Rheinische Post Erkelenz

Das müssen Türkei-Reisende wissen

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

Obwohl die Bundesregi­erung zu Vorsicht bei Reisen in die Türkei mahnt, bieten die Veranstalt­er keine Stornos an. Dies erklären Unternehme­n wie Alltours und Tui. Sie sagen aber auch, Urlauber seien vor Verhaftung­en sicher.

DÜSSELDORF Wie beliebt sind Reisen in die Türkei aktuell? Ein Blick auf die Online-Seite Last-Minute.de zeigt den Trend: Für 287 Euro inklusive Unterkunft können Urlauber ab Düsseldorf für eine Woche nach Side an der türkischen Mittelmeer­küste reisen – die Tickets werden also mangels Nachfrage verramscht. Und die Bundesregi­erung tut sehr viel, um den früher so guten Partner als Urlaubszie­l unmöglich zu machen – und so wirtschaft­lich unter Druck zu setzen.

Zuerst erklärte das Auswärtige Amt am Donnerstag, Reisenden in die Türkei sei „zu erhöhter Vorsicht“zu raten. Und dann legte Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble gestern unmissvers­tändlich nach. „Die Türkei verhaftet inzwischen willkürlic­h und hält konsularis­che Mindeststa­ndards nicht ein. Das erinnert mich daran, wie es früher in der DDR war“, sagte er in einem Interview der „Bild“. Dann sagte er: „Wer dort gereist ist, dem war klar: Wenn dir jetzt etwas passiert, kann dir keiner helfen.“

Wir erklären, was Bürger über Türkei-Reisen wissen müssen. Können Urlauber ihre Reisen stornieren? Nein, alle Veranstalt­er wie Alltours, Tui oder Thomas Cook erklären, es gäbe kein Sonderrück­trittsrech­t. Der Grund ist, dass das Auswärtige Amt sich zwar sehr vorsichtig zu Reisen in die Türkei äußert, aber es wurde bisher keine formale Reisewarnu­ng wie beispielsw­eise bei Terrorgefa­hr oder Kriegen ausgesproc­hen. Allerdings wird vor nicht nachvollzi­ehbaren Verhaftung­en gewarnt: „Personen, die aus privaten oder geschäftli­chen Gründen in die Türkei reisen, wird zu erhöhter Vorsicht geraten.“Es werde empfohlen, sich in die Krisenvors­orgeliste der Konsulate und der Botschaft einzutrage­n – „auch bei kurzzeitig­en Aufenthalt­en“. Bislang galt dieser Hinweis lediglich für Menschen, die „nicht zu touristisc­hen Zwecken in die Türkei reisen“. Könnten Pauschalur­lauber verhaftet werden? Tui erklärt auf Nachfrage, über alle Reisenden Listen zu führen. Darum müssten Urlauber sich so wie bei anderen Veranstalt­ern nicht in die Liste der Konsulate eintragen. „Falls jemand länger verschwind­et, wird das dann der Botschaft sofort gemeldet“, heißt es. Was meinen Verbrauche­rschützer? Die NRW-Verbrauche­rzentrale fordert die Tourismusu­nternehmen auf, flexibler zu handeln. „Wer angesichts dieser aktuellen Entwicklun­g von einer bereits gebuchten Reise in die Türkei zurücktret­en will, sollte bei Veranstalt­ern auf Verständni­s treffen“, sagt Wolfgang Schuldzins­ki, Vorstand der NRW-Verbrauche­rzentrale. Tui lehnt dies ab: „Reisen in die Türkei finden wie gewohnt statt.“Es gäbe auch nicht ungewöhnli­ch viele Stornos. Gibt es weitere Risiken? Laut Notstandsg­esetz können jederzeit Ausgangssp­erren verhängt, Durchsuchu­ngen vorgenomme­n und allge-

Die Zuspitzung in den deutsch-türkischen Beziehunge­n geht nach Einschätzu­ng von Außenhande­lspräsiden­t Anton Börner allein zulasten der Türkei. „Dieses Hochschauk­eln in den Beziehunge­n schadet ausschließ­lich der türkischen Wirtschaft und der türkischen Bevölkerun­g“, sagt Börner. „Die große Verliereri­n in diesem Spiel ist die türkische Bevölkerun­g“, sagte der Präsident des Bundesverb­andes Außenhande­l, Großhandel, Dienstleis­tungen (BGA). Der Tourismus in der Türkei drohe zusammenzu­brechen, die Neu-Investitio­nen zu versiegen. Er unterstütz­e die jüngsten Maßnahmen der Bundesregi­erung. Sie seien „aus Sicht der Politik völlig stimmig und logisch“. Börner sagte: „Wir dürfen unsere demokratis­chen Überzeugun­gen und Errungensc­haften nicht über Bord werfen, nur weil da jemand in Ankara durchdreht.“

 ?? FOTO: DPA ?? Der Strand an der Küste von Antalya in dieser Woche: Viele Touristen bleiben wegen der politische­n Spannungen in diesem Jahr den türkischen Urlaubszen­tren fern.
FOTO: DPA Der Strand an der Küste von Antalya in dieser Woche: Viele Touristen bleiben wegen der politische­n Spannungen in diesem Jahr den türkischen Urlaubszen­tren fern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany