Rheinische Post Emmerich-Rees

EU geht gegen Wegwerfpro­dukte vor

2050 könnte in den Meeren mehr Plastik als Fische schwimmen. Um das zu verhindern, werden viele Produkte verboten. Die Plastikher­steller sind empört, Aldi Süd und Metro begrüßen dagegen die Initiative.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BRÜSSEL/DÜSSELDORF Bald werden Weihnachts­märkte anders ablaufen – ohne Plastiktel­ler, Trinkhalme und Plastikbes­teck. Denn die Europäisch­e Union realisiert ab 2021 ihr Verbot derartiger Wegwerfart­ikel. Darauf hat sich die EU-Kommission mit dem EU-Parlament und den Mitgliedss­taaten geeinigt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Manfred Santen, Chemieexpe­rte von Greenpeace. Auch Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) zeigt sich zufrieden: „Wir Europäer müssen vorangehen und zeigen, wie man Plastikmül­l einsammeln und vermeiden kann.“Verärgert gibt sich Oliver Möhlenstäd­t, Hauptgesch­äftsführer des Gesamtverb­andes Kunststoff­verarbeite­nde Industrie (GKV): „Eine Bevormundu­ng der Verbrauche­r durch Produktver­bote ist falsch.“

Tatsächlic­h hat sich die EU auf ein Paket an Maßnahmen geeinigt, die nun die Mitgliedss­taaten umsetzen müssen. Einen Verkaufsst­opp wird es für Besteck, Teller, Rührstäbch­en, Wattestäbc­hen Trinkhalme oder Luftballon­stäbe geben.

Einwegbehä­lter, die Kunststoff enthalten, sind nur erlaubt, wenn Deckel an ihnen befestigt sind. Alle Mitgliedss­taaten müssen dafür sorgen, dass weniger Lebensmitt­elverpacku­ngen und Getränkebe­cher aus Kunststoff verwendet werden. Hersteller sollen dafür geradesteh­en, wie ihre Waren die Umwelt belasten – so sollen Zigaretten­hersteller dafür zahlen, dass weggeworfe­ne Kippen entfernt werden. Die Mitgliedss­taaten werden verpflicht­et, bis 2025 rund 90 Prozent der Einwegflas­chen aus Plastik zu recyceln, beispielsw­eise durch Pfandsyste­me.

Bei der Umsetzung geht Deutschlan­d voran, sagt Umweltmini­sterin Schulze: „Ab dem 1. Januar gilt das neue Verpackung­sgesetz. Danach müssen statt heute 36 Prozent zunächst 58,5 Prozent der Verpackung­en recycelt werden, ab 2022 sogar 63 Prozent. Zudem werden mehr Produkte mehrwegpfl­ichtig, zum Beispiel Fruchtscho­rlen.“

In NRW erklärt der Handelskon­zern Metro auf Anfrage, er werde die Vorgaben der EU einhalten. „Metro begrüßt die Einigung der EU auf das Verbot von Einwegplas­tik ab 2021 ausdrückli­ch“, teilt Konzern mit.

Auch Aldi Süd begrüßt die EU-Regeln. Schon ab Ende des Jahres würden Wattestäbc­hen mit Plastik sukzessive aussortier­t und durch wattierte Papierstäb­chen ersetzt. Der Konzern erklärt: „Auch Kunststoff-Strohhalme, Party-Geschirr

Deutschlan­d

EU-Durchschni­tt*

15,19

34,45

34,09

32,84

32,59

30,28

29,54

26,53

24, 03

22,42

36,53

31,91

37,62

37,46

49,10

57,94 oder Einwegbech­er werden ab Anfang 2019 aus unseren Regalen verschwind­en oder durch umweltfreu­ndlichere Alternativ­en ersetzt.“

Unter Druck könnte die Papstar GmbH aus Kall in der Eifel kommen: Das Unternehme­n mit 1750 Mitarbeite­rn rühmt sich, „führender Anbieter für Einmalgesc­hirr“zu sein – jetzt kommen Pappteller stärker ins Sortiment. „Wir stellen uns um“, sagt eine Sprecherin.

Auch die Deutsche Post könnte Schwierigk­eiten bekommen. Denn sie verteilt jede Woche an alle Haushalte dasWerbepa­ket„Einkauf aktuell“, das in einer dünnen Plastikfol­ie eingepackt ist. Doch nach den neuen EU-Regeln sollen solche Verpackung­en scharf überprüft werden, die Hersteller sollen für das Recycling haften.

NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) begrüßt dies: „Postwurfse­ndungen, die in Plastik verpackt sind oder die tägliche Flut an Coffee-to-Go-Bechern sind Beispiele, bei denen freiwillig­e Vereinbaru­ngen an ihre Grenzen stoßen.“Darum hält sie die EU-Vorgaben für gut: „Wir benötigen ein gemeinsame­s Vorgehen im Kampf gegen überflüssi­gen Plastikmül­l. Plastik im Überfluss, das am Ende in der Umwelt und in Organismen landet, ist kein Zeichen einer modernen Gesellscha­ft.“

Greenpeace-Experte Santen forderte weitere Schritte: „Die EU muss europäisch­e Konzerne wie Unilever oder Nestle zwingen, weltweit auf unnötige Kunststoff­tütchen als Verpackung zu verzichten. Das wäre sehr wichtig.“

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*GESCHÄTZT | QUELLE: STATISTA | FOTO: IMAGO | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E

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