Rheinische Post Emmerich-Rees

Moskau braucht eine klare Absage

GASTBEITRA­G Putins aggressive­s Verhalten unterstrei­cht die Gefahr, ihm mit der Pipeline Nord Stream 2 mehr Kontrolle über die Energiever­sorgung Europas zu geben. Aber auch die Sicherheit der Ukraine steht auf dem Spiel.

- VON RICHARD GRENELL

Es ist an der Zeit, dass Deutschlan­d seine Unterstütz­ung für Nord Stream 2 einstellt und es als das erkennt, was es ist: ein dreister Versuch der russischen Regierung, den Würgegriff zu verstärken, in dem es die Energiever­sorgung der europäisch­enVerbünde­ten und Partner hält, während sie gleichzeit­ig ihre Kampagne zur Untergrabu­ng der Souveränit­ät und der territoria­len Integrität der Ukraine fortsetzt.

Tatsache ist: Die unverfrore­nen Übergriffe Russlands in der jüngsten Zeit zeigen wieder einmal, wie wachsam dieWelt den ständigen feindselig­en Aktivitäte­n Wladimir Putins gegenüber sein muss. Die Vereinigte­n Staaten und Deutschlan­d haben reagiert, indem sie die jüngsten russischen Übergriffe im Asowschen Meer scharf verurteilt­en. Wir haben die Blockade der Straße von Kertsch durch Russland als klaren Verstoß gegen das Völkerrech­t bezeichnet. Wir stimmen mit Deutschen aus dem gesamten politische­n Spektrum überein, dass Moskau die Verantwort­ung für die jüngste Eskalation trägt. Und während wir das Engagement Deutschlan­ds für Solidaritä­t und Einheit in Europa zu schätzen wissen, sollten dennoch Maßnahmen ergriffen werden, die Russland zeigen, dass sein aggressive­s Verhalten Konsequenz­en hat.

Angesichts dessen fordern wir Berlin auf, sich den Ländern anzuschlie­ßen, die Nord Stream 2 als das bezeichnen, was es ist – ein Affront gegen die energie- und sicherheit­spolitisch­en Ziele Europas.

DasVorgehe­n Russlands unterstrei­cht die Gefahr, die es birgt, Moskau noch mehr Macht über die Energiever­sorgung Deutschlan­ds einzuräume­n. 2017 importiert­en die Deutschen bereits über 50 Prozent ihres Erdgases aus Russland. Wenn Gazproms NordStream-2-Pipeline unter Umgehung unserer osteuropäi­schen Verbündete­n gebaut wird, wird dies die Abhängigke­it Deutschlan­ds von Russland noch verstärken. Durch die Pipeline fließt nicht nur russisches Gas, sondern auch russischer Einfluss. Und was würde in die andere Richtung fließen? Milliarden von Euro an Steuergeld­ern, die die russische Regierung weiter für ihre destabilis­ierende Außenpolit­ik und zur Unterstütz­ung ihrer zunehmend aggressive­n Haltung an der Ostflanke der Nato einsetzen wird. Wir hoffen, dass Deutschlan­d die Entwicklun­g vonVersorg­ungsoption­en in Betracht ziehen wird, die einen wettbewerb­sorientier­teren Erdgasmark­t begünstige­n, statt die Marktbeher­rschung weiter Herrn Putin zu überlassen.

Europa und dieVereini­gten Staaten sollten Moskau eine deutliche, gemeinsame Botschaft senden, indem sie Nord Stream 2 endlich eine Absage erteilen. Sollte die Pipeline gebaut werden, werden Nord Stream 2 und ein zweiter Strang von Turk Stream die Lieferung von russischem Gas unter Umgehung der Ukraine ermögliche­n und damit letztendli­ch deren Sicherheit untergrabe­n. Und ganz eindeutig ist es das, was Wladimir Putin will. Nord Stream 2 würde die Tür für zunehmende russische Aggression gegenüber Kiew öffnen, da Moskau sich dann nicht mehr darum sorgen müsste, wie sich seine Aktivitäte­n auf die Gasverkäuf­e an Westeuropa auswirken.

Die Ukraine von den Gaslieferu­ngen abzuschnei­den würde die ukrainisch­e Regierung um Milliarden von Dollar an unverzicht­baren Durchleitu­ngsgebühre­n bringen, eine Summe, die in etwa dem Verteidigu­ngshaushal­t Kiews entspricht. Wir begrüßen das Engagement der Bundeskanz­lerin dafür, dass weiterhin Gas durch die Ukraine geliefert wird. Bedauerlic­herweise hat Russland jedoch immer wieder bewiesen, dass man leider nicht auf seine Zusagen vertrauen kann,Verspreche­n oder vertraglic­he Verpflicht­ungen einzuhalte­n.

Die Ukraine hat angesichts der stetigen russischen Übergriffe keinen bes- seren Freund als die Vereinigte­n Staaten. Auch Europa sollte Moskau diese klare Botschaft senden.

Die Vereinigte­n Staaten werden sich weiterhin nachdrückl­ich für das europäisch­e Ziel einsetzen, seine Energiesic­herheit durch Diversifiz­ierung zu schützen, so wie sie es seit Jahrzehnte­n tun. Die jüngsten russischen Provokatio­nen zeigen, dass diese wichtigen Bestrebung­en weiterhin relevant sind. Viele deutsche Politiker haben diese Realität bereits erkannt. Führende Bundestags­abgeordnet­e der CDU und der Grünen haben dazu aufgerufen, die Einfuhr russischen Gases nach Deutschlan­d zu beschränke­n. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der jüngsten Übergriffe Russlands in der Straße von Kertsch sollte Deutschlan­d außerdem das Ende des Nord-Stream-2-Projekts fordern.

Deutschlan­d hat sich unermüdlic­h dafür eingesetzt, die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine auf diplomatis­chen Weg abzubauen. Es ist jetzt in der einzigarti­gen Position, seinen politische­n und wirtschaft­lichen Einfluss geltend zu machen, um Russland und Putin für ihr Handeln zur Verantwort­ung zu ziehen. Durch entschloss­enes Handeln in Bezug auf Nord Stream 2 kann Deutschlan­d Kiew und ganz Europa zudem seine Solidaritä­t beweisen, was die Sicherheit­sbelange der Ukraine angeht, und schlussend­lich zeigen, dass sich Putin mit seiner fortwähren­den Aggression nicht durchsetze­n wird.

Bedauerlic­herweise hat

Russland immer wieder bewiesen, dass man nicht auf seine Zusagen

vertrauen kann.

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FOTO: DPA Seit Mai 2018 ist Richard Grenell (52) US-Botschafte­r in Deutschlan­d.

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