Nischenprodukte beleben Einzelhandel
Der heiße Sommer hat dem Geschäft „The Old Loom“in Rees zwar zugesetzt. Mit seiner Mode aus Schottland und Irland, die es nicht im Internet gibt, erzielte der Einzelhändler dennoch ein gutes Jahresergebnis.
REES (ha) Der kleine Laden an der Ecke Oberstadt/Kirchplatz quillt fast über. „The Old Loom“hat sich spezialisiert auf Natur-Textilien aus Schottland und Irland, Strickwaren, im Land nach alter Tradition aus feinen Wollgarnen gefertigt. Jürgen Hausstätter, der den Einkauf tätigt, blickt auf einen für seine Branche verheerenden Sommer zurück. Auf einen Sommer, an dem noch nicht einmal am Abend eine Strickjacke vonnöten war. Dass der Laden dennoch, entgegen des Trends, mit seiner Jahresbilanz zufrieden ist, hat viele Gründe.
Das Jahr 2018 lief allerdings schleppend an. Die Monate Januar und Februar waren viel zu warm und als es endlich im März kälter wurde, war kaum jemand interessiert, für einen Monat Winter noch Wärmendes zu erwerben. „Im Sommer haben wir an manchen Nachmittagen gar nicht mehr geöffnet. Niemand war bei der Hitze in der Stadt“, sagt der Einkäufer Hausstätter rückblickend.
Dem Inhaber Wolfgang Notten haben zudem die Sorgen um den bevorstehenden Brexit geplagt. Denn wenn es nicht zur Zollunion komme, würden die Preise deutlich steigen, meint er. „Wir arbeiten mit Herstellern in Schottland und Irland zusammen, haben nur eine geringe Marge. Wenn die Textilien durch den Brexit noch teurer werden, dann können wir sie hier in Rees nicht mehr verkaufen“, befürchtet Jürgen Hausstätter, der schon einmal vorgesorgt und gerade wieder eine große Lieferung entgegengenommen hat.
Die Mode ist zeitlos, klassisch, aber doch anders, als man sie in den typisch britischen Läden findet. Und das ist das Geheimrezept von „The Old Loom“. Notten und Hausstätter haben persönliche Kontakte zu den Herstellern und Lieferanten in Irland und Schottland. Diese Ware gibt es nicht im Internet. Das weiß der Kunde zu schätzen, der sich von der Farbintensität selbst überzeugen, die Qualität der Stof- fe und Strickwaren fühlen, Pullover aus Baby-Alpaca, Merino-Kashmiroder Lambswool in den Händen halten will.
Die Damen setzen die wärmenden Wollhüte im Titanic-Look auf, werfen das dazu passende Cape über und finden sich im vergangenen Jahrhundert wieder, dennoch optisch topaktuell. Aber auch die Herren kommen auf ihre Kosten. Karierte Woll-Caps gefallen ebenso wie Naturfleece-Jacken und Stehkragenhemden. Während sich im August viele in der Sonne aalten, lief das Geschäft tatsächlich schon an. „Die Kunden hatten keine Lust mehr auf Sommer. Sie sehnten sich nach Herbst- undWinterware, nach dicken Strickjacken und Pullovern. Sogar die ersten Dufflecoats wurden gekauft.“Der Oktober war außergewöhnlich gut, der zweitbeste in den sieben Jahren. Beim Schottischen Festival in Xanten sind Wolfgang Notten und Jürgen Hausstätter jedes Jahr mit einem Zelt vertreten. So macht man sich bekannt.
Und was liegt unter dem Weihnachtsbaum? Jürgen Hausstätter er- zählt gerne die Geschichte von der alten Dame in Donegal, die keine Heizung besaß und bitterlich fror. Woraufhin im Ort das Studio Donegal ihr einen Mantel aus einem Plaid schneiderte. „So entstand ein Plaid-Coat“, erklärt Hausstätter und nimmt einen solchen von der Stange. Für den Herren empfiehlt der Fachmann gefütterte Aran-TweedWesten zum Stehkragenhemd als Geschenk zumWeihnachtsfest. Dafür kommen Kunden sogar von weit her nach Rees in die Oberstadt, um sich einzudecken.