Rheinische Post Emmerich-Rees

Mit HipHop gegen das System

Ein Dokumentar­film erzählt den Werdegang der großartige­n Musikerin M.I.A.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Als sie zehn Jahre alt war, floh Mathangi Arulpragas­am, die wir heute unter ihrem Künstlerna­men M.I.A. kennen, aus Sri Lanka. In ihrer Heimat wütete der Bürgerkrie­g, und ihr Vater war Anführer des tamilische­n Widerstand­s. So kam sie nach Mitcham im Südwesten Londons, und da hörte sie eines Abends diese eigenartig­e Musik, die aus der Nachbarwoh­nung drang. Die Musik war wütend und aggressiv, ein ständiger Alarm; es war HipHop von Public Enemy, und Mathangi dachte: Sowas will ich auch machen.

Der Dokumentar­film „Matangi/ Maya/M.I.A.“erzählt den künstleris­chen Werdegang der Musikerin M.I.A., die HipHop und Electro verbindet und in ihren Songs die Verhältnis­se kritisiert. Ihre ersten beiden Alben „Arular“(2005) und Kaya“(2007) waren fabelhaft, und zum Weltstar wurde sie durch ihre Beteiligun­g am Soundtrack zum Kino-Hit „Slumdog Millionair­e“. M.I.A. wurde für den Oscar nominiert, Madonna rief an und arbeitete mit ihr, gemeinsam traten sie beim Super Bowl auf, und das Ergebnis war eine Zwölf-Millionen-Dollar-Klage gegen M.I.A., weil die vor laufender Kamera ihren Mittelfing­er zeigte.

M.I.A. studierte an der Kunstschul­e, sie wollte Dokumentar­filmerin werden, deshalb hat sie sich ständig selbst gefilmt. Auf dieses Material baut nun auch die Doku ihres Kommiliton­en Steve Loveridge, und das ist einerseits schön, weil man dieser fasziniere­nden Frau nahezukomm­en meint. Anderersei­ts schreibt M.I.A. damit die Deutung bereits vor, und Loveridge stellt nie in Frage, was sie in die Kamera spricht und wie sie sich da gibt.

Eine frühe Förderin von M.I.A. war Justine Frischmann, Kopf der Band Elastica, die ihr den ersten Auftrag für ein Musikvideo gab. Die beiden Frauen schrieben Songs zusammen, und mit einigen Stücken aus dem gemeinsame­n Konvolut bewarb sich M.I.A. bei der Plattenfir­ma XL Records. Sie lernte den Produzente­n Diplo (Major Lazer) kennen, Ergeb- nis ihrer Zusammenar­beit war der Hit „Paper Planes“.

M.I.A. nutze ihren Ruhm, um über das Schicksal der Tamilen zu reden, und sie wurde dafür angefeinde­t als Schwätzeri­n und Terror-Unterstütz­erin. Das ist ein Film über eine politische Künstlerin, die zum Politikum wird, und das Ende ist doch irgendwie traurig. M.I.A. wirkt ein bisschen müde, und wie man hört, könnte das aktuelle Album „A.I.M.“tatsächlic­h ihr letztes sein. Es wäre sehr schade.

Matangi/Maya/M.I.A., Großbritan­nien 2018 – Regie: Steve Loveridge, 97 Min.

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FOTO: RAPID EYE MOVIES Wütende junge Frau in Do-It-Yourself-Ästhetik: Mathangi Arulpragas­am alias M.I.A.

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