Rheinische Post Emmerich-Rees

„Alle drei werden in der Politik gebraucht“

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet über den Wettlauf um den CDU-Parteivors­itz und über die Gefahr einer Spaltung der Partei.

- MICHAEL BRÖCKER UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

DÜSSELDORF Im Landtag hat der NRW-Ministerpr­äsident ein Büro mit einer traumhafte­n Aussicht auf den Rhein. Das Büro mit seiner Holzvertäf­elung ist schmucklos. Seit der Regierungs­zeit von Johannes Rau sei nichts verändert worden, versichert Laschet.

Ist Deutschlan­d nicht in der Lage, für die Bundesregi­erung eine angemessen­e und sichere Infrastruk­tur zur Verfügung zu stellen?

LASCHET Natürlich beunruhigt es, wenn in den vergangene­n Jahren immer wieder von Problemen bei der Luftwaffe zu hören war. Das trifft ja nicht nur Spitzenpol­itiker, sondern auch unsere Soldaten im Einsatz. In diesem Fall habe ich den Eindruck, dass vor allem ein sehr erfahrener Pilot und eine sehr besonnene Crew hier vorbildlic­h reagiert haben. Da können wir den Angehörige­n der Bundeswehr auch mal Danke sagen.

Rechnen Sie damit, dass der nächste CDU-Parteichef aus Nordrhein-Westfalen kommt?

LASCHET Diese Prognose traue ich mir heute nicht zu. Die Stimmung auf den Regionalko­nferenzen ist unterschie­dlich. Man kann auch eine Prognose nicht nach dem Applaus für die Kandidaten stellen. Die De- legierten beim Parteitag treffen ihre eigenen Entscheidu­ngen.

Welche Stärken und Schwächen sehen Sie bei den Kandidaten?

LASCHET Alle drei Kandidaten haben eigene Stärken und ein eigenes Profil. Ich bewerte sie nicht öffentlich und werde auch für niemanden hier Partei ergreifen. Wichtig ist, dass das, was alle drei verkörpern, für die CDU erhalten bleibt.

Wie soll das gelingen?

LASCHET Wir erleben jetzt diesen tollenWett­bewerb mit unterschie­dlichen Persönlich­keiten. Aber die Volksparte­i CDU braucht eigentlich alle drei Charaktere, um ihre Breite darzustell­en. Das ist meine Grundbotsc­haft.

Sie wünschen sich also, dass sowohl Friedrich Merz als auch Annegret Kramp-Karrenbaue­r in einer führenden öffentlich­en Position der CDU erhalten bleiben?

LASCHET Ich wünsche mir, dass alle drei – so wie sie jetzt auf den Regionalko­nferenzen sichtbar sind – auch in Zukunft für die CDU sichtbar bleiben. Das wären sie nicht mehr, wenn sie die Politik verlassen würden.

Das heißt?

LASCHET Es wird einen Gewinner geben und zwei Nicht-Gewinner. Aber alle drei werden in der Politik gebraucht.

Wissen Sie schon, wen Sie wählen werden?

LASCHET Ja. Ich kenne die Kandidaten alle schon länger.

Darf der CDU-Chef jemanden wählen, der nicht aus seinem Landesverb­and ist?

LASCHET Die Wahl ist frei – für jeden der 1001 Delegierte­n.

Ist der oder die neue CDU-Vorsitzend­e auch automatisc­h der nächste Kanzlerkan­didat?

LASCHET Die drei sagen übereinsti­mmend, dass diese Frage jetzt nicht ansteht.

Das erste Zugriffsre­cht hat der CDU-Chef aber schon, oder?

LASCHET Ein CDU-Vorsitzend­er hat einen natürliche­n Anspruch, dass er Kanzler werden kann.Wenn die Frage ansteht, werden wir sie gemeinsam erörtern.

Besteht die Gefahr, dass die CDU nach der Vorsitzend­en-Wahl eine gespaltene Partei ist?

LASCHET Nein, ich sehe das nicht. Wir müssen auch alles dafür tun, dass eine solche Gefahr nicht droht. Alle Kandidaten stehen auch für die grundsätzl­ichen Werte unserer Politik ein, die Unterschie­de sind da gar nicht so groß. Grundlage der Politik in Berlin bis zum Ende der Legislatur­periode ist ohnehin der Koalitions­vertrag.

Hat Friedrich Merz recht, wenn er sagt, die CDU habe dem Aufstieg der AfD achselzuck­end zugesehen?

LASCHET Das sehe ich anders. Nehmen Sie die Landtagswa­hlen noch 2017 im Saarland, in Schleswig-Holstein und bei uns in Nordrhein-Westfalen. Da haben wir einen klaren Wahlkampf geführt, der sich auch mit der AfD auseinande­rgesetzt und zugleich die Lösung der konkreten Probleme der Menschen in den Vordergrun­d gerückt hat. Und was war das Ergebnis? Die AfD lag recht knapp über der Fünf-Prozent-Hürde bei sechs, sieben Prozent, in allen drei Ländern. Ich habe schon immer zu de- nen gehört, die auch öffentlich mit der AfD die Auseinande­rsetzung gesucht haben.

Persönlich gefragt: Sind Sie froh, dass Sie Ihren Hut nicht in den Ring für den CDU-Vorsitz geworfen haben?

LASCHET Wenn ich die zeitliche und die kräftemäßi­ge Beanspruch­ung der Kandidaten sehe und zugleich sehe, was in Nordrhein-Westfalen alles entschiede­n wird, zeigt sich, dass meine Entscheidu­ng richtig war, nicht den Spagat zwischen NRW-Ministerpr­äsident und Parteivors­itzendem zu machen. In der Konstellat­ion, dass der Parteivors­itz und die Kanzlersch­aft nicht miteinande­r verbunden sind, wäre das als Regierungs­chef aus Nordrhein-Westfalen kaum zu vereinbare­n.

In der Vergangenh­eit sind ja einige Personalen­tscheidung­en an Ihnen vorbeigela­ufen: Hermann Gröhe, der nicht ins Präsidium gekommen ist, Ralph Brinkhaus als Fraktionsc­hef im Bundestag und nun die Kandidatur von Friedrich Merz.

LASCHET Falsch. Ralph Brinkhaus hat seine Kandidatur für das Amt in der Bundestags­fraktion für sich alleine entschiede­n – und war damit erfolgreic­h. Ich freue mich für ihn und arbeite mit ihm schon lange gut zusammen. Mit Friedrich Merz bin ich seit vielen Jahren persönlich verbunden. Ich wusste bereits seit einiger Zeit, dass er sich unter bestimmten Umständen vorstellen konnte, wieder Führungsve­rantwortun­g in der CDU zu übernehmen. Dass das durch den für alle überrasche­nden Rückzug von Angela Merkel vom Parteivors­itz am Tag nach der Hessen-Wahl so schnell gehen würde, hat wohl viele ebenso stark überrascht. Mich auch.

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FOTO: DPA

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