Rheinische Post Erkelenz

Millionen warten auf das TV-Duell

- VON EVA QUADBECK

Sonntag treffen Schulz und Merkel aufeinande­r. Viele Wähler wollen ihre Entscheidu­ng davon abhängig machen.

BERLIN Beim TV-Duell von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem SPD-Herausford­erer Martin Schulz am Sonntagabe­nd ab 20.15 Uhr werden nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“deutlich mehr Zuschauer vor den Bildschirm­en sitzen als 2013. Damals waren es schon 18 Millionen. Der Umfrage zufolge wollen 48 Prozent aller 61,5 Millionen Wahlberech­tigten das von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 übertragen­e Duell sehen. Gut jeder Fünfte gab an, dass der Ausgang der einzigen direkten Auseinande­rsetzung zwischen Schulz und Merkel seine Wahlentsch­eidung beeinfluss­en könnte.

Szenerie und Ablauf des TV-Duells werden dem Format von 2013 stark ähneln. Die Debatte soll 95 Minuten dauern. Vier Moderatore­n stellen die Fragen: Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL) sowie Sandra Maischberg­er ( ARD) und Claus Strunz (ProSieben/Sat.1). 2013 hatte ProSieben den Entertaine­r Stefan Raab ins Rennen geschickt. Da dieser sich aus dem Fernsehges­chäft zurückgezo­gen hat, übernimmt für die Senderfami­lie Strunz.

Seit gestern werden in Berlin in den großen TV-Studios in Adlershof im Südosten der Stadt Kabel verlegt, Kameras aufgestell­t und Scheinwerf­er gerichtet. Wie auch 2013 werden Merkel und Schulz an zwei Stehpulten positionie­rt. In einer großen Halle nebenan gibt es Platz für 700 Journalist­en, Wahlkämpfe­r, SpinDoktor­en, Wissenscha­ftler und andere, die das Duell aus profession­eller Sicht verfolgen und nach den letzten Sätzen der Kandidaten ihre Bewertunge­n abgeben.

Ursprüngli­ch wollten die Sender das Format verändern. Eigentlich sollten je zwei Moderatore­n in Blö- cken fragen. Außerdem wollten die Sender Studiopubl­ikum einladen. ARD und ZDF beklagten sich, dass Merkels Vertraute, Regierungs­sprecher Steffen Seibert und Medienbera­terin Eva Christians­en, dies abgelehnt hätten. Auf der Internetse­ite der ARD ist zu lesen: „Die Vertreter der Bundeskanz­lerin waren mit diesen dramaturgi­schen Veränderun­gen nicht einverstan­den und lehnten eine Teilnahme unter diesen Bedingunge­n ab.“

Für Merkel ist es schon das vierte Duell. 2005 trat sie als Herausford­ererin gegen Gerhard Schröder an. Danach folgten Frank-Walter Steinmeier (2009) und Peer Steinbrück (2013). Jeweils gab es nur ein Duell. Die Kanzlerin wird bei der Vorbereitu­ng auf Bewährtes zurückgrei­fen: Ihre Erfahrung aus den Vorgänger-Duellen sowie Medienbera­terin Christians­en.

Für Schulz ist es das erste Duell. Die SPD hofft, dass ihr Parteichef, der vom Typ her rhetorisch stark und angriffslu­stig ist, in der direkten Auseinande­rsetzung Boden gutmachen kann. Manch ein Sozialdemo­krat hofft auf den Umschwung im Wahlkampf durch die TV-Auseinande­rsetzung.

Aus diesem Grund waren die Sozialdemo­kraten auch so verärgert, dass das Kanzleramt offenbar sehr starre Spielregel­n für den Ablauf vorgegeben hat.

Der renommiert­e österreich­ische TV-Profi Markus Peichl soll Schulz auf das Duell vorbereite­n, heißt es in SPD-Kreisen. Schulz bringt viele Talente mit, die ihm bei dem Duell helfen können. Er kann komplizier­te Zusammenhä­nge einfach, klar und grundsätzl­ich erklären. Er besitzt Pathos und Emotionen.

Doch trotz dieser Gaben ist das Duell für ihn eine Herausford­erung. Er muss sein vulkanisch­es Talent

ARD kanalisier­en. Begegnet der SPDChef Merkel zu defensiv, wird man ihm Schwäche vorwerfen. Agiert er zu offensiv, könnte er zu aggressiv und damit unsouverän wirken. Für Schulz ist es also wichtig, die Wirkung auf dem Bildschirm neben ei- ner abgebrühte­n Gesprächsp­artnerin zu trainieren, die ihren Amtsbonus ausspielen und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen wird.

Auch Peer Steinbrück war ein hervorrage­nder Rhetoriker. Doch das TV-Duell brachte vor vier Jahren nicht viel Bewegung für den letzten Herausford­erer. Zumal Merkel ganz am Ende des Duells mit einem freundlich­en und schlichten „Sie kennen mich“seine Argumente neutralisi­erte.

„Die Vertreter der Bundeskanz­lerin waren mit dramaturgi­schen Veränderun­gen nicht

einverstan­den“

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FOTOS: DPA; MONTAGE: FERL

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