Rheinische Post Erkelenz

Ein Autor gesteht seine Liebe zum Buch

- VON INGE SCHNETTLER

Was hat das Buch, was das E-Book niemals bieten kann? Eine Menge, findet der Schriftste­ller Burkhard Spinnen. Er hat eine Hommage an das Buch geschriebe­n. In 42 Geschichte­n beschreibt er seine Sehnsucht, seine Liebe, seine Sucht.

Es ist an der Zeit, über ein besonderes Buch zu schreiben. Es ist eine eindringli­che Liebeserkl­ärung an das Buch, an das geschriebe­ne, auf Papier gedruckte und in Buchdeckel gefasste Wort. Burkhard Spinnen hat es geschriebe­n – in 42 kurzen Geschichte­n offenbart der Schriftste­ller, der in Mönchengla­dbach geboren wurde und heute in Münster lebt, seine Leidenscha­ft zum Buch. Sehr persönlich schildert er Begegnunge­n mit dem neuen Buch, dem alten Buch, dem beschädigt­en Buch, auch mit dem richtigen und dem falschen Buch und dem verliehene­n und dem verschwund­enen Buch. Über allem schwebt die bange Frage, ob die Buchkultur auf ihr Ende zugeht, ob das gedruckte Buch vom E-Book abgelöst wird. So wie Traktoren und Autos das Pferd nach 1900 vollständi­g und unwiederbr­inglich als Nutztier ablösten. Es ist ein sehr persönlich­es Bekenntnis zum Buch, das der Buchliebha­ber und -sammler Burkhard Spinnen abgibt. Schauen wir hinein.

„Bücher waren meine Begleiter, meine Mitbewohne­r, meine Helfer, meine Freunde, und sie sind es bis heute“, schreibt der Autor im einführend­en Kapitel. Und: „Dass es mir gelungen ist, selbst Bücher zu schreiben, war und bleibt die Erfüllung meines kühnsten Traums.“So hat er sich in diesem Buch, dem er den Titel „Das Buch“gegeben hat, auf unterhalts­ame, niemals langweilig­e, oft amüsante Weise gleichzeit­ig als Buchliebha­ber und als Buchschrei­ber mit seiner unstillbar­en Lust am Buch, die in seinem Fall zur Sucht wurde und blieb, auseinande­rgesetzt.

Was hat das Buch, was das E-Book niemals bieten kann? Eine ganze Menge, findet Burkhard Spinnen. Neue Bücher riechen neu, wonach riecht das elektronis­che Buch? Alte Bücher sind voller Spuren ihrer Ver- gangenheit. „Mir persönlich vermittelt das alte Buch – und das mit ungeheurer Wucht – vor allem die Tatsache, dass es einen, zwei oder noch viel mehr Besitzer überlebt hat“, schreibt Burkhard Spinnen. Ein Buch kann auch unvollstän­dig sein. Damit hat der Autor bittere Erfahrunge­n gemacht. Jahrelang hatte er die Bücher von Peter Altenberg gesammelt. Obwohl er seiner Frau versproche­n hatte, in Sachen Bücherkauf zurückhalt­ender zu sein, konn- te sich aber nicht daran hindern, ein Exemplar von Altenbergs erster Veröffentl­ichung „Wie ich es sehe“in seltener Erstausgab­e in einem Antiquaria­t in Zürich zu erwerben. Leider war dieses Buch unvollstän­dig, weshalb Spinnen es nie wirklich mochte. Er empfindet es als „Sarg aus Papier für die verstümmel­te Leiche eines Textes“.

Das sein Stöbern nach Büchern zur Sucht werden und arm machen kann, hat der Autor früh zugestan- den. Dass es auch krank machen kann, hat er bei seinen vielen Bücher-Suchen auf ungezählte­n Flohmärkte­n festgestel­lt. „Am Morgen der Flohmarktt­age stand ich früh auf, trank kaum eine Tasse Kaffee und aß nichts, so wach war ich schon und so nervös. Stunden später hatte ich schmutzige Hände, mein Rücken tat weh, und mir gehörten ein paar Bücher, von denen ich vorher vielleicht nicht einmal gewusst hatte, dass sie existieren.“

Das Buch „Das Buch“von Burkhard Spinnen hat das Zeug, zum echten Lieblingsb­uch zu werden, um immer und immer mal wieder aus dem Regal genommen und liebevoll durchgeblä­ttert und gelesen zu werden. Burkhard Spinnen, Das Buch, Schöffling & Co. Verlagsbuc­hhandlung GmbH, Frankfurt am Main 2016; Illustrati­onen von Line Hoven; ISBN 9783-89561-046-3; 15 Euro

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RP-ARCHIVFOTO: REICHARTZ Burkhard Spinnen kam im vergangene­n Jahr in seine Heimatstad­t Mönchengla­dbach und suchte nach Orten seiner Kindheit und Jugend.

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