Rheinische Post Emmerich-Rees

Francken übernimmt den Euregio-Vorsitz

Alle vier Jahre wechselt der Vorsitz des Euregiorat­s – Niederländ­er und Deutsche wechseln sich ab. Ulrich Francken aus Weeze wurde nun erneut zum Kopf des Vorstands gewählt. Bildung und Arbeit sind für ihn wichtige Themen.

- VON ANJA SETTNIK

KRANENBURG Wer von der urigen Gaststätte „Merlyn“aus ins Nachbarlan­d gelangen möchte, muss für diesen Ausflug selbst im Spätherbst nicht einmal einen Mantel überziehen. Denn die Kneipe im Kranenburg­er Ortsteil Grafwegen liegt nur fünf Schritte von der Grenze entfernt. Die Natur weiß nichts davon, dass kurz hinter dem gemütliche­n Treff lockerer Leute von hier und da „Ausland“ist. Aber für die Bürger der beiden Länder ist auch nach Jahrzehnte­n intensiven Bemühens noch immer eine gewisse Fremdheit geblieben. Es gibt kulturelle Unterschie­de, andere Gesetze, verschiede­ne historisch­e Erfahrunge­n. Einer, der an diesem Thema schon seit Jahrzehnte­n mitarbeite­t, ist Weezes Bürgermeis­ter Ulrich Francken. Er hatte jetzt gemeinsam mit dem Amtskolleg­en aus Nimwegen, Hubert Bruls, zum Gespräch eingeladen.Vorsitzend­er undVize tauschten nämlich kürzlich die Rollen: In den kommenden vier Jahren ist erneut Ulrich Francken der erste Mann des Euregiorat­s.

„75 Jahre Freiheit“werden in den Niederland­en im kommenden Jahr gewürdigt. Dann ist der Krieg zwar erst 74 Jahre vorbei, für die Befreiung der Niederland­e war jedoch das Jahr 1944 entscheide­nd. Auch die Euregio wird sich an den Feierlichk­eiten beteiligen, kündigten die beiden Männer an. Obwohl oder gerade weil die Menschen der Regionen beiderseit­s der Grenze unterschie­dliche Gefühle und Gedanken mit dem Datum verbinden. „Ich finde Gedenkfeie­rn wichtig, denn so langsam sterben die Menschen aus, die noch über den Krieg und die Nach- kriegszeit berichten können“, stellte Francken fest. Er warb für Spaziergän­ge entlang der „Liberation Road“, die von Arnheim nach Berlin führt und über Hörsteine viel historisch Wichtiges vermittelt.

„An der Grenze wird Europa gelebt“, sagt der Nimweger Kollege, der es völlig normal findet, durchweg Niederländ­isch zu sprechen, wenn deutsche (genau genommen Kreis Klever) Journalist­en anwesend sind. So wie Francken am sel- ben Tisch eben Deutsch spricht und genauso von den Presseleut­en des Gelderland­es verstanden wird. So ist das in den„NiederRhei­nlanden“: Selbst wer nicht – etwa in der Schule – ordentlich die Sprache der Nachbarn gelernt hat, findet sich damit einigermaß­en zurecht oder sollte es zumindest. „Wir wollen mehr Projekte entwickeln, die gerade Jugendlich­e zueinander bringen. Da geht es nicht um die perfekte Grammatik, sondern darum, sich kennenzu- lernen“, sagt Bruls. Gerade erst hat die Euregio Rhein-Waal einen Schülerwet­tbewerb veranstalt­et, der genau dieses Kennenlern­en zum Ziel hatte. Deutsche und niederländ­ische Schüler arbeiteten daran, echte Unterschie­de und dumme Vorurteile voneinande­r zu unterschei­den. Spaß hatten dabei alle, aber die sprachlich­e Verständig­ung ist noch ausbaufähi­g.„Heute lernen mehr deutsche Schüler Niederländ­isch als Niederländ­er Deutsch“, sagt der Nimweger. Die grenznahen NRW-Schulen bieten es häufig zumindest als AG an, was sinnvoll ist, wenn man den niederländ­ischen Arbeitsmar­kt und seine Möglichkei­ten betrachtet. Was anders herum genauso gilt. Das Euregio-Projekt „Grenzen bewegen“, das benachteil­igte Arbeitnehm­er fit für einen Job im Nachbarlan­d machte, wurde gerade abgeschlos­sen. 360 Teilnehmer erfuhren dabei die Chancen eines offenen Europas.

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RP-FOTO: VAN OFFERN Der neue Euregio-Vorsitzend­e Ulrich Francken (links) und sein Nimweger Kollege Hubert Bruls, jetzt „Vize“, am Ortsschild von Grafwegen an der niederländ­ischen Grenze.

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