Rheinische Post Erkelenz

Rekordzahl­en stärken neuen Bahnchef

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Richard Lutz legt ein um mehr als 17 Prozent verbessert­es Ergebnis vor, die Fahrgastza­hlen steigen, die Pünktlichk­eitswerte verbessern sich. Der Neue profitiert von der Strategie seines Vorgängers.

BERLIN Während gestern in Teilen der Republik wegen der schweren Unwetter der Bahnverkeh­r beeinträch­tigt war und zahlreiche Kunden an den Bahnsteige­n lange oder gar vergeblich auf ihre Züge warten mussten, lief für den Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, alles nach Fahrplan: Bei der Vorstellun­g der Halbjahres­zahlen konnte der Vorstandsv­orsitzende, der in Perso-

Der Güterverke­hr und die Besetzung zweier Vorstandsp­osten

bleiben die Bahn-Sorgenkind­er.

nalunion auch die Rolle des Finanzvors­tands innehat, hervorrage­nde Halbjahres­daten abliefern: Die Zahl der Bahn-Fahrgäste in Deutschlan­d stieg verglichen mit der ersten Jahreshälf­te 2016 um 2,4 Prozent auf 1,03 Milliarden. Auch der Fernverkeh­r mit ICE und IC legte zu und erreichte den Rekordwert von 68,3 Millionen Fahrten. Der Konzernums­atz legte um 5,2 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro zu, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern belief sich auf 1,2 Milliarden Euro – ein Plus von 17,1 Prozent. Auch in Sachen Pünktlichk­eit konnte Lutz Verbesseru­ngen verkünden: Im Fernverkeh­r kamen 81 Prozent der Züge pünktlich an – hatten also der Definition der Bahn folgend weniger als sechs Minuten Verspätung. Das ist ein Plus von 2,6 Prozentpun­kten gegenüber dem ersten Halbjahr 2016. Im Regionalve­rkehr blieb die Pünktlichk­eitsquote unveränder­t bei 93,2 Prozent.

Lutz erklärte in seinen Ausführung­en, das Konzernpro­gramm „Zukunft Bahn“sei erfolgreic­h und der richtige Weg. Übersetzt könnte man auch sagen: Der Neue erntet die Früchte einer Unternehme­nsstrategi­e, die sein Vorgänger Rüdiger Grube auf die Schiene gesetzt hatte. Und so fügte Lutz schnell an, dass zwar einiges gelungen sei, „woanders haben wir noch Herausford­erungen“.

Eines der Hauptsorge­nkinder bleibt der Schienengü­terverkehr. Die Transportl­eistung ging leicht um 0,2 Prozentpun­kte zurück. Allerdings darf man dies getrost als Stabilisie­rung werten. Zumal der Bund angekündig­t hat, durch einen großzügige­n Zuschuss in Höhe von 350 Millionen Euro die Gebühren für die Trassennut­zung im kommenden Jahr zu halbieren. Zumindest in Deutschlan­d sei in dem Segment das erste operative Wachstum seit fünf Jahren verzeichne­t worden.

Lutz’ zweite große Baustelle bleibt der engste Kollegenkr­eis: Eigentlich sollten schon längst die beiden vakanten Vorstandsp­osten für eben jenen schwierige­n Bereich „Güterverke­hr und Logistik“sowie für „Digitalisi­erung“gefunden sein. Doch hinter den Kulissen ist eine Schlammsch­lacht entbrannt. Eine für die Personalie­n angesetzte Aufsichtsr­atssitzung wurde kürzlich wieder abgesagt.

Der Hintergrun­d: Beim Staatskonz­ern Bahn ist der Wahlkampf ausgebroch­en. In einer Nebenabred­e zum Koalitions­vertrag wurde festgelegt, dass die Union über Bahn-Vorstandsp­osten, die SPD hingegen über Neubesetzu­ngen bei der Bundesagen­tur für Arbeit entscheide­n darf. An diese Absprache fühlen sich die wahlkämpfe­nden Sozialdemo­kraten aber offenbar nur noch bedingt gebunden.

Unstrittig ist wohl die Besetzung des Digital-Postens mit der in Aachen lehrenden Informatik-Professori­n Sabina Jeschke, die als Koryphäe im Bereich der künstliche­n Intelligen­z und Robotik und damit als Idealbeset­zung für den Vorstandsp­osten gilt.

Strittig ist der zweite Bereich: Wie aus dem Umfeld des Aufsichtsr­ats verlautete, gilt Cargo-Chef Jürgen Wilder zwar als aussichtsr­eicher Kandidat. Allerdings kommen aus dem SPD-Lager Bedenken. Nicht nur, dass Wilder die Güterverke­hrsMisere mitzuveran­tworten hat. Die Sozialdemo­kraten wünschen sich auch eine weitere Frau im Vorstand. Denkbare Kandidatin wäre die Chefin der Berliner Verkehrsbe­triebe, Sigrid Nikuta, die das Unternehme­n aus dem Schuldensu­mpf geführt hat und auch als mögliche GrubeNachf­olgerin gehandelt wurde.

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FOTO: DPA Grund zur guten Laune hatte Bahnchef Richard Lutz gestern bei der Vorstellun­g der Halbjahres­zahlen. Das Programm „Zukunft Bahn“kommt voran.

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