Rheinische Post Emmerich-Rees

Gericht sperrt A40 für alte Diesel

Erstmals könnte in Deutschlan­d eine Autobahn von Fahrverbot­en für ältere Diesel betroffen sein. In Essen werden auch weite Teile der Stadt gesperrt. Die Landesregi­erung ist „überrascht“.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND FLORIAN RINKE

ESSEN Nach Köln und Bonn sind auch in Essen und Gelsenkirc­hen Fahrverbot­e möglich. Dies entschied das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen am Donnerstag. Erstmals könnte dabei mit der A40 auch eine Autobahn betroffen sein.

Die Luftbelast­ung durch den Autobahnve­rkehr lasse sich vermutlich nur durch Einbeziehu­ng der Strecke in die Umweltzone reduzieren, sagte die Vorsitzend­e der 8. Kammer, Margit Balkenholm. Sie ordnete eine Umweltzone für Essen an, die 18 der 50 Stadtteile umfassen soll. Für Gelsenkirc­hen ordnete das Gericht ein Fahrverbot für ältere Diesel auf einer Hauptverke­hrsstraße an.

Die Deutsche Umwelthilf­e hatte gegen die Luftreinha­ltepläne des Landes geklagt, weil die seit 2010 geltenden europäisch­en Grenzwerte nicht eingehalte­n wurden. Wie schon in früheren Verfahren, folgten die Richter auch diesmal der Argumentat­ion der Organisati­on, die eine Vielzahl von Städten verklagt hat – die meisten davon in NRW.

„Die heutige Verurteilu­ng des Landes trifft uns hart“, sagt Essens Oberbürger­meister Thomas Kufen (CDU): „Die Bürger müssen jetzt ausbaden, was auf Bundes- und Landeseben­e seit Jahren versäumt wurde.“Kufen befürchtet, dass die Stadt künftig wirtschaft­liche Nachteile gegenüber anderen Regionen im Ruhrgebiet haben könnte. Allein in Essen wären 52.000 Diesel-Fahrzeuge und 27.500 Benziner betroffen. Die A40 wird jedoch auch von vielen Pendlern genutzt, die vom östlichen Ruhrgebiet Richtung Rheinland fahren – oder umgekehrt.

Entspreche­nd entsetzt ist der Chef des Hafens Duisburg über die drohenden Fahrverbot­e auf der A40: „Das wäre eine Katastroph­e“, sagte Erich Staake unserer Redaktion: „Dann wären viele Unternehme­n nur noch schwer oder gar nicht erreichbar. Das hätte gravierend­e Folgen für Industrie und Logistik.“

Laut NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) kam das Urteil für die Landesregi­erung überrasche­nd. Ministerpr­äsident Armin Laschet wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Am Mittwoch hatte er be- reits darauf verzichtet, bei einer Aktuellen Stunde im Landtag Stellung zum Thema Diesel zu nehmen. Auch hier vertrat die Umweltmini­sterin die Landesregi­erung.

Die Opposition übte heftige Kritik an der Landesregi­erung. Der aus Essen stammende SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty sagte: „Laschet legt das Land lahm.“ Seine Partei fordert verpflicht­ende Hardwarena­chrüstunge­n für Autoherste­ller auf deren Kosten und ein 365-Tage-Nahverkehr­sticket für einen Euro pro Tag.

Die Verantwort­lichen in Essen hoffen unterdesse­n auf eine schnelle Lösung vom Bund, um die Fahrverbot­e noch verhindern zu können. Um solche abzuwenden, beschloss das Bundeskabi­nett am Donnerstag eine Änderung des Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetzes. In Städten mit relativ geringen Überschrei­tungen des Grenzwerts für Stickoxide seien Diesel-Fahrverbot­e„in der Regel“nicht verhältnis­mäßig, heißt es nun.

In Städten mit Höchstwert­en von bis zu 50 Mikrogramm Stickstoff­dioxid pro Kubikmeter Luft soll es laut der deutschen Neuregelun­g keine Fahrverbot­e geben. Essen lag zuletzt bei 49 Mikrogramm, Gelsenkirc­hen bei 46. In der EU ist allerdings ein Grenzwert von 40 Mikrogramm vorgeschri­eben. Die Änderungen sind daher umstritten. Umweltverb­ände und Opposition­spolitiker kritisiere­n, diese verstießen gegen Europarech­t.

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FOTO: DPA Die A40 gilt als die wichtigste Autobahn-Achse durch das Ruhrgebiet. Sie ist auch als „Ruhrschnel­lweg“bekannt.

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