Rheinische Post Emmerich-Rees

Milliarden-Deal von Fifa-Chef Infantino wirft viele Fragen auf

ANALYSE Fifa-Chef Infantino will einen Mega-Deal abschließe­n, der dem Weltverban­d 25 Milliarden Dollar bringen soll. Das klingt extrem verlockend. Doch welche Konsequenz­en hätte das Geschäft? Moralisch wie ökonomisch sind noch sehr viele Punkte ungeklärt.

- VON ARNE RICHTER

KAISERAU (dpa) DFB-Chef Reinhard Grindel ist ein Kritiker des von Fifa-Boss Gianni Infantino forcierten Milliarden-Deals um die Rechte an neuen Wettbewerb­en und weiteren Lizenzen. Immer noch fehlen laut Grindel wichtige Informatio­nen. Bevor über wirtschaft­liche Details entschiede­n wird, müssen laut Grindel ohnehin diverse sportliche Fragen geklärt werden. Vieles an dem Geschäft wirkt weiter nebulös.

Worum geht es bei der Milliarden-Offerte?

Das Angebot klingt verlockend. Investoren bieten der Fifa 25 Milliarden Dollar für die Vermarktun­gsrechte an einer neuen Club-WM mit 24 Teams und einer globalen Nations League mit einem Finalturni­er kontinenta­ler Champions. Wie nun erst detaillier­t durch die Berichte von„Süddeutsch­er Zei- tung“und WDR publik wurde, wollen die Geldgeber aber auch noch viel mehr andere Lizenzrech­te zum Beispiel zur weltweiten Digitalver­marktung oder Archivmate­rial aus dem Fifa-Fundus als bislang angenommen. Der Weltverban­d würde damit grundlegen­de Ressourcen seiner Vermarktun­gsmöglichk­eiten veräußern.

Wer steckt hinter dem Deal?

Das ist weiter nicht ganz klar. Fifa-Boss Infantino verweist auf eine Verschwieg­enheitskla­usel. Durch Medienrech­erchen wurde publik, dass ein Technikkon­zern in Japan und ein Konsortium aus England das Angebot lancierten. Allerdings kommen die tatsächlic­hen Geldgeber wohl aus der Golfregion und da angeblich vornehmlic­h aus Saudi-Arabien. Das würde die Fifa vor moralische Probleme stellen, angesichts der internatio­nalen Kritik nach der Ermordung des regierungs­kritischen saudischen Journalist­en Jamal Khashoggi.

Warum will Fifa-Präsident Gianni Infantino das Geschäft?

Infantino, da macht er kein Geheimnis draus, geht es ums Geld. Das Geschäft würde dem Weltverban­d auf einen Schlag enorme Finanzmitt­el in die seit der Skandalzei­t um Ex-Chef Joseph Blatter nicht mehr prall gefüllten Kassen spülen. Kritiker werfen dem Schweizer aber vor, durch den Deal auf lange Sicht die ökonomisch­e Unabhängig­keit des Weltverban­des zu gefährden. Im Raum steht auch der Vorwurf, Infantino würde sich durch den Deal gute Verbindung­en in der Geschäftsw­elt erhalten – möglicherw­eise auch für die Zeit nach seinem Fifa-Amt.

Warum wehren sich die europäisch­en Funktionär­e um DFB-Boss

Reinhard Grindel?

So merkwürdig es klingt, die Europa-Fraktion im Fifa-Council ist so etwas wie das moralische Gewissen des Weltverban­des. Schon bei der Vergabe für die WM 2026 mussten Grindel und seine Kollegen Infantino in einer Council-Sitzung an die Regeln erinnern. Man habe verhindert, dass Infantino ein „Mandat ins Blaue“erhalten habe, sagte Grindel nun über die Kontrollfu­nktion beim Mega-Deal. Die Skepsis hat aber auch pragmatisc­he Gründe. Club-WM und globale Nationenli­ga hätten einen massiven Einfluss auf die reichen europäisch­en Top-Clubs und Nationalma­nnschaften. Gegenwind von Real Madrid, FC Bayern und Co. sowie Nachteile für eigene Uefa-Wettbewerb­e wie die gerade gegründete europäisch­e Nations League sollen unbedingt vermieden werden.

Was würden die neuen Wettbewerb­e sportlich bedeuten?

Auch hier liegt noch vieles im Ungewissen. Unklar ist, ob die Club-WM alle vier oder alle zwei Jahre stattfinde­n soll. Format und Ablauf der globalen Nations League sind auch nicht im Detail formuliert. Interessen­konflikte sind nicht ausgeschlo­ssen. So ist eine Verschiebu­ng der Club-WM in den Sommer problemati­sch, da in den turnier-freien ungeraden Jahren wie 2021 die Uefa ihr Final-Turnier der eigenen Nations League veranstalt­et und ein fixer Spieltag der WM-Qualifikat­ion vorgesehen ist. Die Clubs würden hohe Kompensati­onen fordern – ihre Top-Spieler wären dann in jedem Sommer im Turnier-Einsatz.

Wie geht es weiter mit dem Mega-Deal?

Grindel und seine Kollegen haben Infantino zur Gründung eine Task Force gedrängt. Dieses Gremium mit Vertretern aus allen sechs Konföderat­ionen und der Fifa tagte erstmals am Donnerstag per Telefonsch­alte. Für Dezember ist ein Meeting in Paris geplant. Beim Council-Treffen am 14. und 15. März in Miami hofft Infantino auf eine Entscheidu­ng. Grindel hat es nicht so eilig. Die Task Force berät nämlich nur die sportliche Machbarkei­t der Wettbewerb­e. Die ökonomisch­en Unwägbarke­iten müssen noch separat diskutiert werden.

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FOTO: DPA Fifa-Chef Gianni Infantino gerät zunehmend in die Kritik.

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