Dieselfahrer hoffen auf Mess-Fehler
Wegen möglicher falscher Messungen könnten Fahrverboten angefochten werden.
DÜSSELDORF Die Hoffnung der Diesel-Fahrer, Fahrverboten doch entkommen zu können, erhält neue Nahrung. Nach Informationen unserer Redaktion wachsen in den NRW-Behörden die Zweifel an der Zuverlässigkeit vieler Messwerte, mit denen Gerichte ihre Fahrverbotsentscheidungen begründet haben. „Das könnte ein wesentlicher Hebel für die Berufungsverfahren gegen die Fahrverbote werden“, heißt es in der Düsseldorfer Ministerialbürokratie.
Die Landesregierung will mehrere in NRW ergangene Fahrverbots-Gerichtsbeschlüsse anfechten. In vielen Städten werde der Mindestabstand von 25 Metern von Luftmessstationen zur nächsten verkehrsreichen Kreuzung, den die EU in der Regel verlangt, nicht eingehalten, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Bekannt wurden zum Beispiel zweifelhafte Standorte in Essen und Aachen. „Einige ältere Messstationen können von den Kriterien abweichen“, räumt das Umweltbundesamt ein. Der Grund: Sie seien schon lange vor der jetzigen Rechtsprechung aufgestellt worden.
Der Präsident der Kölner Handwerkskammer, Hans Peter Wollseifer, verlangt für die Domstadt bereits Kontrollmessungen: „Die Handwerkskammer hat gut begründete Zweifel, ob die Messungen der Lan- desbehörde korrekte Stickoxidwerte erbracht haben.“
In NRW haben Gerichte Diesel-Fahrverbote in unterschiedlicher Ausprägung für Köln, Bonn, Essen und Gelsenkirchen angeordnet. Weitere Urteile etwa für Dortmund und Bochum stehen in Kürze an. Die Gerichte begründen ihre Entscheidungen mit zu hohen Stickoxid-Werten in den Städten, für die vor allem ältere Diesel-Fahrzeuge verantwortlich gemacht werden.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das in der vergangenen Woche Essen und Gelsenkirchen zur Verhängung von Fahrverboten verurteilt hatte, bemängelte ebenfalls die Datengrundlage dieser Entscheidung. So stamme ein großer Teil der Schadstoffdaten für das Essener Stadtgebiet aus dem Jahr 2009. Die FDP hat auf Bundesebene bereits beantragt, Messstationen in Deutschland analog zum EU-Ausland zu platzieren, wo Fahrverbote kaum eine Rolle spielen, weil die Stationen weiter von den Straßen entfernt aufgestellt werden.
Fragwürdig ist zudem, wie die Polizei Fahrverbote überhaupt kontrollieren soll. Michael Mertens, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagt, die Polizei habe gar nicht genug Personal für die Überwachung. Sie sei auch nur möglich, wenn man von außen erkennen könne, welche Fahrzeuge von Fahrverboten betroffen seien. Dafür gibt es aber noch keine Regelung.