„Er war Überzeugungstäter“
Salafisten-Prediger Sven Lau muss für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sieht es als erwiesen an, dass der ehemalige Feuerwehrmann aus Mönchengladbach eine Terrororganisation unterstützt hat.
DÜSSELDORF Es ist nicht mehr viel übrig geblieben von dem Selbstbewusstsein des bärtigen Mannes, der mit Aktionen wie der Wuppertaler „Scharia-Polizei“die Sicherheitsbehörden provozierte und sich dann darüber öffentlich amüsierte. Das Lachen ist dem ehemaligen Feuerwehrmann Sven Lau vergangen. Als ihn der fünfte Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts gestern wegen der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereini-
Herbert Reul (CDU) gung zu einer fünfeinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt, wirkt der Salafisten-Prediger teilnahmslos, beinahe apathisch, als würde ihn das Ganze nichts angehen. Er verzieht keine Miene, schüttelt nicht den Kopf. Und er weint auch nicht wie noch vor einer Woche beim Plädoyer.
Der Vorsitzende Richter Frank Schreiber erklärte, dass der Senat es als erwiesen ansieht, dass der 36Jährige die islamistische Terrormiliz Jamwa („Armee der Auswanderer und Helfer“) unterstützt hat. Demnach war Sven Lau spätestens seit 2013 Ansprechpartner und Anlaufstelle für Kampf- und Ausreisewillige, insbesondere aus der salafistischen Szene im Großraum Düsseldorf. In der Zeit von Juli 2013 bis November 2013 habe er maßgebliche Beiträge geleistet, zwei in Deutschland lebende Männer einer in Syrien stationierten Kampfeinheit der radikal-islamistischen Jamwa zuzuführen, die dem sogenannten Islamischen Staat nahesteht. Außerdem habe er drei Nachtsichtgeräte und 250 Euro beschafft. Das habe er unter dem Deckmantel, angeblich eine humanitäre Hilfsorganisation unterstützen zu wollen, gemacht.
Mit dem Urteil nach 53 Verhandlungstagen lag der Senat unter der Forderung der Bundesanwaltschaft, die Lau ein Jahr länger ins Gefängnis schicken wollte und ihn einen Überzeugungstäter nannte. Laus Verteidiger Mutlu Günal hatte zuvor einen Freispruch beantragt. Sein Man- dant sei von einem verurteilten Terroristen und notorischen Lügner belastet worden, der sich davon offenbar verspreche, früher aus dem Gefängnis freizukommen. Das sah das Gericht anders.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) begrüßte das Urteil. „Mit der Haftstrafe sendet unser Rechtsstaat ein deutliches Signal: Unterstützer des islamistischen Terrors gehören hinter Gitter“, sagte der Minister. Das sei angesichts der unverändert hohen Gefahr, die von extremistischen Salafisten ausgehe, wichtig. Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor eine Hochburg des Salafismus in Deutschland. Der Szene gehören in NRW laut Innenministerium rund 2900 Personen an – Tendenz steigend.
Bei vielen verläuft der Weg in den Salafismus schleichend. Auch bei Sven Lau war das so. Dass aus ihm einmal einer der bekanntesten Islamisten Deutschlands werden würde, war nicht unbedingt vorgezeichnet. Der gebürtige Mönchengladbacher wuchs in einer katholischen Familie auf, machte nach der Schule eine Ausbildung zum Industriemechaniker, absolvierte eine Grund- ausbildung bei Bundeswehr. Bis 2008 arbeitete er als hauptberuflicher Feuerwehrmann in Mönchengladbach. Aber schon 1999 konvertierte er zum Islam, gründete mit anderen Muslimen in Mönchengladbach-Eiken die as-Sunnah-Moschee. Er rief den mittlerweile aufgelösten salafistischen Verein „Einladung zum Paradies“ins Leben. Lau versuchte – zum Teil mit Erfolg – , deutsche Jugendliche zum Salafismus zu bekehren. Er galt als emotionaler Prediger. Ein Gutachter bescheinigte ihm eine „hohe suggesti-
„Mit der Haftstrafe sendet unser Rechtsstaat ein deutliches Signal“
NRW-Innenminister „Mein Mandant ist von einem Terroristen belastet worden“
Mutlu Günal ve Wirkung“. Im August 2010 zog eine Islamschule von Braunschweig nach Mönchengladbach um. Ein Schlüsselmoment, so der Richter, der die Weichen für Laus Weg in den Terrorismus stellte.
Als Gründer der „Scharia-Polizei“zog er 2014 mit Glaubensbrüdern in orangenen Warnwesten durch die Wuppertaler Innenstadt – und löste damit bundesweit Empörung aus. Der fünffache Familienvater gab sich gerne tugend- und sittenhaft und erklärte, dass ihm die Familie und die Ehe heilig seien. Ein Bild, das der Vorsitzende Richter gestern in Zweifel zog. Schreiber erklärte, dass Lau während seiner Untersuchungshaft mit einem Handy, das ins Gefängnis geschmuggelt wurde, heimlich mit einer 19-Jährigen kommunizierte. Lau hätte mit der jungen Frau geflirtet und ihr in Aussicht gestellt, mit ihr das Land zu verlassen, sobald er frei wäre.