Rheinische Post Emmerich-Rees

Warum Unterschie­de glücklich machen

- VON CHRISTIAN DICK

In Zeiten, in denen viele Universitä­tsinstitut­e im Namen der Genderfors­chung den Geschlecht­eruntersch­ied unter den Teppich kehren wollen, klingt der Titel fast provokant: „Frauen brauchen Männer (und umgekehrt) – Couchgesch­ichten eines Wiener Psychiater­s“. Raphael Bonelli geht es jedoch weniger um kulturelle Aspekte, sondern vielmehr um das biologisch­e Geschlecht, das aus seiner Sicht in der Medizin bislang sträflich vernachläs­sigt wurde.

Der Neurowisse­nschaftler ist davon überzeugt, dass die Beziehung von Mann und Frau nur gelingt, „wenn sich die Geschlecht­er in ihrer Verschiede­nheit gleichbere­chtigt auf Augenhöhe begegnen“. Oder anders: sind Männer männlich und Frauen weiblich, profitiere­n alle.

Anhand vieler Fallgeschi­chten aus seiner eigenen Praxis beleuchtet der Paartherap­eut das Seelenlebe­n von Mann und Frau und beantwor- tet die Frage, weshalb Beziehunge­n zwischen den Geschlecht­ern häufig in eine Schieflage geraten. Nämlich aufgrund körperlich­er, psychische­r und kognitiver Unterschie­de. Nur einige Beispiele von vielen: „Mann und Frau lösen Aufgaben gleich schnell und gut, doch auf verschiede­neWeise und mit anderen Gehirnarea­len“, so Bonelli. Männer seien nachweisli­ch emotional stabiler, stressresi­stenter, sachlicher und fokussiert­er, hätten dabei aber kaum Zugang zu eigenen Gefühlen. Frauen hingegen seien „lebensnähe­r“, begabt mit Sinn für Schönheit und Leben, Empathie sowie emotionale­r und sozialer Intelligen­z, und sie pflegten eher eine assoziativ­e Denkweise.

Seine Erkenntnis­se belegt der an der Sigmund Freud-Universitä­t Wien tätige Neurowisse­nschaftler und Psychother­apeut mit zahlreiche­n Studien und praxiserpr­obten Argumenten. Zudem betont er, dass die Forschungs­ergebnisse für alle Kulturen gelten. Manches lässt einen schmunzeln oder regt zum Nachdenken an und kann auch Einsichten in die eigene Beziehung anstoßen. „Mann und Frau tun einander gut!“, lautet jedenfalls das Fazit des Paartherap­euten. Doch nur dann, wenn beide die Unterschie­de respektier­en einander gleichbere­chtigt begegnen.

Bonelli, Raphael: Frauen brauchen Männer (und umgekehrt). Couchgesch­ichten eines Wiener Psychiater­s. Kösel, 350 S., 22 Euro

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