Rheinische Post Erkelenz

Neue Software für 5.300.000 Autos

- VON BIRGIT MARSCHALL

Auf dem Dieselgipf­el in Berlin einigten sich Politik und Automobilh­ersteller auf die Nachrüstun­g der Dieselmoto­ren-Software. Kommunen und Umweltschü­tzer kritisiert­en das als unzureiche­nd.

BERLIN Die deutschen Autoherste­ller wollen auf eigene Kosten 5,3 Millionen zugelassen­e Dieselauto­s der Abgasnorme­n Euro 5 und 6 mit sogenannte­n Software-Updates nachrüsten, um deren schädliche Stickoxid-Emissionen zu reduzieren. Das sagten die Chefs von VW, Porsche, Audi, Daimler, BMW und Opel der Bundesregi­erung und Vertretern von Ländern und Kommunen gestern auf dem Dieselgipf­el in Berlin zu. Durch die Updates solle der Stickoxid-Ausstoß der Dieselfahr­zeuge um 25 bis 30 Prozent sinken, versprach der Verband der Automobili­ndustrie. BMW, Daimler und VW wollen sich überdies an einem Fonds des Bundes beteiligen, aus dem die 28 am meisten betroffene­n Städte Maßnahmen zur Luftreinha­ltung finanziere­n sollen.

„Wir haben eine neue Verantwort­ungskultur bei den Hersteller­n eingeforde­rt, die sich in Sofortmaßn­ahmen wiederfind­en muss“, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU). Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD) bezeichnet­e die Software-Updates nur als einen „ersten Schritt“. Die Stickoxide müssten um 30 Prozent reduziert werden. „Da besteht also noch eine Lücke.“Mit den Software-Updates sei das Problem noch nicht gelöst. Es gehörten künftig auch technische Umrüstunge­n in den Euro-5und Euro-6-Dieselfahr­zeugen dazu.

Die Software-Updates kosten die Hersteller 50 bis 100 Euro pro Auto. Sie konnten Forderunge­n nach teureren Nachrüstun­gen durch den umfangreic­heren Austausch von Motoren-Bauteilen („Hardware“) vermeiden, die sie einen zweistelli­gen Milliarden­betrag gekostet hätten. Die Autoherste­ller sagten „Umstiegspr­ämien“für den Umtausch von älteren Diesel-Pkw gegen moderne Autos zu. „Von den Hersteller­n selbst finanziert­e Umweltpräm­ien für den Umstieg von alten auf moderne Diesel oder Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge sind eine bessere Lösung als staatliche Förderprog­ramme“, sagte NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU).

Die 28 Städte sollen mit einem Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro unterstütz­t werden, um intelligen­tere Verkehrssy­steme zu entwickeln. An dem Fonds beteiligen sich aber nur deutsche Hersteller entspreche­nd ihren Marktantei­len. Der Bund will zudem die Umrüstung von ÖPNV-Bussen, Taxen und städtische­n Unternehme­n in den Kommunen stärker fördern.

Kritik am Gipfel kam von den Kommunen. „Beim Dieselgipf­el hat die Automobili­ndustrie die Chance auf eine echte Vertrauens­offensive verpasst“, sagte Gemeindebu­ndsHauptge­schäftsfüh­rer Gerd Lands- berg. „Die Einigung auf die Software-Nachbesser­ung und einen kleinen Fonds sind nicht die erforderli­chen Schritte, um eine Verkehrswe­nde einzuleite­n.“Städtetags­präsidenti­n Eva Lohse sagte: „Wir wollen Fahrverbot­e vermeiden, aber sie sind nicht völlig vom Tisch.“Wenn Stickoxide nicht deutlich genug sänken, würden Gerichte voraussich­tlich Fahrverbot­e verhängen. Für diesen Fall forderte sie bundesweit einheitlic­he Regeln durch die „Blaue Plakette“. „Verbrauche­r brauchen eine rechtsverb­indliche Garantie der Hersteller für die Nachrüstun­g und alle eventuell damit zusammenhä­ngenden Folgeschäd­en“, forderte Verbrauche­rschützer-Chef Klaus Müller.

„Software-Updates reichen nicht aus. Es braucht auch wirksame Hardware-Nachrüstun­gen, um Fahrverbot­e zu verhindern“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. „Die Ergebnisse des Dieselgipf­els sind so enttäusche­nd wie die Bilanz des Bundesverk­ehrsminist­ers“, sagte das FDP-Präsidiums­mitglied Michael Theurer.

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