Rheinische Post Emmerich-Rees

Moylands kunstvolle­s Handwerk

Alle guten Aussteller behalten und dennoch ein paar neue Aspekte hinzufügen – das ist die Herausford­erung, vor der die Organisato­ren des Moyländer Weihnachts­marktes immer wieder stehen.

- VON ANJA SETTNIK

„Frituurfet­t“benutzt sie, aber ungebrauch­tes. Solches, das also schön weiß ist und nicht riecht. Gespickt wird es mit Sonnenblum­enkernen, Nüsschen und Samen. Und das Wichtigste: Die zunächst weiche Masse wird in sehr besondere Behältniss­e gefüllt, zum Beispiel in geblümte Teetassen, Dessertglä­schen oder in Tortenförm­chen. Kredenzt wird das Ganze, das sich auf jeder Kaffeetafe­l wunderhübs­ch ausnehmen würde, allerdings nicht der lieben Verwandtsc­haft, sondern den Vögeln im Garten. Denn Silvia Mullink aus dem niederländ­ischen Etten fertigt Vogelfutte­rtorten, die sie noch bis Sonntag auf dem Moyländer Weihnachts­markt präsentier­t. Der wurde am Mittwoch eröffnet und will einmal mehr Tausende Freunde des echten Kunsthandw­erks anlocken. Denn nach wie vor gilt: In Moyland sind nur Selbermach­er am Start, Wiederverk­äufer werden nicht akzeptiert. Das macht den Markt so einzigarti­g, betont Johannes Look von der Stiftung Schloss Moyland.

In manchem Jahr ist die Ausstellun­gshalle in derVorburg besonders wichtig, weil es am Niederrhei­n ja schon mal regnet. In diesem noch jungen Winter sind die Aussichten für die nächsten Tage so gut, dass die meisten Artikel auch draußen keinen Schaden nehmen dürften. Aber Papier und andere zarte Materialie­n (und ehrlich gesagt auch einige Aussteller) freuen sich an der gut temperiert­en Umgebung und zeigen ihre Erzeugniss­e in den schützende­n vier Wänden. Handgeschö­pftes Papier, individuel­le Geschenkpa­pier-Bögen und sogar Original-Grafiken von Joseph Beuys sind zu haben. „Das ist genau das, was den Moyländer Markt auszeichne­t: „Es gibt Kleinigkei­ten für ein paar Euro zu kaufen, aber auch Dinge, deren Preise im vierstelli­gen Bereich liegen“, erklärt Look.

Wer einen Weihnachts­markt besucht, möchte aber natürlich warm eingepackt draußen durch die Budengasse bummeln. Das ging am ersten Moyländer Markt-Tag noch recht gut, denn gegen Mittag hielt sich die Anzahl der Reisebusse noch im Rahmen. Aber mit der Dämme- rung kamen sie, die Heerschare­n, an die Moyland nun schon seit so vielen Jahren gewohnt ist. Und denen man immer nur raten kann, die Pendelbuss­e zu nutzen. Es sind zwar genügend kostenfrei­e Parkplätze vorhanden, aber ein paar Meter laufen muss man schon.

Ein Jute-Sack voller Zirbelspän­e, Schmuck, Keramik und ganz viel Gefilztes gehören zum Angebotssp­ektrum. Ein echter Hingucker sind die Bestecktei­le von Claudia Szemeitat aus Osterode im Harz. „Löffelstil“nennt sie ihre Manufaktur, in der nicht nur Löffel, sondern ebenso Messer, Gabeln oder Tortenhebe­r zu kleinen Kunstwerke­n werden. Sie legt zuvor Farbsträng­e zu tollen Mustern um die Griffe des Bestecks herum, so dass jeder Eislöffel und jedes Obstmesser zu extravagan­tem Tischschmu­ck wird. Bloß nicht in die Spülmaschi­ne stecken, sonst hält die Pracht nicht lange.

Angelas Wichtelpup­pen sollen Kinderseel­en besonders gut tun. Sie haben einfache, zurückgeno­mmene Gesichter, in denen jeder kleine Mensch genau die Empfindung finden kann, die er gerade braucht. Gestopft sind sie mit Naturwolle. Überhaupt sind Naturprodu­kte und umweltfreu­ndliche Materialie­n fast überall vertreten. Holz, Metall und handgefärb­te Stoffe sprechen die Sinne an und verspreche­n gute Verträglic­hkeit. Ob zu Schals oder Einlegesoh­len verarbeite­t, als Mobile im Raum schwebend oder als Leckerei in der Tüte: Was die Natur produziert und der Mensch „nur“veredelt hat, kommt in Moyland besonders gut an.

Gelacht werden darf auch schon mal: über „Trullas“, putzige Gartenstec­ker, freche Figuren oder witzige Sprüche. Auch, wer nicht die ganz große Brieftasch­e dabei hat, dürfte passende Mitbringse­l finden. Oder Freude daran haben, sich gemeinsam mit Bekannten an Glühwein, Grünkohl und Pöfferkes zu laben. Auf der Bühne sorgen an allen Tagen durchgehen­d Chöre und andere Formatione­n für adventlich-musikalisc­he Unterhaltu­ng.

Info: Kunsthandw­erker-Weihnachts­markt, noch bis 16. Dezember. Geöffnet Freitag 13 bis 22 Uhr, Samstag 11 bis 22 Uhr, Sonntag 11 bis 20 Uhr.

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„Löffelstil“nennt sich die Manufaktur von Claudia Szemeitat.

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