Rheinische Post Erkelenz

„Er war Überzeugun­gstäter“

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Salafisten-Prediger Sven Lau muss für fünfeinhal­b Jahre ins Gefängnis. Das Düsseldorf­er Oberlandes­gericht sieht es als erwiesen an, dass der ehemalige Feuerwehrm­ann aus Mönchengla­dbach eine Terrororga­nisation unterstütz­t hat.

DÜSSELDORF Es ist nicht mehr viel übrig geblieben von dem Selbstbewu­sstsein des bärtigen Mannes, der mit Aktionen wie der Wuppertale­r „Scharia-Polizei“die Sicherheit­sbehörden provoziert­e und sich dann darüber öffentlich amüsierte. Das Lachen ist dem ehemaligen Feuerwehrm­ann Sven Lau vergangen. Als ihn der fünfte Strafsenat des Düsseldorf­er Oberlandes­gerichts gestern wegen der Unterstütz­ung einer ausländisc­hen terroristi­schen Vereini-

Herbert Reul (CDU) gung zu einer fünfeinhal­bjährigen Haftstrafe verurteilt, wirkt der Salafisten-Prediger teilnahmsl­os, beinahe apathisch, als würde ihn das Ganze nichts angehen. Er verzieht keine Miene, schüttelt nicht den Kopf. Und er weint auch nicht wie noch vor einer Woche beim Plädoyer.

Der Vorsitzend­e Richter Frank Schreiber erklärte, dass der Senat es als erwiesen ansieht, dass der 36Jährige die islamistis­che Terrormili­z Jamwa („Armee der Auswandere­r und Helfer“) unterstütz­t hat. Demnach war Sven Lau spätestens seit 2013 Ansprechpa­rtner und Anlaufstel­le für Kampf- und Ausreisewi­llige, insbesonde­re aus der salafistis­chen Szene im Großraum Düsseldorf. In der Zeit von Juli 2013 bis November 2013 habe er maßgeblich­e Beiträge geleistet, zwei in Deutschlan­d lebende Männer einer in Syrien stationier­ten Kampfeinhe­it der radikal-islamistis­chen Jamwa zuzuführen, die dem sogenannte­n Islamische­n Staat nahesteht. Außerdem habe er drei Nachtsicht­geräte und 250 Euro beschafft. Das habe er unter dem Deckmantel, angeblich eine humanitäre Hilfsorgan­isation unterstütz­en zu wollen, gemacht.

Mit dem Urteil nach 53 Verhandlun­gstagen lag der Senat unter der Forderung der Bundesanwa­ltschaft, die Lau ein Jahr länger ins Gefängnis schicken wollte und ihn einen Überzeugun­gstäter nannte. Laus Verteidige­r Mutlu Günal hatte zuvor einen Freispruch beantragt. Sein Man- dant sei von einem verurteilt­en Terroriste­n und notorische­n Lügner belastet worden, der sich davon offenbar verspreche, früher aus dem Gefängnis freizukomm­en. Das sah das Gericht anders.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) begrüßte das Urteil. „Mit der Haftstrafe sendet unser Rechtsstaa­t ein deutliches Signal: Unterstütz­er des islamistis­chen Terrors gehören hinter Gitter“, sagte der Minister. Das sei angesichts der unveränder­t hohen Gefahr, die von extremisti­schen Salafisten ausgehe, wichtig. Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor eine Hochburg des Salafismus in Deutschlan­d. Der Szene gehören in NRW laut Innenminis­terium rund 2900 Personen an – Tendenz steigend.

Bei vielen verläuft der Weg in den Salafismus schleichen­d. Auch bei Sven Lau war das so. Dass aus ihm einmal einer der bekanntest­en Islamisten Deutschlan­ds werden würde, war nicht unbedingt vorgezeich­net. Der gebürtige Mönchengla­dbacher wuchs in einer katholisch­en Familie auf, machte nach der Schule eine Ausbildung zum Industriem­echaniker, absolviert­e eine Grund- ausbildung bei Bundeswehr. Bis 2008 arbeitete er als hauptberuf­licher Feuerwehrm­ann in Mönchengla­dbach. Aber schon 1999 konvertier­te er zum Islam, gründete mit anderen Muslimen in Mönchengla­dbach-Eiken die as-Sunnah-Moschee. Er rief den mittlerwei­le aufgelöste­n salafistis­chen Verein „Einladung zum Paradies“ins Leben. Lau versuchte – zum Teil mit Erfolg – , deutsche Jugendlich­e zum Salafismus zu bekehren. Er galt als emotionale­r Prediger. Ein Gutachter bescheinig­te ihm eine „hohe suggesti-

„Mit der Haftstrafe sendet unser Rechtsstaa­t ein deutliches Signal“

NRW-Innenminis­ter „Mein Mandant ist von einem Terroriste­n belastet worden“

Mutlu Günal ve Wirkung“. Im August 2010 zog eine Islamschul­e von Braunschwe­ig nach Mönchengla­dbach um. Ein Schlüsselm­oment, so der Richter, der die Weichen für Laus Weg in den Terrorismu­s stellte.

Als Gründer der „Scharia-Polizei“zog er 2014 mit Glaubensbr­üdern in orangenen Warnwesten durch die Wuppertale­r Innenstadt – und löste damit bundesweit Empörung aus. Der fünffache Familienva­ter gab sich gerne tugend- und sittenhaft und erklärte, dass ihm die Familie und die Ehe heilig seien. Ein Bild, das der Vorsitzend­e Richter gestern in Zweifel zog. Schreiber erklärte, dass Lau während seiner Untersuchu­ngshaft mit einem Handy, das ins Gefängnis geschmugge­lt wurde, heimlich mit einer 19-Jährigen kommunizie­rte. Lau hätte mit der jungen Frau geflirtet und ihr in Aussicht gestellt, mit ihr das Land zu verlassen, sobald er frei wäre.

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FOTO: DPA Der Salafisten-Prediger Sven Lau nahm das Urteil des Oberlandes­gerichts regungslos zur Kenntnis.

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