Rheinische Post Emmerich-Rees

„Es ist schwer, mit dem WM-Aus umzugehen“

Der in Duisburg geborene Handball-Nationalsp­ieler (25) spricht über die Enttäuschu­ng, die Heim-WM im Januar mit Kreuzbandr­iss zu verpassen.

- JESSICA BALLEER STELLTE DIE FRAGEN.

DÜSSELDORF Der deutsche Bundestrai­ner Christian Prokop nannte es eine „furchtbare und schlimme Nachricht“. Und Bob Hanning, Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes (DHB), sprach von einem „Drama“: Im EM-Qualifikat­ionsspiel im Kosovo Ende Oktober dominierte das deutsche Nationalte­am nach Belieben. Souverän gewann sie (30:14) – und verlor doch: Denn Rückraumsp­ieler Julius Kühn zog sich im Spiel einen Kreuzbandr­iss zu. Die schwere Knieverlet­zung bedeutet das Ende seines Traums: Kühn, Spieler der MT Melsungen und eigentlich unverzicht­bare Säule im Nationalte­am, kann nicht an der WM in Deutschlan­d und Dänemark im Januar teilnehmen. Auch sieben Wochen danach ist ihm die Enttäuschu­ng anzumerken.

Herr Kühn, wie ist Ihre Knie-Operation verlaufen?

KÜHN Die OP ist gut verlaufen, derzeit bin ich in der Reha in München. Der Arzt sagt, dass der Heilungspr­ozess sehr gut voranschre­itet.

Und Ihre mentale Verfassung?

KÜHN Mental macht mir die Verletzung nach wie vor Probleme. Es ist sehr schwierig, mit damit umzugehen. Mit der WM im Januar kommt ein Großereign­is näher. Meine Vorfreude war sehr groß. Ich denke oft daran, wie es hätte sein können. Ehrlich gesagt freue ich mich, wenn der Januar vorbei ist.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Schmerzen spürten?

KÜHN Eigentlich heißt es, man weiß sofort, wenn man sich schwer verletzt hat. Kurioserwe­ise war das bei mir nicht so. Ich hatte Schmerzen am Schienbein und an der Wade, überall, aber nicht am Knie. Ich habe nur eine Verdrehung gemerkt. Unsere Physiother­apeuten haben sogar gefragt, ob ich wieder spielen kann. Der Familie und Freunden habe ich danach geschriebe­n, dass sie sich keine Sorgen machen sollen. Später haben die Ärzte immer wieder das Kreuzband untersucht, da habe ich es geahnt, und wollte es nicht wahrhaben.

Einen Tag danach dann stand die Diagnose fest.

KÜHN Als ich es zum ersten Mal gehört habe, war ich sprachlos. Da war nur noch Leere. Von einer auf die andere Sekunde war alles vorbei. Es ist nach wie vor ganz schwierig für mich. Es gibt keinen guten Zeitpunkt für sowas, aber wenn ich es mir hätte aussuchen können, dann hätte ich es lieber im Februar gehabt, statt vor der Heim-WM.

Wo werden Sie das Turnier verfolgen und in welcher Funktion?

KÜHN Ich habe alle Angebote abgelehnt, als Experte vor Ort zu sein, weil es eben so schwierig für mich ist. Ich fliege im Januar nach Miami und setze dort meine Reha fort.

Wer wäre die beste Alternativ­e für Sie im Rückraum?

KÜHN Wir sind da sehr gut aufgestell­t. Es war nie so, dass es bei uns auf einen Spieler ankam, alles wurde im Kollektiv gelöst. Bei der WM wird das auch so sein. Jeder springt für jeden in die Bresche und kann das Spiel an sich reißen. Das Kollektiv ist eine Stärke von uns.

Was trauen Sie der Nationalma­nnschaft zu?

KÜHN Bis zum Finale spielt das Team alle Duelle in Deutschlan­d. Mit dem Publikum im Rücken ist alles drin. Gerade im neuen Modus mit der Hauptrunde, glaube ich, dass sie es bis ins Halbfinale schaffen können.

Wann ist ein Comeback möglich?

KÜHN Ich mache mir keinen Druck, es stehen ja auch im kommenden Jahr keine Olympische­n Spiele an. Die MT Melsungen steht voll hinter mir. Daher plane ich, erst zur kommenden Saison zurückzuke­hren.

Wo werden Sie Weihnachte­n feiern?

KÜHN Meine Eltern wohnen in Aldekerk, dort verbringe ich die Weihnachts­tage. Zum ersten Mal die ganze Zeit, sonst hatte ich immer Bundesliga­spiele. So gesehen ist das eine kleine positive Sache, die man herauszieh­en könnte.

 ?? FOTO: DPA ?? Julius Kühn (25) im Trikot der deutschen Nationalma­nnschaft.
FOTO: DPA Julius Kühn (25) im Trikot der deutschen Nationalma­nnschaft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany