„Gendersternchen gibt es bei mir nicht“
Literaturkritikerin Elke Heidenreich über ihren neuen literarischen Wegweiser, den Frauenroman, den jeder Mann kennen sollte, und den Grund, warum sie die Gendersprache ablehnt.
ist es glänzend geschrieben.
Sind Frauen im modernen Literaturbetrieb gleichberechtigt?
HEIDENREICH Ja, das sind sie unbedingt. Die Verlage drucken Frauen, die Leser lesen Frauen, die finanziellen Bedingungen sind auf beiden Seiten gut, da gibt es keinen Unterschied mehr zu sehen.
Welches Frauenbild findet sich denn Ihrer Meinung nach in der aktuellen, zeitgenössischen Literatur?
HEIDENREICH Das kann man nur sehr schwer sagen. Ganz viele Frauen arbeiten sich ja immer noch ab an der Vergangenheit, an ihren Müttern, an der Kriegsgeneration. Dazu kommen die vielen Frauen aus Entwicklungsländern, die eine enorme Kraft haben, die Bücher schreiben können aus ihrem Erleben in ihren Ländern. Ein einseitiges Frauenbild so wie damals – brav sein, in der Küche sein und den Mund halten – das gibt es überhaupt nicht mehr.
Ihr neues Werk „Hier geht's lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben“erscheint im Eisele-Verlag München, 192 Seiten, 26 Euro.
In Ihrem Buch schreiben Sie auch, dass Ihr erstes selbst gekauftes Buch von einem Mann war: „Kleiner Mann – was nun?“von Hans Fallada. Besitzen Sie das Exemplar noch?
HEIDENREICH Natürlich habe ich das noch! Die Bücher, die mich in meinen jungen Jahren begleitet haben, habe ich alle verwahrt, die habe ich durch mein Leben mitgenommen. Ich gebe zwar vieles von den neueren Büchern weg, weil ich weiß, dass ich das nicht zweimal lese – ich gebe es Krankenhäusern oder Altenheimen, oder stelle es in die Bücherschränke, die überall in den Städten stehen. Ich habe immer im Flur einen Riesenstapel stehen, und alle, die mich besuchen, müssen ein paar mitnehmen. Aber von den Büchern, die ich wirklich liebe, trenne ich mich niemals.
Gekauft haben Sie das Buch 1956, und Sie schreiben, dass Sie damals Zigaretten geraucht haben. Wirklich? Mit 13?
HEIDENREICH Ja, mein Vater hat viel geraucht, und er hatte eine Tankstelle, an der ich rumlungerte, wenn meine Mutter arbeitete, und er hat mir oft eine von seinen Zigaretten gegeben. Damals wurde nicht so ein Theater um Gesundheit gemacht. Ich habe mit zwölf angefangen, einzelne Zigaretten zu rauchen, aus Wichtigtuerei, mit 15 habe ich dann richtig geraucht, mit 23 habe ich für 20 Jahre aufgehört. Jetzt rauche ich ab und zu mal eine aus Genuss, nach einem fetten Essen etwa – eine Packung reicht mir drei, vier Wochen. Es ist ein Genuss, wie ein Schnäpschen. Verteufeln lasse ich mir das nicht.
„Hier geht's lang!“liest sich stellenweise wie eine Autobiografie in Büchern…
HEIDENREICH Es ist eine Lesebiografie, keine Autobiografie. Es kommen ja weder meine Liebesgeschichten noch sonst was darin vor, sondern es geht darum: Was ist mit mir als Leserin passiert? Wie habe ich meinen Weg durch den Dschungel der Literatur gefunden und was hat mein Germanistikstudium dazu beigetragen? So gut wie gar nix. „Hier geht's lang!“ist missionarisch gemeint, es soll ein Wegweiser sein durch die Welt der Bücher, indem ich dem Leser sage: Wenn ihr in eurem Leben Krisen habt oder Schwierigkeiten, können Bücher euch helfen – diese hier haben mir geholfen. Ganz subjektiv.
CORNELIA WYSTRICHOWSKI FÜHRTE DAS INTERVIEW.