„Alle drei werden in der Politik gebraucht“
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet über den Wettlauf um den CDU-Parteivorsitz und über die Gefahr einer Spaltung der Partei.
DÜSSELDORF Im Landtag hat der NRW-Ministerpräsident ein Büro mit einer traumhaften Aussicht auf den Rhein. Das Büro mit seiner Holzvertäfelung ist schmucklos. Seit der Regierungszeit von Johannes Rau sei nichts verändert worden, versichert Laschet.
Ist Deutschland nicht in der Lage, für die Bundesregierung eine angemessene und sichere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen?
LASCHET Natürlich beunruhigt es, wenn in den vergangenen Jahren immer wieder von Problemen bei der Luftwaffe zu hören war. Das trifft ja nicht nur Spitzenpolitiker, sondern auch unsere Soldaten im Einsatz. In diesem Fall habe ich den Eindruck, dass vor allem ein sehr erfahrener Pilot und eine sehr besonnene Crew hier vorbildlich reagiert haben. Da können wir den Angehörigen der Bundeswehr auch mal Danke sagen.
Rechnen Sie damit, dass der nächste CDU-Parteichef aus Nordrhein-Westfalen kommt?
LASCHET Diese Prognose traue ich mir heute nicht zu. Die Stimmung auf den Regionalkonferenzen ist unterschiedlich. Man kann auch eine Prognose nicht nach dem Applaus für die Kandidaten stellen. Die De- legierten beim Parteitag treffen ihre eigenen Entscheidungen.
Welche Stärken und Schwächen sehen Sie bei den Kandidaten?
LASCHET Alle drei Kandidaten haben eigene Stärken und ein eigenes Profil. Ich bewerte sie nicht öffentlich und werde auch für niemanden hier Partei ergreifen. Wichtig ist, dass das, was alle drei verkörpern, für die CDU erhalten bleibt.
Wie soll das gelingen?
LASCHET Wir erleben jetzt diesen tollenWettbewerb mit unterschiedlichen Persönlichkeiten. Aber die Volkspartei CDU braucht eigentlich alle drei Charaktere, um ihre Breite darzustellen. Das ist meine Grundbotschaft.
Sie wünschen sich also, dass sowohl Friedrich Merz als auch Annegret Kramp-Karrenbauer in einer führenden öffentlichen Position der CDU erhalten bleiben?
LASCHET Ich wünsche mir, dass alle drei – so wie sie jetzt auf den Regionalkonferenzen sichtbar sind – auch in Zukunft für die CDU sichtbar bleiben. Das wären sie nicht mehr, wenn sie die Politik verlassen würden.
Das heißt?
LASCHET Es wird einen Gewinner geben und zwei Nicht-Gewinner. Aber alle drei werden in der Politik gebraucht.
Wissen Sie schon, wen Sie wählen werden?
LASCHET Ja. Ich kenne die Kandidaten alle schon länger.
Darf der CDU-Chef jemanden wählen, der nicht aus seinem Landesverband ist?
LASCHET Die Wahl ist frei – für jeden der 1001 Delegierten.
Ist der oder die neue CDU-Vorsitzende auch automatisch der nächste Kanzlerkandidat?
LASCHET Die drei sagen übereinstimmend, dass diese Frage jetzt nicht ansteht.
Das erste Zugriffsrecht hat der CDU-Chef aber schon, oder?
LASCHET Ein CDU-Vorsitzender hat einen natürlichen Anspruch, dass er Kanzler werden kann.Wenn die Frage ansteht, werden wir sie gemeinsam erörtern.
Besteht die Gefahr, dass die CDU nach der Vorsitzenden-Wahl eine gespaltene Partei ist?
LASCHET Nein, ich sehe das nicht. Wir müssen auch alles dafür tun, dass eine solche Gefahr nicht droht. Alle Kandidaten stehen auch für die grundsätzlichen Werte unserer Politik ein, die Unterschiede sind da gar nicht so groß. Grundlage der Politik in Berlin bis zum Ende der Legislaturperiode ist ohnehin der Koalitionsvertrag.
Hat Friedrich Merz recht, wenn er sagt, die CDU habe dem Aufstieg der AfD achselzuckend zugesehen?
LASCHET Das sehe ich anders. Nehmen Sie die Landtagswahlen noch 2017 im Saarland, in Schleswig-Holstein und bei uns in Nordrhein-Westfalen. Da haben wir einen klaren Wahlkampf geführt, der sich auch mit der AfD auseinandergesetzt und zugleich die Lösung der konkreten Probleme der Menschen in den Vordergrund gerückt hat. Und was war das Ergebnis? Die AfD lag recht knapp über der Fünf-Prozent-Hürde bei sechs, sieben Prozent, in allen drei Ländern. Ich habe schon immer zu de- nen gehört, die auch öffentlich mit der AfD die Auseinandersetzung gesucht haben.
Persönlich gefragt: Sind Sie froh, dass Sie Ihren Hut nicht in den Ring für den CDU-Vorsitz geworfen haben?
LASCHET Wenn ich die zeitliche und die kräftemäßige Beanspruchung der Kandidaten sehe und zugleich sehe, was in Nordrhein-Westfalen alles entschieden wird, zeigt sich, dass meine Entscheidung richtig war, nicht den Spagat zwischen NRW-Ministerpräsident und Parteivorsitzendem zu machen. In der Konstellation, dass der Parteivorsitz und die Kanzlerschaft nicht miteinander verbunden sind, wäre das als Regierungschef aus Nordrhein-Westfalen kaum zu vereinbaren.
In der Vergangenheit sind ja einige Personalentscheidungen an Ihnen vorbeigelaufen: Hermann Gröhe, der nicht ins Präsidium gekommen ist, Ralph Brinkhaus als Fraktionschef im Bundestag und nun die Kandidatur von Friedrich Merz.
LASCHET Falsch. Ralph Brinkhaus hat seine Kandidatur für das Amt in der Bundestagsfraktion für sich alleine entschieden – und war damit erfolgreich. Ich freue mich für ihn und arbeite mit ihm schon lange gut zusammen. Mit Friedrich Merz bin ich seit vielen Jahren persönlich verbunden. Ich wusste bereits seit einiger Zeit, dass er sich unter bestimmten Umständen vorstellen konnte, wieder Führungsverantwortung in der CDU zu übernehmen. Dass das durch den für alle überraschenden Rückzug von Angela Merkel vom Parteivorsitz am Tag nach der Hessen-Wahl so schnell gehen würde, hat wohl viele ebenso stark überrascht. Mich auch.