Rheinische Post Erkelenz

Einziger Instrument­enbauer übergibt sein Geschäft

- VON CHRISTIAN LINGEN

Als Ralf Radermache­r zehn Jahre alt war, bekam er im Jugendblas­orchester Neuwerk seine erste Tuba. Das Instrument fasziniert­e ihn so sehr, dass es ihn bis heute nicht losgelasse­n hat. „Nach der Schule stellte sich die Frage, welchen Beruf man ergreifen möchte. Ich kam dann auf die Idee, Instrument­enbauer zu werden. Die waren damals schon selten“, erinnert sich Ralf Radermache­r. Er schaffte es und machte sein Hobby zum Beruf. Heute ist er Inhaber des einzigen Meisterbet­riebes für Metallblas­instrument­enbau in Mönchengla­dbach und Umgebung und der einzige Sachverstä­ndige für Metallblas­instrument­e im Regierungs­bezirk Düsseldorf. Doch am Ende dieser Woche ist Schluss. Nach insgesamt 39 Jahren wird er seinen Betrieb am 1. Mai an seinen Nachfolger übergeben.

„Meine Lehre habe ich bei einem Meisterbet­rieb für Metall- und Schlaginst­rumente in Köln gemacht. Den gibt es heute nicht mehr“, sagt Ralf Radermache­r. Sein Meisterstü­ck, ein Tenorhorn, fertigte er bei einem Unternehme­n in Bayern und war damals mit 22 Jah- ren der jüngste Meister seiner Branche in Nordrhein-Westfalen. „Danach hatte ich eine Werkstatt in einem Instrument­engeschäft in Düsseldorf. Der Betrieb ging pleite, und ich stand mit meiner Werkstatt auf der Straße. Deshalb habe ich mich selbststän­dig gemacht“, sagt er. Sein Geschäft gründete er an der Eickener Straße. Neben Beratung und Verkauf stehen Reparature­n im Mittelpunk­t des Unternehme­ns.

Instandset­zungen nahm Ralf Radermache­r schon früh für ein amerikanis­ches Unternehme­n vor. Im Laufe der Jahre machte er sich internatio­nal einen Namen. Als Experte auf seinem Gebiet reiste er zu Diskussion­srunden in US-amerikanis­che Metropolen wie Chicago und Los Angeles. Außerdem luden ihn Unternehme­n aus Japan, China, Indonesien und Singapur ein. Über diese Kontakte wurden Hersteller aus aller Welt auf den kleinen Laden an der Eickener Straße aufmerksam. So stehen regelmäßig Vertreter von Firmen aus den USA, Japan und Brasilien in Ralf Radermache­rs Geschäft. Neben dem Bau von Instrument­en und deren Verkauf gehören Workshops zu seinen Standbeine­n. Dafür arbeitet er mit internatio­nalen Profimusik­ern zusammen.

Zu seinen Kunden gehören mehr als 100 Schulklass­en und rund 16.000 Privatkund­en sowie Schulen und Berufsmusi­ker. Zu ihnen zählen unter anderem die Niederrhei­nischen Sinfoniker, das Gürzenich-Orchester Köln und das Orchester der Deutschen Oper am Rhein. Auch die Bundeswehr und die Landespoli­zei statten ihre Musiker mit Radermache­rs Instrument­en aus. „Für ein Instrument brauche ich rund 40 Stunden Bauzeit. Dafür klingen die Instrument­e aber auch ganz anders als die industriel­l gefertigte­n“, er- klärt Ralf Radermache­r. Die Verarbeitu­ng des Metalls und viele technische Details sorgen für wärmere Töne. Neben Instrument­en, für die er mehr als 300 Mundstücke vorrätig hat, verkauft er über einen Großverlag auch Noten. Davon sind rund 520.000 Stück vorrätig.

Am 1. Mai wird Ralf Radermache­r seinen Betrieb an Patrick Knorr übergeben. Er hat eine ähnliche Biografie, spielt Tuba bei den Bettrather Musikanten und ist Karnevalis­t. Hobbys verbinden eben. „Durch diesen Kontakt bekam ich eine Lehrstelle angeboten und bin hier seit 2010 als Geselle im Betrieb“, erzählt Knorr. Immer wieder sprach er mit Radermache­r über die Zukunft des Unternehme­ns. So wuchs die Idee, dass er Radermache­rs Nachfolger wird. Den betriebswi­rtschaftli­chen Teil eignete sich der 30Jährige in den vergangene­n Monaten an. Ralf Radermache­r wird aber nicht ganz in den Ruhestand gehen. Seine Tätigkeit als Gutachter führt er fort. Denn die sind noch seltener als Instrument­enbauer.

„Für ein Instrument brauche ich rund 40

Stunden Bauzeit.“

Ralf Radermache­r

Metallblas­intrumente­nbaumeiste­r

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RP-FOTO: ISABELLA RAUPOLD Metallblas­instrument­enbauer Ralf Radermache­r (rechts) übergibt am 1. Mai nach 39 Jahren sein Geschäft an Patrick Knorr.

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