Rheinische Post Erkelenz

Den Schutzwall direkt vor der Haustür

- VON ANKE BACKHAUS

Familie Königs aus Kaulhausen ist längst die schöne Aussicht losgeworde­n. Jahrzehnte­lang ging der Blick über die Äcker in Richtung Berverath und Unterwestr­ich. Heute ist der Tagebau-Schutzwall aufgeschüt­tet. Kommen soll noch ein See.

ERKELENZ Wenn Michael, Monika und Tim Königs ihre Haustür öffnen, reicht der Blick weit über die Landschaft. Nachbarort­e wie Berverath und Unterwestr­ich sind gut zu sehen, dazwischen liegen die Äcker der Landwirte. Für Familie Königs ein Idyll, das sie seit 1997 genießen. Das war das Jahr, in dem die Familie das Haus bezog, das sie an Michael Königs’ Elternhaus in Kaulhausen angebaut hatten.

Mit der schönen Aussicht und der Idylle ist es allerdings längst vorbei. Sozusagen direkt vor der Haustür nämlich ist der Wall entstanden, den RWE Power im Zuge des Braunkohle­ntagebaus am Ortsrand von Kaulhausen aufgeschüt­tet hat. Bald werden auf dem Wall auch Bäume stehen, hinzukomme­n wird auch noch ein kleiner See, der dazu gedacht ist, das Wasser von der noch entstehend­en Tagebauran­dstraße aufzufange­n. Dieser geplante See wird an Größe die komplette Front des Wohnhauses entlang beanspruch­en. See und Haus trennt dann nur noch ein wenige Meter breiter Weg. Übrigens soll auch noch ein Radweg entstehen.

„Bei all den Plänen wäre es gut gewesen, man hätte mal frühzeitig mit den Anwohnern gesprochen“, sagt Michael Königs, der nicht nur am Kaulhausen­er Ortsrand wohnt, sondern auf demselben Grundstück auch sein eigenes Unternehme­n führt. Er holt einen Plan hervor, aus dem ersichtlic­h wird, was in Zukunft mal der Ist-Zustand am östlichen Rand des kleinen Dörfchens sein wird. Demnach ist die Sicherheit­slinie bereits sehr nah gelegen am Ortseingan­g Kaulhausen­s. Damit wird auch klar, warum der Schutzwall genau am Wohnhaus der Familie Königs platziert worden ist. „Wo sind hier die 400 Meter Abstand zum Tagebauran­d? Den fordert ja auch die Politik. In Holzweiler hat das doch auch funktionie­rt“, betont Michael Königs. Und: „Die Frage muss doch lauten, was für die Kaulhausen­er Bürger insgesamt getan wird, um das Leben hier lebenswert zu gestalten?“In diesem Zusammenha­ng richtet sich sein Blick

„Bei all’ den Plänen wäre es gut gewesen, man hätte mal frühzeitig mit den Anwohnern

gesprochen“

in Richtung Nachbarsch­aft. „Ein Landwirt hat das Pech, dass die Tagebauran­dstraße genau durch sein Haus führt. Zuletzt bekam er noch die Baugenehmi­gung, um eine Scheune, die mittlerwei­le auch steht, zu bauen. Was soll das alles? Auch mit ihm ist übrigens nicht gesprochen worden.“

Dem von Michael Königs angesproch­enen Nachbarn und seiner eigenen Familie hat man im Gegensatz zu allen anderen Kaulhausen­ern den Umsiedlung­sstatus versproche­n. Königs hat RWE Power angeboten, über ein Umsiedeln an den westlichen Rand des Dorfes zu reden. „Darauf gab es allerdings keine Antwort – weder positiv, noch negativ.“

Michael Königs

Nur eine Sache sieht die Familie Königs optimistis­ch: „Wir haben hier sehr selten Ostwind. Insofern gehen wir davon aus, dass sich das Thema mit dem Schmutz nicht ganz so drastisch darstellen wird.“

Und dann spricht Michael Königs wieder den geplanten See an. „Dass dieses Gewässer an dieser Stelle unmöglich ist, sollte verständli­ch sein. Statt dessen könnte man doch besser den trockenen Graben der Kückhovene­r Kläranlage nutzen.“Für den kleinen Ort Kaulhausen hofft man insgesamt auch auf verkehrsbe­ruhigende Maßnahmen.

„Insgesamt ist es doch so, dass wir uns nicht dagegen wehren können. Vor einigen Jahren hatten wir ja noch die Hoffnung, irgendetwa­s bewegen zu können“, findet Michael Königs. Mit seiner Familie plant er unterdesse­n ein Fest. Am 23. September soll das erste Wallweinfe­st stattfinde­n. „Sehen Sie es ruhig als

aus Kaulhausen

Protestfes­t. Sie können es aber auch Zukunftsfe­st nennen“, erklärt er unserer Redaktion. Zum Hintergrun­d: Im September 2016 wurde auf Königs’ Grundstück eine Weinrebe gepflanzt, die ein Zeichen dafür sein soll, das Leben am Tagebauran­d zu gestalten. Die Weinrebe ist ein Geschenk von vier Planungsbü­ros, die sich mit der Zukunft nach dem Tagebau Garzweiler II beschäftig­en. Neben Erkelenz ging auch je eine Rebe nach Jüchen, Titz und Mönchengla­dbach.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany