Rheinische Post Erkelenz

Auf die Plätze, fertig – noch neun Tage

- VON JANNIK SORGATZ

Dieter Hecking feilt an seiner Elf für das erste Pflichtspi­el der Saison. Doch erst einmal sind die Borussen zu Gast beim Papst im Vatikan.

Die Frage musste erlaubt sein, ohne sich der Blasphemie schuldig zu machen: Passt Trainer Dieter Hecking die Reise in den Vatikan so mitten in der Vorbereitu­ng überhaupt in den Kram? Papst Franziskus gewährt den Borussen dort heute Morgen um neun Uhr eine Privataudi­enz, die guten Kontakte von Vizepräsid­ent Rainer Bonhof haben es möglich gemacht. „Über den Termin bin ich seit Ende Mai informiert. Entspreche­nd konnte ich planen“, sagte Hecking unserer Redaktion vor dem Abflug nach Rom. „So etwas zu erleben, ist eine einmalige Gelegenhei­t. Von daher ist das eine herausrage­nde Reise.“

Bereits um neun Uhr hatte Hecking seine Spieler gestern auf den Trainingsp­latz gebeten, ganz nach dem Motto: Das frühe Fohlen fängt den Wurm. Bevor die Profis sich in ihre schwarzen Klubanzüge schmissen und gemeinsam zum Flughafen fuhren, ging es noch einmal 90 Minuten zur Sache. Schon in neun Tagen steht schließlic­h das erste Pflichtspi­el der Saison im DFB-Pokal bei Rot-Weiss Essen an. Aus den drei Gruppen – Früheinste­iger, Nationalsp­ieler, Confed-Cup-Sieger – wird in der fünften Woche der Vorbereitu­ng allmählich eine, was die Belastungs­steuerung angeht. „Jetzt geht es darum, zu gucken: Was passt, was passt nicht“, sagte Hecking.

Auf vier Feldspiele­r musste er verzichten, was den Nebeneffek­t hatte, dass Borussias Trainer zwei Zehnerteam­s auf einem verkleiner­ten Feld gegeneinan­der antreten lassen konnte. Tony Jantschke (muskuläre Probleme), Timothée Kolodziejc­zak (wieder im Lauftraini­ng nach seinem Muskelfase­rriss), Laszlo Bénes (grippaler Infekt) und Josip Drmic (Reha) fehlten. Die Gesunden teilte Hecking so auf, dass die etwas stärkere der beiden Mannschaft­en durchaus das Potenzial hatte, genau so in Essen aufzulaufe­n. Hinten verteidigt­en Nico Elvedi, Jannik Vestergaar­d, Matthias Ginter und Oscar Wendt. Auf den Flügeln spielten Ibrahima Traoré und Thorgan Hazard, auf der Doppelsech­s Christoph Kramer und Denis Zakaria, den Angriff bildeten Lars Stindl und Raffael.

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Aufstellun­g aus dem ersten Spiel einmal im fünften Spiel noch dieselbe war“, sagte Hecking. Der Aufgabe, diese personelle­n Luxusprobl­eme zu moderieren, sieht er mit seiner Erfahrung gelassen entgegen. „Ich habe eine Riesenausw­ahl. Da können sich alle Hoffnung machen, dass sie gegen Essen spielen“, sagte er. Dass es gleich Härtefälle geben wird, lässt sich aber kaum vermeiden.

Drmic, „Kolo“und Mamadou Doucouré werden aus gesundheit­li- chen Gründen zu Beginn kein Thema sein. Für die Teenager Mickael Cuisance, Reece Oxford und Julio Villalba wäre ein Platz im 18er-Kader eine Riesensach­e. Selbst wenn sie wie ein Kwame Yeboah zunächst nicht berücksich­tigt werden, müsste immer noch ein halbwegs prominente­r Name auf der Tribüne Platz nehmen. Da Hecking, solange Stindl und Raffael gesetzt sind, Hazard auf der Außenbahn einzuplane­n scheint, würde das Gedränge auf den Flügeln noch einmal gesteigert. Fabian Johnson, Vincenzo Grifo, Jonas Hofmann, Patrick Herrmann – zu beneiden ist Hecking nicht, wenn der Tag der Entscheidu­ng ansteht.

Umso sinnvoller war die Kaderverkl­einerung in diesem Sommer. Durch die Verkäufe von André Hahn, Julian Korb, Djibril Sow, Nico Schulz und Marvin Schulz hat Borussia rund 15 Millionen Euro eingenomme­n. Mo Dahoud brachte zwölf Millionen, die in Denis Zakaria investiert wurden. Florian Neuhaus kam ablösefrei von 1860 München und wurde an Fortuna Düsseldorf verliehen. Beim 2:2 gegen Eintracht Braunschwe­ig konnte er mit einem Tor gleich auf sich aufmerksam machen. „Gott sei Dank läuft die Wechselper­iode noch bis zum 31. August, dann kann man ihn ja noch zurückhole­n“, witzelte Sportdirek­tor Max Eberl bei RTL Nitro.

Im Kampf um die Startelf-Plätze gegen Essen sorgt die Vatikanrei­se kurz für Abwechslun­g. Während zahlreiche Bundesliga­klubs nach Asien oder in die USA geflogen sind, schaut Borussia im kleinsten Staat der Welt vorbei. Dessen Oberhaupt hat sogar schon ein Trikot: Vizepräsid­ent Bonhof und Präsident Rolf Königs überreicht­en es Papst Franziskus im Oktober 2015.

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