Nach 16 erfolgreichen Gründerveranstaltungen hat die Wirtschaftsförderung Kreis Kleve Svenja Brockel und Dr. Sebastian Hardt mit dem Gründerpreis ausgezeichnet. Auch Staatssekretär Christoph Dammermann und RP-Chefredakteur Michael Bröcker gratulierten.
Eines bewies die dritte Veranstaltung „RP im Dialog“mit dem Kreis Kleve auf jeden Fall: Die dortige Wirtschaftsförderung muss sich um den unternehmerischen Nachwuchs keine Sorgen machen. Zahlreiche Vertreter der Sparkassen und Volksbanken diskutierten über wichtige Themen wie Beschäftigung, Digitalisierung undWohnqualität. Im Zentrum des Treffens stand jedoch die Verleihung des Gründerpreises. Der Wettbewerb war Teil der Initiative „Gründerland Kreis Kleve – Ideen finden ihr Zuhause“, in deren Rahmen die Wirtschaftsförderung Kreis Kleve seit Anfang des Jahres 16 Gründerveranstaltungen in allen Städten und Gemeinden des Kreises Kleve mit breiter Resonanz abgehalten hatte. Sogar NRW-Staatssekretär Christoph Dammermann ließ es sich nicht nehmen, den beiden jungen Preisträgern persönlich im Konferenzzentrum des RP-Hauses in Heerdt zu gratulieren. Er überbrachte zugleich die Wünsche „seines“Ministers für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart. Von den Ideen der beiden Unternehmensgründer Svenja Brockel ausWachtendonk und Dr. Sebastian Hardt aus Kevelaer zeigte er sich begeistert. In wirtschaftlich starken Zeiten sei die Motivation nicht so groß, eigene Unternehmen zu gründen. „Die, die es in so guten Zeiten tun, gründen aus einer bestimmten Haltung heraus“, betonte er. Die könne er auch bei den beiden Preisträgern erkennen. Er unterstrich ferner: „Wir wollen NRW zum Gründerland Nummer 1 in Deutschland machen.“Deshalb habe man gerade ein Startup-Center gegründet und wolle mit Schulen und Universitäten zusammenarbeiten, um die Motivation für Gründer zu stärken. Abgerundet werde das Programm durch die Vergabe von speziellen Stipendien für junge Existenzgründer.
An der Preisverleihung nahm auch RP-Chefredakteur Michael Bröcker teil – und das aus gutem Grund: „Ich glaube, dass wir von den Gründern, auch wie wir sie heute erleben, extrem viel lernen können.“Die heutige Unternehmenskultur sei oftmals viel zu starr. Selbst Home-Office habe immer noch einen schlechten Ruf. Es müsse ein Umdenken in den Unternehmen stattfinden. „Deshalb brauchen wir solche Preise“, betonte er.
Der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve, Hans-Josef Kuypers, freute sich, den beiden Gewinnern den mit 5000 Euro dotierten Gründerpreis sowie zwei Werke des Künstlers Marcello Morandini überreichen zu können. Sie hätten die Auszeichnung mehr als verdient und würden auch andere durch ihr Engagement und ihre Begeisterung für ihre Arbeit anspornen. Svenja Brockel und Sebastian Hardt hätten sich unter 26 Bewerbern durchgesetzt. Das Interesse am Thema Existenzgründung sei groß gewesen, wie die 16 Veranstaltungen bewiesen hätten. Mehr als 1000 Interessierte haben ihm zufolge die Veranstaltungen besucht. „Das ist ein echter Erfolg für uns als Kreis.“
Und welche Ideen haben die Preisträger nun aufs Siegertreppchen gebracht? Svenja Brockel hat sich mit ihrem Unternehmen L.O.T.T.A. auf die digitale Ausstattung von Bildungseinrichtungen spezialisiert. „Wir liefern den Schulen nicht nur Produkte, sondern ein Gesamtkonzept, das perfekt auf die Schule zugeschnitten ist, von der ersten Beratung bis zum Service“, erklärte sie. Dafür arbeite das achtköpfige Mitarbeiterteam mit zahlreichen Lieferanten zusammen. Hauptabnehmer seien die Kommunen. Die Umsatzzahlen, die das 2016 gegründete Unternehmen schreibt, versetzten die Bankenchefs ins Staunen: Nach einem Umsatz von 26.000 Euro in den ersten drei Monaten und einer Jahresbilanz von 548.000 Euro Ende 2017 will das Unternehmen bis Jahresende einen Umsatz von 1,3 Millionen Euro überschreiten, so Brockel selbstsicher.
Nicht minder interessant, gleichwohl etwas komplexer, klangen die Ausführungen von Sebastian Hardt, der als Geschäftsführer der „HSWmaterials GmbH – nano in motion“ins Rennen um den Gründerpreis Kreis Kleve gegangen war. Gegründet wurde die Firma im Januar 2017 aus dem Insti- tut für Verbrennung und Gasdynamik der Universität Duisburg-Essen heraus. Er und sein drei Mann starkes Team haben sich auf Nanotechnik spezialisiert. „Wir entwickeln Materialien mit bestimmten Eigenschaften“, brachte er es auf den Punkt. Außerdem betreibt die Firma Verfahrensoptimierung in anderen Unternehmen und entwickelt Anlagenkomponenten. Kunden gebe es bereits weit gestreut, sogar aus Korea, und aus allen Branchen.
Die Teilnehmer des RP-Dialogs lobten die beiden Jung-Gründer auch für ihren Mut, für ihre Idee einzustehen. Holger Zitter, Vorstandsmitglied derVolksbank Emmerich-Rees eG, vermisse dieses Engagement bei manch anderen Gründern. Gleichwohl betonte er, dass man viele Gründungen im Kreis gar nicht erkenne, weil sie ohne Kreditbedarf seien. „Letztlich geht es aber darum: Wie tritt ein Gründer auf und was motiviert ihn“, so Zitter. Peter Schau, Leiter der Kreditberatung bei der Volksbank Emmerich-Rees fügte hinzu:„Das Entscheiden- de ist für uns, wie verkauft sich der Existenzgründer, begeistert er mich? Wenn er mich als Bank begeistern kann, glaube ich ihm auch, dass er für seinen Bereich eine Begeisterung schaffen kann. Da lebt man mit und glaubt auch an den Erfolg.“
Wilfried Bosch,Vorstand der Volksbank an der Niers, hält die Beratungen für extrem wichtig: „Wir geben auch Hilfestellungen und begleiten den Unternehmer. Oft wissen sie gar nicht, worauf sie sich einlassen. Durch unsere Erfahrungen können wir das gut bewerten.“Johannes Janhsen, Vorstand der Volksbank an der Niers, ergänzte: „Der mögliche Existenzgründer wird sich die Frage stellen, was ihn auszeichnet. Hierbei sind neben seinen Ideen auch seine Erfahrungen, zum Beispiel aus einer bisher angestellten Tätigkeit, von besonderer Bedeutung.“
Frank Ruffing, Vorstandsvorsitzender derVolksbank Kleverland, hat etwas anderes beobachtet: „Viele haben ein klares Konzept und kennen die Risiken.“Häufig versuchten sie, Nischen zu besetzen. „Unsere Erkenntnis ist, dass das in den meisten Fällen auch fruchtet.“
Stefan Eich, Vorstand der Sparkasse Goch-Kevelaer-Weeze betonte: „Wir schauen ja alle in eine unvorhersehbare Zukunft.“Deshalb sei es auch wichtig, dass die Berater offen und auch kritisch über die Risiken sprechen. „Wir dürfen nicht gleich mit der Idee mitfliegen, sondern müssen konstruktiver Gegenpart sein.“Grundsätzlich sei die Voraussetzung einer Firmengründung zur Zeit gut. Dabei gebe es kaum Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus. „Die meisten wollen ihre Idee verwirklichen.“Allerdings durchaus bescheiden. Bill Gates oder Steve Jobs seien längst nicht mehr die Vorbilder.
Peter Reichhold, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Rhein-Maas, hob den reichen Erfahrungsschatz seiner Beraterkollegen hervor: „Wir müssen ja entscheiden, welche Zukunftsfähigkeit die Existenzgründung hat, da hilft unsere regionale Verankerung.“Nicht jeder gute Techniker sei auch auch guter Kaufmann. „Das muss zusammenwirken.“
Heinz Baumann von der Sparkasse Rhein-Maas erinnerte auch daran, dass die KfW oder die Bürgschaftsbank einen Teil des Risikos mittragen. „Sie gewähren bis zu 80 Prozent Haftungsfreistellung. Das ist für uns Risikoteilung.“Außerdem nutze man deren Expertise auf dem Gebiet der Gründungen.
Michael Buchmann, Vertriebsdirektor Gewerbekunden und Verhinderungsvertreter des Vorstandes bei der Sparkasse Krefeld, stellte die Wichtigkeit der ganzheitli- chen Betrachtung einer Existenzgründung heraus. Hier liefern Bankgespräche einen spürbaren Mehrwert, die etwa aufkommende Crowdfunding-Plattformen im Internet nicht böten. Dies gilt auch bei den Gesprächen zur Nachfolgeregelung. „Ein manchmal auch emotionales Thema, in das unsere Beratenden mit viel Fingerspitzengefühl rangehen.“Der über viele Jahre erfolgreich erwirtschaftete Firmenwert sei oft ja auch ein wichtiger Baustein in der Altersvorsorge von Unternehmerinnen und Unternehmern.
Für Thomas Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Goch-Kevelaer-Weeze, ist die persönliche Beratung durch nichts zu ersetzen. „Wenn ich den Bankberater überzeugt bekomme, habe ich eine Bestätigung, dass ich mit meiner Idee richtig liege“, sagte er. „Es ist enorm viel wert, sich mit jemandem zusammenzusetzen, der das permanent macht und die Erfahrung hat. Das ist Unternehmensberatung, die erst mal kostenfrei ist.“Ab einem gewissen Alter sei auch die Nachfolgeregelung „absolutes Pflichtprogramm“der Beratung.
Dem stimmte auch Holger Zitter zu: „20 Prozent unserer Kredite sind aus der Landwirtschaft. Dort haben wir es permanent mit der Generationennachfolge zu tun.“Das Gleiche gelte für Handwerksbetriebe, sagte Zitter. In Richtung der Preisträger empfahl er: „Gehen Sie zu vielen Banken. Denn eine Bank zu finden, ist wie eine Partnerwahl. Sie müssen ja auch einen Partner finden, der sie versteht.“Die Bankenvielfalt sieht auch Frank Ruffing als große Chance für junge Gründer.