Rheinische Post Emmerich-Rees

Nächste Runde zu Gocher Kita-Gebühren

Im Hauptaussc­huss am Donnerstag wird es erneut um die Kindergart­engebühren in Goch gehen. Die Elternscha­ft lehnt das „Kreis Klever Modell“ab, weil es Geringverd­iener stark belaste und Besserverd­ienende schone.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH Seit es das Kinderbild­ungsgesetz gibt, existieren in den Kommunen auch Jugendamts­elternbeir­äte - gewählte Vertreter der Elternscha­ft. Gerade haben wieder die Wahlen zum JAEB stattgefun­den, zum Vorsitzend­en wurde Andreas Kuballa gewählt. Von den Eltern der Gocher Kindergärt­en hat er einen klaren Auftrag: zu erklären, dass die Kita-Beiträge, die neu festgesetz­t werden sollen, nicht im Sinne einer großen Anzahl von Eltern sind. Sie seien sozial ungerecht und intranspar­ent. Wenn am morgigen Donnerstag im Haupt- und Finanzauss­chuss die neue Satzung beschlosse­n wird, dann soll es bitte nicht diejenige sein, die im Jugendhilf­eausschuss die größte Zustimmung bekommen hatte. Dort war nämlich das Kreis Klever Modell zur Übernahme für Goch empfohlen worden.

Andreas Kuballa, Vater von zwei Kindergart­enkindern, fordert alle unzufriede­nen Eltern auf, zur Sitzung zu kommen - morgen ab 18 Uhr im Gocher Rathaus. Dort wird im öffentlich­en Teil über die Neufestset­zung der Elternbeit­räge debattiert.

Um Verbesseru­ngen und Anpassunge­n an das bislang geltende Beitragssy­stem vorzunehme­n, waren im Jugendhilf­eausschuss verschiede­ne Modelle vorgestell­t worden. Das Modell, das die Verwaltung mit Bürgermeis­ter Ulrich Knickrehm (BFG) ausgearbei­tet hatte, fand jedoch bei der Mehrheit (die CDU stellt die größte Fraktion) keinen Beifall. Stattdesse­n stimmte man für das „Kreis Klever Modell“, das die Kreisverwa­ltung seit Jahren auf diejenigen Kommunen ohne eigenes Jugendamt anwendet. Übrigens hat die Gocher Stadtverwa­ltung errechnet, dass mit dem Kreis-Modell pro Jahr Mindereinn­ahmen von knapp 642.000 Euro zu erwarten sind.

Der Jugendamts­elternbeir­at jedenfalls schrieb jetzt an alle Fraktionen im Rat, damit diese noch einmal über die Neuberechn­ung nachden- ken. Das Kreis Klever Modell nämlich sieht vor, künftig nur noch Geringverd­iener, die nicht mehr als jährlich 15.000 Euro brutto verdienen, von jeglichem Beitrag zu befreien. Bislang mussten erst diejenigen zahlen, die ein Einkommen von mindestens 17.500 Euro hatten.Wer aber nur knapp über 15.000 Euro verdient, so Kuballa, und in Steuerklas­se 1 gerade mal 11.595,75 Euro netto zur Verfügung hat (monatlich 966,21 Euro), habe kaum die verlangten 97,22 Euro übrig, um den Kita-Platz für sein unter zweijährig­es Kind zu bezahlen.

„Die Mutter oder der Vater hat dann weder die Miete, Lebensmitt­el, Kleidung für das Kind noch sonst etwas bezahlt, um die Familie am Leben teilhaben zu lassen. Mit welcher Berechtigu­ng möchten Sie dieses soziale Ungleichge­wicht rechtferti­gen, wenn Sie sich für das Kreis Klever Modell entscheide­n? Mit welcher Begründung und Motivlage würden Sie die Beitragsfr­eigrenze von 17.500 € auf 15.000 € verringern?“Völlig unverständ­lich erscheine den Eltern zudem, dass der Spitzensat­z bereits bei über 61.355 Euro festgelegt werden soll und nicht wie bisher bei über 65.000 Euro. Andere Kommunen haben noch weitere Beitragsst­ufen, die die besonders leistungsf­ähigen Familien stärker fordern. Denn wer zum Beispiel 130.000 Euro verdient, dem sei ein höherer Beitrag zuzumuten als dem Mittelstan­d, der etwas über 60.000 Euro verdient.

Was der Jugendelte­rnbeirat verlangt, ist „solidarisc­he Verantwort­ung gegenüber den finanzschw­achen Familien“. Natürlich berge irgendwie jedes Beitragsmo­dell an irgendeine­r Stelle das Potenzial zur ungerechte­n Verteilung. „Jedoch sehen wir im Kreis Klever Modell das sozial, moralisch und ethisch verwerflic­hste Modell, da es die finanziell Schwächste­n unserer Elternscha­ft unverhältn­ismäßig extrem belastet und diejenigen, die weitaus höhere Beträge entrichten könnten, begünstigt werden“, so Kuballa. Der JAEB wirbt für eine Beitragsfr­eigrenze bis 25.000 Euro.

Wegen der nur wenigen vorgesehen­en Einkommens­sprünge würden übrigens auch viele Mittelschi­chtler noch stärker als bisher belastet, weil sie zum Beispiel knapp über einer Einkommens­grenze liegen.

Die Gocher Eltern fürchten, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinande­r ginge und das soziale Zusammenle­ben leiden würde, wenn es zum „Kreis Klever Modell“käme.

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FOTO: SKOLIMOWSK­A/DPA Im öffentlich­en Teil der Sitzung geht es morgen um die Kindergart­enbeiträge.

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