Glanzloser 2:1-Erfolg gegen Italien
Henning und Peter per schmeichelhaftem Foulelfmeter treffen für den Titelverteidiger bei der EM-Vorrunde in Tilburg.
TILBURG Antonio Cabrini ist noch immer so eine Art Entwicklungshelfer. Der 59-Jährige ist seit fünf Jahren für die italienische Frauenfußball-Nationalmannschaft verantwortlich. Doch er kommt nicht so recht voran. Bei dieser Europameisterschaft in den Niederlanden hat er sich viel vorgenommen. Er wollte vor allem eine breitere Öffentlichkeit in der Heimat davon überzeugen, dass er ein Team betreut, dass durchaus verdient hat, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Das Projekt ist allerdings bereits nach dem ersten Gruppenspiel herbe ins Stottern geraten. Zum Auftakt setzte es eine 1:2-Niederlage gegen Russland. Und auch in der zweiten Partie gegen Deutschland gestern Abend in Tilburg reichte es nicht für einen Erfolg. Das 1:2 gegen den Titelverteidiger war gleichbedeutend mit dem Aus bei diesem Turnier.
Cabrini war während seiner aktiven Karriere ein Verteidiger von internationalem Rang. Als Nationalspieler hat er 1982 die Weltmeisterschaft gewonnen. 13 Jahre spielte er für Juventus Turin und holte mit der „alten Dame“unter anderem 1985 den Europapokal der Landesmeister gegen den FC Liverpool. Ein Triumph, der allerdings immer im Schatten der schweren Katastrophe im belgischen Heysel-Stadion mit 39 Toten steht.
Der Trainer Cabrini hat sich für eine besonders knifflige Aufgabe entschieden. 2012, als er den Posten bei den Frauen übernahm, wusste er von den schauerlichen Strukturen. Ihm war klar, dass er für seine Ambitionen, die Mannschaft weiter entwickeln zu wollen, nur belächelt würde. Die Medien spotteten über eine Auswahl, für die sich niemand so recht interessieren wollte. „Du musst dich ständig erklären, du musst dich ständig verteidigen“, sagt Cabrini. „Es kommt aber einfach nichts von unten nach. So ist es schwer, den nächsten Schritt zu gehen.“In Italien sind nur rund 22.500 Frauen in Fußballvereinen registriert – Konkurrenzkampf und Duelle auf gehobenem Niveau: Fehlanzeige.
Umso beachtlicher, was Cabrini für eine Arbeit leistet. Gegen Deutschland konnte Italien Wer- bung in eigener Sache machen. Im Vorfeld hieß es aus dem deutschen Lager, die Kontrahentinnen würden versuchen, sich mit unerlaubten Mitteln einen Vorteil zu verschaffen. „Sie provozieren, sie reden immer schön und versuchen, einen aus dem Rhythmus zu bringen“, urteilte die deutsche Bundestrainerin Steffi Jones. „Da gibt es auch mal einen auf den Zeh. Wir dürfen uns nicht locken lassen.“Jones, 44, für die diese EM das erste große Turnier als Trainerin ist, wollte nicht in die Falle laufen, gegen tiefstehende Italienerinnen ausgekontert zu werden.
So viel zur Theorie. In der praktischen Umsetzung tat sich Deutschland auch beim zweiten Auftritt schwer. Die Offensivabteilung brachte nur wenig zwingendes Zustande. Der Führungstreffer durch Josephine Henning (19.) ging ein kapitaler Schnitzer der italienischen Torfrau Laura Giuliani voraus, der der Ball aus den Fingern flutschte. Es brauchte auch schon die freundliche Unterstützung der Gegnerinnen, die Angriffsbemühungen waren schlicht nicht zwingend genug. Italien dagegen brauchte nur einen schnellen Angriff um aufzuzeigen, dass die junge deutsche Defensive noch nicht besonders standhaft ist. Ilaria Mauro, am Ende des ersten Durchgangs verletzt ausgewechselt, traf zum Ausgleich (29.)
Wer fortan ein spielerisches Feuerwerk der deutschen Mannschaft im Koning Willem II Stadion erhoffte, der wurde bitter enttäuscht. Der von Jones angekündigte kontrollierte Ballbesitzfußball war maximal in Grundzügen erkennbar. Anja Mittag nahm schließlich ein erneutes Geschenk der Italienerinnen an, die etwas zu rustikal im Strafraum zu Werke gingen und holte einen etwas schmeichelhaften Elfmeter raus. Babette Peters traf (67.). Am Ende war es ein Pflichtsieg für die DFBAuswahl.
Für den angestrebten erneuten Gewinn des EM-Titels müsste eine deutliche Leistungssteigerung her. Zunächst im letzten Gruppenspiel am Dienstag in Utrecht gegen Russland, um sich überhaupt für das Viertelfinale zu qualifizieren.