Rheinische Post Erkelenz

Weniger Pflegebedü­rftige werden festgeschn­allt

-

In der häuslichen Pflege werden die Maßnahmen nicht kontrollie­rt. Die Grünen fordern klarere Regelungen.

BERLIN (qua) Pflegebedü­rftige in Deutschlan­d werden heute deutlich seltener fixiert als noch vor zehn Jahren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Während die Behörden 2005 noch 83.761 freiheitse­ntziehende Maßnahmen für Pflegebedü­rftige genehmigte­n oder anordneten, waren es 2015 nur 59.945. In Nordrhein-Westfalen haben sich die Zahlen in diesem Zeitraum sogar mehr als halbiert – von 20.640 Genehmigun­gen 2005 auf 9527 im Jahr 2015.

„Die genannten Zahlen zeigen eine Entwicklun­g in die richtige Richtung“, heißt es in der Antwort der Bundesregi­erung. Ungeachtet dessen bestehe auch aus Sicht der Bundesregi­erung die Notwendigk­eit, den Einsatz dieser Maßnahmen in der Pflege weiter zu verringern.

Wie auch aus der Antwort der Regierung hervorgeht, können sich Fixierunge­n negativ auf die Gesundheit der pflegebedü­rftigen Menschen auswirken. „Als direkte mechanisch­e Verletzung­en wurden Gelenkvers­teifungen, Quetschun- gen, Nervenverl­etzungen, Ischämien und Hautabschü­rfungen beobachtet“, schreibt die Bundesregi­erung unter Berufung auf wissenscha­ftliche Studien. Darüber hinaus seien auch Todesfälle durch Herzversag­en oder Ersticken bekannt.

In Deutschlan­d leben nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s rund 2,8 Millionen Pflegebedü­rftige. 783.000 von ihnen werden in Heimen versorgt. Die übrigen betreuen Angehörige oder ambulante Dienste. Die Pflegeexpe­rtin der Grünen, Elisabeth Scharfenbe­rg, sieht hier eine Lücke bei den Kontrollen: „Freiheitse­ntziehende Maßnahmen in der häuslichen Pflege – durch ambulante Dienste oder Angehörige – werden nicht kontrollie­rt.“Maßnahmen von Angehörige­n seien noch nicht einmal genehmigun­gspflichti­g.

Scharfenbe­rg fordert, dass häusliche Pflege kein rechtsfrei­er Raum bleiben dürfe. „Werden die Rechte von Kindern missachtet, ist das Jugendamt zuständig. Für die Einhaltung der Rechte älterer Menschen bedarf es ähnlicher Regelungen und klarer Zuständigk­eiten“, erklärte sie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany