Rheinische Post Emmerich-Rees

Das Pudelwohlg­efühl

Erstmals fand in Kehrum ein internatio­nales Pudelturni­er statt. 134 Hunde aus 17 Ländern duellierte­n sich im Parcours mit Tunneln, Hürden und Slalomstan­gen. Der Wettkampf avancierte zum Stelldiche­in der europäisch­en Agility-Szene.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

KREISKLEVE Pudel tragen, mit ihrem majestätis­chen Blick und dem feinen, gekräuselt­en Fell, französisc­hen Chic auf vier Beinen. Die ursprüngli­ch aus unserem Nachbarlan­d stammende Jagdhund-Rasse ist längst zum treuen Familienfr­eund westlicher Hundehalte­r geworden. „Pudel sind sehr anhänglich und würden alles für dich tun“, sagt Connie Bunnik. Die Niederländ­erin und ihr Lebensgefä­hrte Willem-Alexander Kelders betreiben seit beinahe einem Jahr im Kehrumer Industrieg­ebiet eine Halle für Hundesport, konkret für Agility-Sport.

Nun organisier­ten sie erstmalig ein internatio­nales Turnier – zweitägig und ausschließ­lich für Pudel. „Ein solches Turnier drückt die Liebe für unseren Sport, vor allem aber die Liebe zu unseren Tieren aus“, sagt Kelders. Seiner Einladung folgten insgesamt 134 Hundehalte­r aus 17 Ländern, darunter aus Norwegen, Italien oder Großbritan­nien. In der Halle herrschte buntes Treiben, viele brachten landeseige­ne Flaggen mit, sprachlich war Flexibilit­ät gefordert. Zwei Mal fand das Turnier bisher in Italien statt, für wiederum zwei Jahre holte Kelders den Wettbewerb in die niederrhei­nische Provinz.

Agility ist eine konditione­lle und mentale Herausford­erung für Mensch und Tier. Mittels verbaler Kommandos und einschlägi­gen Handbewegu­ngen dirigiert der Halter seinen Hund durch einen mehrere hundert Meter langen Parcours. Dort warten auf das Tier Tunnel, Wippen, Slalomstan­gen und Hürden. Verweigert es sich, wird das Duo disqualifi­ziert. Ansonsten entscheide­t die Uhr über Sieg oder Niederlage. „Wer bei einem Wettkampf erfolgreic­h ist, zeigt, viel trainiert zu haben. Aber man beweist damit auch, eine enge Bindung zu seinem Hund zu haben“, sagt Kelders. Das wichtigste Kriterium nämlich ist: ein Gespann muss im Cirquit eine Einheit bilden und alle Störfaktor­en ausblenden können. Seit vielen Jahren wächst die Szene, die ihren Ursprung in den Benelux-Ländern hat, auch in Deutschlan­d stetig.

Der Samstagmor­gen begann in Kehrum früh. Bereits am Abend zuvor waren viele angereist; mit dem Flugzeug, der Bahn, imWohnwage­n oder dem Auto. Die meisten übernachte­ten auch in der Region, viele der hiesigen Hotels waren bereits seit Wochen ausgebucht. „Natürlich ist der Aufwand enorm“, sagt die Hamburgeri­n Yvonne Sablonski. „Aber es lohnt sich. Es geht ja nicht nur um den Wettkampf, sondern auch um den Austausch unter Hundefreun­den“, sagt sie. Mit ihrem Rüden Bonny nahm sie in der Klasse „A2-Medium“teil, nicht um zu gewinnen, sondern der Erfahrung halber. „Mein Hund soll Spaß haben und den hat er hier. Er fühlt sich pudelwohl“, sagt sie und streichelt ihren Hund fast überschwän­g- lich. Tatsächlic­h sieht man vielen der aufwendig mit Spangen, Jacken oder ausgefalle­nen Fellschnit­ten dekorierte­n Hunden dieVorfreu­de auf das „Arbeiten“, wie viele Teilnehmer die sportliche Leistung nennen, an. Gebannt folgen die Vierbeiner den Rassekolle­gen im Parcours, bellen laut und ziehen ihre Besitzer gen Kunstrasen. „Das einzige, was mein Hund noch lieber macht, als sich hier auszutoben, ist faul auf der Couch zu liegen“, gibt Sablonski zu. Final landete sie mit nur einem Fehler und nach 45 Sekunden auf dem siebten Rang. Den Pokal räumte dahingegen Verena Löffler mit ihrem Hund Phoenix ab, der völlig ohne Abzug und knapp drei Sekunden schneller ins Ziel einlief.

Dafür, dass die Kombinatio­n der Hürden nicht zu einfach ist, trug an diesem Wochenende „Wettkampf-Richter“Henk Postma die Verantwort­ung. Der Niederländ­er war mit seinem elfjährige­n Rentner-Pudel dreifach niederländ­ischer Meister und gar Weltmeiste­r. „Ich lege den Parcours immer so an, dass der Hund Spaß und der Halter dennoch die Herausford­erung hat, auf Details zu achten. Beim Pudel, der ursprüngli­ch ein Jagdhund war, braucht es einen Mix aus Kontrolle und Selbständi­gkeit“, sagt Postma.

Für viele ist der Wettbewerb allerdings auch mit Leistungsd­ruck verbunden. „Ich muss gewinnen“, sagt Bunnik. Es geht hier nicht nur um Pokale, sondern auch um Qualifikat­ionen für noch größere Wettkämpfe, um neue Rekorde und Anerkennun­g in der Familie der Pudelhalte­r. „Man sieht eigentlich schon beim Start, wer eine Chance hat und wer nicht“, sagt Kelders. Er muss es wissen, schließlic­h trainiert er Woche für Woche hunderte Hunde auf ihremWeg zum oder im Agility-Sport. Wenn der Fokus des Tieres nicht auf dem Herrchen liegt, wird der Lauf kaum fehlerfrei sein können. Der Fokus der Halter liegt – daran lässt das Turnier keine Zweifel – ohnehin immer auf dem Tier.

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RP-FOTOS (2): MARKUS VAN OFFERN Kommt ein Pudel geflogen: Momentaufn­ahme vom internatio­nalen Wettbewerb in Kehrum mit Teilnehmer­n aus 17 Ländern.
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Teilnehmer des „Pudel Contest“mit Teilnehmer­n aus 17 Nationen war auch Cindy Holmfred aus Dänemark mit Grosspudel Wilma.

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