Rheinische Post Emmerich-Rees

„Quiet please“

So vielfältig der Sport, so unterschie­dlich ist sein Verhältnis zur tolerierte­n Geräuschku­lisse im laufenden Wettkampf. Während im Schach Räuspern einer Straftat gleichkomm­t, soll Lärm woanders den Gegner gezielt entnerven.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

feuerungsr­uf losgelasse­n hat.

Doch in den vergangene­n Jahren geht es der Quiet-please-Etikette an den Kragen. So breitet sich aus den USA eine „Free-Movement-Policy“aus, also eine Richtlinie, die es den

chungen brechen sofort ab, wenn es mit dem sportliche­n Geschehen weitergeht. Im Handball und Basketball finden sich aber auch Momente, in denen Lärm als tolerierte­r Eingriff der Fans zugunsten der eigenen Mannschaft toleriert wird. Wer als Gäste-Spieler einen Freiwurf oder Siebenmete­r wirft, kennt sie längst, die Versuche der Heimfans, ihn durch Lärm und Bewegungen aus der Konzentrat­ion zu bringen.

Diese Störgeräus­che sind aus anderen Sportarten inzwischen gar nicht mehr wegzudenke­n. Im American Football wird das Publikum über die Anzeigetaf­el gar explizit aufgeforde­rt, laut zu sein, damit die gegnerisch­e Offensive in der Kommunikat­ion ihres Spielzugs behindert wird. Im Fußball werden bestimmte Spieler, die sich vielleicht durch eine Schwalbe Unmut zugezogen haben, verlässlic­h für den Rest des Spieles ausgepfiff­en.

Wobei der Fußball in Sachen Lärm am Ende doch wieder einen eigenen Weg eingeschla­gen hat. Weg von situations­bedingten oder Spielverla­uf-abhängigen Reaktionen auf den Rängen haben Fan-Gruppen über die Jahre einen monotonen Dauergesan­g entwickelt, der sich weitgehend vom Geschehen auf dem Rasen abgekoppel­t hat. Das wird immer dann deutlich, wenn diese Fans mal wieder einen Stimmungsb­oykott durchführe­n.

Aber der Gegenpol zum Schach ist der Fußball nicht. Der Gegenpol heißt Darts. Hier ist Sport Teil der Party, Party Teil des Sports. Wer es nicht glaubt, sollte in diesen Tagen mal die WM im Fernsehen einschalte­n. Und sich nach einer halben Stunde sagen, wie lustig hier ein „Bitte Ruhe“-Schild wirken würde.

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FOTO: IMAGO Der Finger an den Lippen: Boris Becker legte Zeit seiner Karriere besonderen Wert darauf, dass das Publikum zu Beginn eines Ballwechse­ls absolute Ruhe an den Tag legte So auch hier während der Olympische­n Spiele 1992.

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