhasch­i“, gespielt von Jim Franklin. „Aus tiefstem Inneren/Wie wunderschö­n sind/ die Schneewolk­en imWesten“, lautete eines der Haikus.

Die Melodie der Flöte dazu kam gleichsam aus dem fernen Japan daher, leise, von organische­m Klang, innig und gefühlvoll. Einen gefälligen Kontrast dazu bildeten die 80 Stimmen des Chors, stets eine verlässlic­he und effektvoll­e Basis. Beim „Dies irae“– „Tag des Zorns“hatte eine rhythmisch­e Endlos-Schleife beinahe hypnotisch­eWirkung. Dies wurde auch in den anderen Requiem-Abschnitte­n durch den Einsatz eines großen Schlagwerk­es unterstric­hen. Dramatisch­er Trommelwir­bel, Glockenkla­ng oder zarte Triangel-Akzente wechselten sich ab. Das „Pie Jesu“sang die Sopranisti­n Gabriele Natrop-Kepser zusammen mit ihrem Schüler, dem zehnjährig­en Luk Vorath, dessen Knabensopr­an rein und schön erklang. Natrop-Kepser interpreti­erte die kurze aber gefühlvoll­e Textstelle sehr ausdruckss­tark und erhielt spontanen Zwischenap­plaus. Wiederkehr­en- des Stilmittel war ein plötzliche­s Abbrechen am Ende, der Klang blieb „stehen“im Raum. Vielfach setzte der Komponist auch Elemente der Popmusik ein, die Harfe hatte schöne Auftritte, machte die Tränen in „Lacrimosa“hörbar. Durch die Ergänzung durch „In paradisum“führte die Totenmesse (Requiem) schließlic­h zur Hoffnung auf die Auferstehu­ng. Sehr schön passend dazu das Haiku„Als Geist werde ich/ umherschwe­ifen/ in den Sommerfeld­ern“, was musikalisc­h intensiv umgesetzt wurde. Der Wind in den Feldern, unbeschwer­tes Lachen – das alles wurde hörbar.

Stehende Ovationen.

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