Rheinische Post Erkelenz

Easyjet greift nach Düsseldorf

- VON MICHAEL BRÖCKER UND REINHARD KOWALEWSKY

Der britische Billigflie­ger will einen großen Teil der nationalen Strecken von Air Berlin am Düsseldorf­er Flughafen übernehmen. Derweil hat die Berliner Fluglinie begonnen, USA-Flüge für 333 Euro anzubieten.

DÜSSELDORF Für die Fluglinie Air Berlin, die vergangene Woche Insolvenz angemeldet hat, zeichnet sich eine Lösung ab. Danach wird es womöglich für einen großen Teil der innerdeuts­chen und innereurop­äischen Flüge einen in Düsseldorf völlig neuen Anbieter geben. Easyjet, zweitgrößt­e Billig-Airline Europas hinter Ryanair, gilt als ernsthafte­r Interessen­t, um genau die Teile des Düsseldorf­er Streckenne­tzes von Air Berlin zu kaufen, die die anderen Interessen­ten Eurowings und Lufthansa wegen Rücksicht auf das Kartellrec­ht nicht übernehmen dürfen.

Dies wären beispielsw­eise die Verbindung­en von der NRW-Landeshaup­tstadt nach München, Berlin-Tegel, Zürich, Hamburg, Kopenhagen oder auch nach Malaga. Es könnte sein, berichten Branchenin­sider, dass Easyjet die Hälfte der aktuell rund 70.000 Slots von Air Berlin in Düsseldorf erhält. „Überall dort, wo Air Berlin bisher einziger oder mit Abstand wichtigste­r Wettbewerb­er von Eurowings war, würden die Kartellbeh­örden eine Streckenüb­er- tragung auf Eurowings sowieso nicht hinnehmen“, heißt es in der Branche, „da bietet sich Easyjet als Käufer an.“

Lufthansa ist als Bieter für die Langstreck­enflüge insbesonde­re in die USA praktisch gesetzt. So könnten die Air-Berlin-Strecken nach Miami, Fort Lauderdale oder Fort Myers in Florida fortgeführ­t werden. Der deutsche Marktführe­r und Discountab­leger Eurowings wollen wohl auch einige Kurzstreck­en ab Düsseldorf übernehmen – das bietet sich zu Zielen an, die Eurowings nicht im Angebot hat, etwa Kopenhagen oder Florenz.

Verbrauche­rschützer, Luftfahrte­xperten und Piloten würden einen Einstieg von Easyjet in Düsseldorf grundsätzl­ich begrüßen. „Wenn mit Easyjet ein Anbieter von relativ günstigen Tickets ab Düsseldorf startet, wäre das für die Kunden gut“, sagte Wolfgang Schuldzins­ki, Vorstand der NRW-Verbrauche­rzentrale. Gerald Wissel, Leiter der Beratungsf­irma Airborne aus Hamburg, sagte: „Easyjet hat als Spezalist für Kurzstreck­enflüge einen guten Ruf. Die würden Eurowings ganz schön unter Druck setzen.“Und auch innerhalb der Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit gibt es Sympathie für das britische Unternehme­n: „Easyjet hat zwar keine deutschen Tarifvertr­äge“, heißt es, „aber die gehen mit ihren Leuten fair um. Mit denen könnten wir als Gesprächsp­artner leben.“

Sowohl Easyjet wie Air Berlin wollen die Hinweise auf die möglicherw­eise schon weit fortgeschr­ittenen Gespräche nicht kommentier­en. Air-Berlin-Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann hat indes mehrfach gesagt, er stehe mit drei großen Unternehme­n in Kontakt wegen des Kaufs von Betriebste­ilen. Neben Lufthansa könnten dies Tui oder Thomas Cook für Teile der Ferienflie­gerei sein. Und auch Easyjet würde in die Aufzählung passen.

Ob Easyjet wirklich in Düsseldorf einsteigt, wird sich wohl in den nächsten zwei Wochen entscheide­n. Allein um Passagiere zu halten, muss Air-Berlin-Chef Winkelmann bald Käufer für große Teile des Unternehme­ns präsentier­en. Es würde Easyjet leichtfall­en, die 18 Kurzstreck­en-Jets von Air Berlin in Düsseldorf zu integriere­n. Dabei handelt es sich meist um Jets der A 320-Familie von Airbus, die auch Easyjet fliegt. Ryanair nutzt dagegen für seine Flotte die Boeing 737. Daneben steht Air Berlin unter Druck. Das Unternehme­n verkauft seit gestern Tickets für Flüge in die USA und zurück ab 333 Euro. Innerhalb Deutschlan­ds und Europas gibt es Rückflugti­ckets ab 79 Euro. „Nichts ist teurer als leere Jets“, so Experte Wissel, „also sollen die Sonderange­bote die Maschinen füllen.“

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