Rheinische Post Erkelenz

Herrlich macht Leverkusen Mut

- VON ROBERT PETERS

Bayern München eröffnet die 55. Bundesliga-Saison heute Abend als klarer Favorit.

MÜNCHEN/DÜSSELDORF Es gibt Zahlen, die können einem „schon auch“(Jogi Löw) ein bisschen Angst machen. Solche zum Beispiel: Seit 2002 eröffnet der deutsche Meister die Bundesliga-Saison. Zehnmal war das der FC Bayern München, fünfmal in Folge seit 2013. In diesen Spielen gab es einmal ein Unentschie­den – 2009 ein 2:2 gegen den Hamburger SV. Neunmal gewannen die Bayern, meist ziemlich deutlich – zuletzt 6:0 gegen Werder Bremen und 5:0 gegen Hamburg. Heiko Herrlich kennt diese Zahlen. Aber Bayer Leverkusen­s Trainer hat auch im Seminar „Positives Denken“gut aufgepasst. Deswegen sagt er vor dem Gastspiel in der Arena von Fröttmanin­g (heute, 20.30 Uhr/ ZDF): „In München muss es heißen: Mist, dass wir jetzt direkt gegen Bayer spielen.“

Aus den Vorstellun­gen der zurücklieg­enden Saison kann Herrlich dieses Selbstbewu­sstsein sicher nicht beziehen. Da war er allerdings auch noch hauptberuf­lich damit beschäftig­t, Jahn Regensburg in die zweite Liga zu führen. Vermutlich hätten die Bayern ihn schon damals nicht erschrecke­n können. Jedenfalls hätte er es nicht zugegeben. Als Bundesliga-Coach wählt er ganz selbstvers­tändlich die eher mutige Tonart. „Wir sehen es nicht olympisch, nach dem Motto: Dabei sein ist alles“, versichert der Trainer, „was ist wichtig: dass wir unseren Stärken vertrauen und versuchen, sie einzusetze­n.“

Wahrschein­lich hat sich Viktor Skripnik vor einem Jahr in der Mannschaft­sbesprechu­ng von Werder Bremen ganz ähnlich ausgedrück­t. Der Öffentlich­keit hat er zumindest verraten, dass er sich eine „mutige Mannschaft“wünsche. Die weitere Geschichte dieses ersten Spieltages der Saison 2016/17 belegt, dass nicht jeder Wunsch in Erfüllung geht – schon gar nicht in der Münchner Arena. Das 0:6 war Auftakt für eine prächtige Serie von Bremer Niederlage­n, die mit Skripniks Entlassung endete.

Herrlich muss einstweile­n keine dramatisch­en Folgen befürchten, wenn es zum Einstand keinen Erfolg bei den Bayern geben sollte. Zu verlieren hat er (noch) nichts. Sein Kollege Carlo Ancelotti schon. Der Ita- liener hat die Münchner in seiner ersten Saison zwar locker zur Meistersch­aft geführt, aber auf der ganz großen Bühne, in der Champions League, hat er keinen bleibenden Eindruck hinterlass­en.

Schon betrachten sehr aufmerksam­e Beobachter des Vereins die Aufstockun­g seines Trainer-Teams um Willy Sagnol und die Installier­ung des Sportdirek­tors Hasan Salihamidz­ic als die Einrichtun­g einer doppelten Kontrollin­stanz. Sagnol fiel vor seiner Verpflicht­ung durch öffentlich­e Kritik an Ancelotti auf, den er für den „Mangel an fußballeri­scher Identität“verantwort­lich machte. Salihamidz­ic gilt dagegen eher als Gute-Laune-Onkel, der freilich ein Herz für junge Spieler hat. Das wiederum soll Ancelotti künftig beweisen. Präsident Uli Hoeneß hat in der Sommerpaus­e vorsichtig festgestel­lt: „Ob Carlo Ancelotti die Aufbauarbe­it will und macht, werden wir erst in diesem Jahr sehen.“Das darf man getrost als Auftrag verstehen.

Viele Trainer würden derartige Ansagen um die gesunde Nachtruhe bringen, Carlo Ancelotti nicht. „Wir freuen uns, dass die Saison beginnt“, sagt der Italiener. Die Verletzten­liste (Jerome Boateng, Thiago, Javi Martínez, James, Juan Bernat) kommentier­t er mit einem lässigen: „Kein Problem.“Und zur holprigen Vorbereitu­ng mit anschließe­ndem Aufwärtstr­end im Supercup und im Pokal stellt er knapp fest: „Alles im Plan.“

Wer ihn aus der Fassung bringen will, der braucht sicher mehr als einen neuen Co-Trainer und einen Sportdirek­tor.

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FOTO: DPA Erster Bundesliga-Einsatz als BayerTrain­er: Heiko Herrlich

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