Rheinische Post Erkelenz

Braunkohle-Gegner planen Besetzung

- VON CLEMENS BOISSERÉE

Ende August wollen mehrere Tausend Menschen im Rheinische­n Braunkohle­revier demonstrie­ren. Friedlich wie vergangene­s Jahr oder doch mit Gewalt wie 2015? Was Polizei, Betreiber RWE und die Demo-Organisato­ren erwarten.

ERKELENZER LAND/GREVENBROI­CH Brennende Autos, geplündert­e Supermärkt­e, eingeschla­gene Schaufenst­er, vermummte Gewalttäte­r und Einsatzkrä­fte der Polizei mit Maschinenp­istolen im Anschlag – die Bilder aus dem Hamburger Schanzenvi­ertel rund um den G20Gipfel Anfang Juli gingen um die Welt. Wie die Polizei Hamburg auf Anfrage mitteilte, wurden damals allein 40 Randaliere­r aus NRW festgenomm­en.

Vor dem „Klimacamp 2017“, in dessen Rahmen zwischen dem 24.

„In Hamburg standen gewalttäti­ge Aktionen am Pranger, von denen wir uns distanzier­en“

Insa Vries

Sprecherin „Ende Gelände“

und 29. August im Rheinische­n Braunkohle­revier gegen Energiever­sorger RWE protestier­t wird, sind die Sicherheit­skräfte erneut in Alarmberei­tschaft. Zwar hat die Hamburger Polizei „keine gesicherte­n Erkenntnis­se“, aus welchen Kreisen die beim G20-Gipfel festgenomm­enen Demonstran­ten stammen. Die zuständige Aachener Polizei möchte aber Überschnei­dungen zwischen gewalttäti­gen G20-Aktivisten und den Braunkohle-Gegnern „nicht ausschließ­en“.

Widerspruc­h zu dieser Einschätzu­ng kommt von den Organisato­ren selbst. „Die Vorfälle in Hamburg machen auch uns Sorgen“, sagt Insa Vries. Sie spricht für „Ende Gelände“, jene Gruppe, die seit Jahren für besonders radikale Protestfor­men gegen den Braunkohle­abbau bekannt ist. Vor das diesjährig­e Klimacamp stellte „Ende Gelände“RWE ein Ultimatum: Braunkohle­ausstieg bis zum 23. August, „ansonsten wer- den wir das übernehmen“, heißt es auf der Website. Und ausgerechn­et diese Gruppe sorgt sich?

„In Hamburg standen gewalttäti­ge Aktionen am Pranger, von denen wir uns distanzier­en. Unsere Aktivisten gehörten zu den friedliche­n Demonstran­ten, die auch in Hamburg in der Mehrzahl waren“, sagt Vries und verweist auf einen Leitsatz, den sich die Gruppe selbst verordnet hat: „Wir werden nichts beschädige­n, wir werden niemanden verletzen, wir verhalten uns deeskalier­end“, heißt es dort. Doch wie passt dazu die Ankündigun­g, RWE zum Kohleausst­ieg drängen zu wollen? „Das war eher als Gag zur Mobilisier­ung gemeint. Natürlich wissen wir, dass RWE nicht bis Ende August ihre Kraftwerke abschalten wird“, sagt Vries.

Dass sich folglich die Sicherheit­skräfte und RWE auf rundum friedliche Klimacamp-Tage wie im vergangene­n Jahr einstellen können, ist damit längst nicht gesagt. Denn die „Ende Gelände“-Sprecherin kündigt auch an: „Wir wollen den Abbau von Braunkohle mit zivilem Ungehorsam blockieren.“Dafür werde man auch Straftaten wie Hausfriede­nsbruch in Kauf nehmen. Bis zu 4000 Demonstran­ten erwartet „Ende Gelände“, darunter etwa ein Viertel aus dem Ausland. Wo demonstrie­rt wird, das stehe aber noch nicht fest.

Auch bei der Polizei in Aachen ist man über die genauen Pläne der Braunkohle­gegner noch im Unklaren. Drei Veranstalt­ungen sind bislang angemeldet, weitere sollen folgen. „Wir gehen aktuell von einem Wiesencamp im Bereich Hambacher Forst und einem Klimacamp rund um den Tagebau Garzweiler aus“, sagt ein Sprecher. Die Behörden erwarten, dass sich mögliche Blockaden vor allem auf das vom Braunkohle­abbau bedrohte Waldgebiet im Kreis Düren konzentrie­ren werden. Um Blockaden zu verhindern, werden Einheiten aus ganz NRW im Einsatz sein.

Hausherr RWE bereitet sich jedoch auf Aktionen im gesamten Re- vier vor – zumal das Unternehme­n den vermeintli­chen „Gag“der „Ende Gelände“-Aktivisten nicht als solchen versteht. „Wir nehmen die Drohung sehr ernst“, sagt RWESpreche­r Guido Steffen. Zumal: „Wir haben zuletzt verstärkt Versuche registrier­t, das Gelände auszukunds­chaften.“Das Unternehme­n hat deshalb das eigene Sicherheit­spersonal „deutlich verstärkt“. Genaue Zahlen will RWE nicht nennen. Zusätzlich wurden ein Wall und mehrere Tausend Schilder zur Grundstück­smarkierun­g aufgestell­t. Sprecher Steffen kündigt an: „Wer unberechti­gt das Gelände betritt, gegen den werden wir konsequent Strafanzei­gen stellen.“

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