Rheinische Post Emmerich-Rees

Konflikte und Pannen

Der G20-Gipfel in Buenos Aires steht nicht unter besonders guten Vorzeichen. Die Weltgemein­schaft blickt auf zahlreiche Probleme.

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Viele Zufahrtsst­raße zu den 22 Hotels mit Delegation­en wurden mit Stahl-Barrikaden abgesperrt, rund um das Hotel von US-Präsident Donald Trump lagen Scharfschü­tzen mit Gewehren im Anschlag auf gepanzerte­n Wagen. Der erste Gipfeltag wurde zum Feiertag erklärt, der Bus- und Bahnverkeh­r eingestell­t. Die Straßen der drei Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt wirkten am Vormittag wie leergefegt. Auch aus Deutschlan­d sind Demonstran­ten angereist.

Zum zehnjährig­en Bestehen der G20-Gipfel auf der Ebene der Staatsund Regierungs­chefs gibt es so viel Zündstoff wie selten. Weil Russ- land drei Marineschi­ffe und Seeleute der Ukraine weiter festhält, hatte US-Präsident Trump ein geplantes Treffen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin kurzfristi­g abgesagt. Damit kommt es umso mehr auf Kanzlerin Merkel an, die am Samstag mit Putin zu einem Arbeitsfrü­hstück zusammenko­mmt.

Die russische Küstenwach­e hatte den Patrouille­nbooten der ukrainisch­en Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch verweigert. Die Gewässer sind seit der Annexion der Krim durch Russland zwischen beiden Staaten umstritten.

Mit Spannung werden auch die Gespräche zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatsund Parteichef Xi Jinping erwartet. Es herrscht Skepsis, ob ein Durchbruch oder ein „Waffenstil­lstand“im Handelskri­eg der beiden größten Volkswirts­chaften erreicht werden kann. Der zuständige chinesisch­e Vizepremie­r Liu He, der diese Woche noch Gespräche in Berlin geführt hat, ist nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur allerdings optimistis­ch. Es wurde für möglich gehalten, dass er Mitte Dezember nach Washington reist, um die Verhandlun­gen zur Lösung der Spannungen fortzusetz­en.

Trump beklagt unfaire Handelspra­ktiken Chinas, mangelnden Marktzugan­g, erzwungene­n Technologi­etransfer, Produktpir­aterie und Subvention­en für Staatsbetr­iebe. Er hat Sonderabga­ben auf die Hälfte der Importe aus China verhängt, während Peking Gegenmaßna­hmen ergriffen hat. Kommt ihm Peking nicht ausreichen­d entgegen, droht er mit einer Anhebung der Zölle und einer Ausweitung auf alle Einfuhren aus China im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar. Eine Eskalation würde nicht nur das Wachstum in beiden Ländern bremsen, sondern auch weltweit.

Da Merkel das für Freitag geplante Treffen mit Trump verpasste, war zunächst offen, ob das Ge- spräch nachgeholt werden kann. Sollte Trump Strafzölle gegen Autobauer aus Europa verhängen, würden die das Autoland Deutschlan­d besonders treffen. Es wurde erwartet, dass die Kanzlerin versucht, den US-Präsidente­n umzustimme­n.

Unter besonderer Beobachtun­g stand der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. Er wird verdächtig­t, den Mord an dem regierungs­kritischen Journalist­en Jamal Khashoggi in Auftrag gegeben oder zumindest davon gewusst zu haben. Während ihm die Kanzlerin aus dem Weg gehen wird, wollen sich Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und auch die britische Premiermin­isterin Theresa May mit dem Kronprinze­n treffen, um über die Affäre zu sprechen. Trump, der weiter zu seinem Verbündete­n steht, trifft Salman nicht – weil ihm die Zeit fehle, wie er sagte.

Die Streitigke­iten mit US-Präsident Trump über Handel und Klimaschut­z sind die größten Stolperste­ine, ein gemeinsame­s Kommuniqué zu erreichen. Hinweise auf „Protektion­ismus“, die als Kritik an den USA erstanden werden können, oder auch „unfaire Handelspra­ktiken“, womit Trump auf China zielt, sind besonders umstritten. In der Geschichte der G20 hat es bisher immer ein Kommuniqué gegeben.

Nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkom­men wurde erwartet, dass wie im Vorjahr auf dem G20-Gipfel in Hamburg nur wieder die Differenze­n festgeschr­ieben werden. Ein solcher Dissens war in der Geschichte der „Gruppe der 20“bis dahin einmalig.

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FOTO: AFP Nur Merkel fehlt: die Staats- und Regierungs­chefs der G20 in Buenos Aires.

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