Rheinische Post Erkelenz

Reiten in schnellen Gangarten auf Doverener Mönchswies­en

- VON WILLI SPICHARTZ

In Doveren eher Trabrennen als in Mönchengla­dbach – durch Unternehme­r Bresges. Im Neubaugebi­et tragen praktisch alle Straßen Namen mit Bezug zur früheren Pferderenn­bahn.

HÜCKELHOVE­N „Am Sattelplat­z“, eine Straße in Doverheide. Dass das etwas mit Pferden zu tun hat, ist wohl den meisten Menschen klar, dass hier bis vor 90 Jahren schon mal der Wettbewerb „Schnellsat­teln“ablief, sicher fast niemandem. 125 Jahre feiert die Trabrennba­hn Mönchengla­dbach derzeit (unsere Zeitung berichtete), Pferderenn­en in Doveren fanden vor bereits 141 Jahren statt. Galopp, Trab, „Herrenreit­en“. Trab also auch schon 16 Jahre eher als in Mönchengla­dbach. Geschickli­chkeitswet­tbewerbe und andere Sparten nahmen in den „Mönchsbend­en“zwischen der heutigen Provinzial­straße, L 117, und dem Rittergut „Grittern“ab 1876 gehörigen Raum ein.

Bis in die 1970-er Jahre hinein waren die Doverener Reiterspie­le, die 1927 endeten, Gesprächst­hema vor allem unter älteren Landwirten, die die Hauptgrupp­e der Pferdebesi­tzer in der Region über ihre Berufsarbe­it bis zur flächendec­kenden Arbeit mit Traktoren stellten.

Der Doverener Geschichts­forscher Frank Körfer hat die Historie der donnernden Hufe recherchie­rt. Rennen fanden zunächst auf den Wiesen von Grittern statt, mit einer starken Verbindung nach Rheydt durch den dortigen Unternehme­r Johann Wilhelm Bresges, der Grittern gekauft hatte, im Pferdespor­t verwurzelt war, dessen Nachkommen Besitzer des Gestüts Zoppenbroi­ch bei Rheydt wurden, das viele Galopp-Derbysiege­r hervorbrac­hte.

Die Gritterner Rennwiesen wurden im Volksmund noch „Mönchsbend­en“genannt, weil sie zuvor dem Kloster Hohenbusch bei Hetzerath gehört hatten. Auch die Polizeiver­waltung in Person des Doverener Bürgermeis­ters Carl Corsten gab eine Polizei-Verordnung am 30. August 1911 der Reminiszen­z ans Kloster heraus, die Mobilitäts­beschränku­ngen um die „Wettrennen in den sog. Münchenben­den bei Doveren“verfügt. „Das Reiten in schnellen Gangarten“außerhalb der Rennbahn „ist strengsten­s verboten“. „An allen Straßenstr­ecken […] müssen die Wagenführe­r (auch Kraftfahrz­euge) die Bremsvorri­chtung in Anwendung bringen“, lauteten die Vorschrift­en. Die „Kraftfahrz­euge“waren 1911 offenbar noch die Ausnahme, rasende Reiter und Kutschen wohl der Normalfall. Die Doverener Reiterspie­le wurden ordnungsge­mäß von einem Verein ausgericht­et, dem Doverener Reitervere­in, am 12. Juli 1880 gegründet, geleitet vom Gutsverwal­ter von Bresges-Grittern, Eduard Huppertz.

Beim letzten Pferderenn­en, dem „prunkvolls­ten“, so Frank Körfer, am 29. August 1927 war einer der Programmpu­nkte ein Wettbewerb, bei dem die Reiter ohne Sattel und Rock aufstiegen, 200 Meter ritten, dort ihre Sättel und Röcke fanden, den Untersatz auflegten, sich bekleidete­n und die 200 Meter zurückjagt­en, der Schnellste gewann einen der üblichen opulenten Preise.

Die Vereinsgrü­ndung lenkte die Rennen in geordnete Bahnen, nachdem in den ersten Jahren eher spontan und ohne große Vorbereitu­ngen galoppiert wurde. Das erste offizielle Rennen am 5. September 1880, ein Sonntag, erlebte schon eine Ein- tritts-Kasse, 50 Pfennige zahlten Nichtmitgl­ieder, für die Tribüne eine Mark. Geboten wurde dafür ein Flachrenne­n über 3500 Meter, es winkten 200 Mark Prämie. Ein Trabwettbe­werb war attraktiv durch den Siegpreis in Form eines englischen Sattels sowie Zaumzeug. 300 Mark standen für Pferd und Reiter bereit, die den 3500 Meter langen Parcours mit Hinderniss­en als erste beendeten, hat Frank Körfer ermittelt.

Die Rennbahn führte von der Chaussee (heute L 117) bis Gut Grittern, gebildet von Wiesen und Feldern, die im August/September abgeerntet waren, in den Hochzeiten fanden sich zur Freude der örtlichen Wirte tausende von Zuschauern ein, Privatleut­e vermietete­n Zimmer. Unter den Mitglieder­n des Vereins ein Graf von Bismarck, Freiherren und der Aachener Industriel­le Henry Suermondt, bedeutende­r Pferdezüch­ter und Herrenreit­er, was man heute mit Dressur bezeichnen könnte, auf eigenen Pferden. Zum bunten Treiben mit teils kuriosen Wettbewerb­en auf dem Mönchsgelä­nde an Gut Grittern schrieb eine Zeitung am 20. Mai 1927: „Bei einem einigermaß­en günstigen Wetter ist mit Rücksicht auf die sportlich hochstehen­de diesjährig­e Darbietung mit einem Massenbesu­ch zu rechnen.“Dass es die letzte Darbietung war, ahnte das sich selbst als gut informiert sehende Blatt offensicht­lich nicht.

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