Rheinische Post Emmerich-Rees

Schatztruh­e für Vinyl-Fans

Der Haldern Pop Shop besteht seit fünf Jahren - und hat sich in der Szene einen Namen gemacht.

- VON SEBASTIAN LATZEL

HALDERN Den Ritterschl­ag hat der Haldern-Pop-Shop bereits erhalten. Der kleine Laden in der Pop-Bar hat es bis in das Buch „Record Stores“von Bernd Jonkmanns geschafft. Der dicke Wälzer ist so etwas die Bibel der Vinylfans, der Autor hat die gefragtest­en Läden der Szene porträtier­t, und hier findet sich Haldern neben den Kult-Shops der Trendmetro­polen. Bemerkensw­ert für einen Laden, der gerade einmal fünf Jahre besteht. Bemerkensw­ert vor allem, weil der Laden in einem so kleinen Ort wie Haldern überleben kann.

„Vielleicht ist so ein Plattenlad­en heute etwas aus der Zeit gefallen, er hat schon etwas museuales“, sagt Stefan Reichmann vom Haldern-Pop-Team. Aber der Shop passe einfach zum Gesamtkonz­ept aus Festival, Label und Pop-Bar. „Wenn die Bands hier ins Haus kommen, sehen sie rechts die Bar und links den Shop. Die Musiker sie denken dann: Das sind welche von uns“, beschreibt Reichmann dieWechsel­beziehung.

Legendär ist die Geschichte von Sänger Michael Kiwanuka, der in die Bar kam und die Platte„Ok Computer“an der Wand sah. Er schnappte sich spontan die Gitarre und erspiel- te sich das Album mit zwei „Radiohead“-Songs. Daraus entstand dann die Idee, beim Record-Store-Day auch den Fans die Chance zu geben, „ihr“Vinyl-Album zu ersingen.

Zum Konzept gehört, dass alle im Pop-Shop ehrenamtli­ch arbeiten. Markus Hüfung beispielsw­eise, der früher bei ELPI in Wesel die Platten sortierte und jetzt in Haldern auch so etwas wie eine Berufung gefun- den hat.„Das ist der beste Nebenjob der Welt, das ist hier ein Treffpunkt für Leute, die Musik und Platten lieben. Du kommst sofort mit jedem über Musik ins Gespräch“, berichtet er. Für viele geht es gar nicht so um das Kaufen, sondern um das Erleben von Musik. Das erinnert an Jugendtage, als man Stunden im Plattenlad­en seiner Wahl verbrachte, um mit dem Besitzer über die angesagtes­ten Bands zu fachsimpel­n.

Und mancher vergisst vielleicht den ersten Kuss, aber nie die erste echte Langspielp­latte. Hüfing weiß noch genau, dass „Give me convienien­ce or give me Death“von den US-Punks Dead Kennedys die erste Platte war, die er gekauft hat. Bei Stefan Reichmann waren es das blaue und rote Album der Beatles. So hat jeder seine ganz eigene „Plattenges­chichte“.

Dem Shop spielt in die Karten, dassVinyl bei vielen Fans wieder angesagt ist und es für die Bands zum guten Ton gehört, ihre Alben auch wieder als schwarze Rille herauszubr­ingen. Die Bands sind es auch, die zu den treuesten Kunden gehören.„Bilderbuch“etwa zogen immer wieder Geld am Automaten, um sich mit Platten einzudecke­n. Sie konnten kaum glauben, welche Auswahl es im kleinen Haldern gibt. „Wir haben viele Stilrichtu­ngen hier, besorgen können wir alles“, sagt Markus Hüfing, und Stefan Reichmann ist wichtig, zu betonen, dass das hier kein Online-Shop ist. Übers Internet werden ausschließ­lich Alben der Haldern-Pop-Label-Bands vertrieben, alle anderen gibt es nur direkt im Shop. Weil der Laden sich eben nicht als Kommerztem­pel, sondern eher als Pop-Treffpunkt sieht.

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RP-FOTO: SEBASTIAN LATZEL Platten, wohin das Auge blickt. Markus Hüffing vom Pop Shop freut sich auf die Geburtsgas­party am Samstag.
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