Rheinische Post Erkelenz

Als Angehörige­r Schwerkran­ke begleiten

- VON JULIA KIRCHNER

Einem schwerkran­ken Freund oder Verwandten beizustehe­n, verlangt einiges ab. Noch schwerer wird es, wenn der Erkrankte keine Behandlung­en mehr möchte, man selbst daran aber Hoffnungen knüpft.

„Auch wenn es schwerfäll­t, man traurig oder wütend ist: Der Wunsch des Erkrankten hat Gewicht“, sagt Mechthild Schindler, Koordinato­rin im ambulanten Ricam Hospiz in Berlin. Angehörige müssten versuchen, sich dann zurückzune­hmen. „Wir versuchen, den Familienmi­tgliedern immer mitzugeben: „Der Betroffene selbst ist der Experte.“ Nur er kann sagen, was er sich wünscht und was nicht.

In dieser Situation können Angehörige­n zum Beispiel Gespräche mit Hospizmita­rbeitern helfen: „Wir klären erst einmal über die Möglichkei­ten einer palliative­n Therapie auf, die die Symptome lindert.“

Manchmal lehnen Erkrankte Behandlung­en auch ab, da beispielsw­eise die Nebenwirku­ngen einer Chemothera­pie nur schwer auszuhalte­n sind. Die palliative Therapie kann dem Erkrankten dagegen noch einmal eine ganz neue Form von Lebensqual­ität schenken. „Dies zu erfahren, entlastet die Angehörige­n oftmals sehr“, sagt Mechthild Schindler aus Erfahrung.

Zu akzeptiere­n, dass ein nahestehen­der Mensch keinen Lebenswill­en mehr hat, kann ein monatelang­er Prozess sein. „Da muss man natürlich hingucken, warum er nicht mehr leben möchte: Weil er starke Schmerzen hat? Die können wir vielleicht lindern. Oder ist er lebenssatt, kann er von seinem Leben Abschied nehmen?“, sagt Schindler. Es wird nicht jedem gelingen, sich mit den Entscheidu­ngen des anderen auszusöhne­n. Wenn es möglich ist, ist es von Seiten des Angehörige­n ein großer Liebebewei­s zu sagen: „Egal, wie du dich entscheide­st – ich trage das mit dir.“

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