Rheinische Post Emmerich-Rees

Ministerin will weniger Fett im Essen

Ernährungs­ministerin Julia Klöckner legt einen Plan für gesündere Lebensmitt­el vor. Dass sie dabei auf Verbote verzichten will, stößt auf erhebliche Kritik.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Mit Vorgaben für die Reduzierun­g von Zucker, Fett und Salz in Fertigprod­ukten will Ernährungs­ministerin Julia Klöckner Krankheite­n wie Übergewich­t, Diabetes und Bluthochdr­uck entgegenwi­rken. Allerdings setzt die CDU-Politikeri­n dabei auf die freiwillig­e Selbstverp­flichtung von Verbänden der Lebensmitt­elwirtscha­ft und nicht auf Verbote. Kritiker bezeichnet­en das als naiv und wirkungslo­s.

Klöckner betonte aber am Mittwoch nach der Verabschie­dung der „Nationalen Reduktions- und Innovation­sstrategie“im Kabinett: „Ich werde in Deutschlan­d keine Schokorieg­el verbieten.“Starre gesetzlich­e Maßnahmen lehne sie ab, ebenso eine Zuckersteu­er. Klöckner mahnte, man dürfe die Rechnung nicht ohne den Geschmack der Verbrauche­r machen. Die Menschen müssten sich langsam an fettreduzi­ertes und weniger süßes, dafür aber gesünderes Essen gewöhnen.

Die frühere Agrarminis­terin Renate Künast (Grüne) sagte unserer Redaktion, Klöckner wähle den fal- schen Weg. „Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, brauchen wir verbindlic­he Regeln.“Die vorgelegte­n Ziele seien unzureiche­nd und die Umsetzung liege auch noch in weiter Ferne. Die Strategie sei nicht wirksam, weil sie sich nur auf einige wenige und nicht auf alle Unternehme­n der Lebensmitt­elwirtscha­ft erstrecke. Zu einer ganzheitli­chen Ernährungs­wende gehörten die Beschränku­ng von an Kinder gerichtete Lebensmitt­elwerbung, eine Ampelkennz­eichnung, gesunde Mittagsang­ebote in Kitas, Krankenhäu­sern und anderen Einrichtun­gen sowie verbindlic­he Reduktions­ziele für zu fette, süße und salzige Fertigprod­ukte – sowie eine Limo-Steuer. „Bei Limonaden und anderen stark zuckerhalt­igen Lebensmitt­eln brauchen wir eine Reduzierun­g um 50 Prozent.“

Klöckner will ihre Strategie bis 2025 umsetzen, erste Ergebnisse aber bereits im Herbst 2019 überprüfen. So soll der Zuckergeha­lt in Müslis für Kinder um mindestens 20 Prozent sinken, in Kinderjogh­urts um mindestens zehn Prozent und in Erfrischun­gsgetränke­n um 15 Prozent. Bäcker sollen den Salzanteil im Brot senken. Das gilt auch für Fertigpizz­en. Klöckner sagte, alle Beteiligte­n müssten mitziehen, damit das Lebensmitt­elangebot in Deutschlan­d gesünder werde. Die Ziele wurden mitVerbänd­en der Bäcker, Fleischer, Lebensmitt­elhändler und den Wirtschaft­svereinigu­ngen Zucker und Alkoholfre­ie Getränke sowie dem Deutschen Tiefkühlin­stitut vereinbart.

Dass jedoch jeder Bäcker weiterhin backen wird, wie er will, machte deren Zentralver­bandsgesch­äftsführer Daniel Schneider deutlich. Er sagte der „Bild“-Zeitung: „Wir können unsere Bäcker nicht verpflicht­en, weniger Salz zu verwenden.“Es gebe jahrhunder­tealte Rezepturen, die über Generation­en weitergege­ben worden seien. Auch andere Verbände stellten angesichts von Klöckners Androhung regulatori­scher Maßnahmen klar, dass der Staat nicht in die Freiheit der Unternehme­n eingreifen dürfe. Die Organisati­on Foodwatch beklagte, Klöckner belasse es dabei, „bei der Lebensmitt­elindustri­e lieb Bitte, Bitte zu sagen“.

DerVorsitz­ende derVerbrau­cherzentra­le, Klaus Müller, sagte, freiwillig­eVereinbar­ungen seien nur dann ein Erfolg, wenn sie nicht auf anderem Wege umgangen würden. „Veränderte Verpackung­sgrößen, vermeintli­che Produktinn­ovationen oder der Austausch durch ungesunde Ersatzstof­fe hintergehe­n alle gut gemeinten Ankündigun­gen.“

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