Die Fragen, die niemand stellte
Im Aufeinandertreffen von Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) blieben einige Themen ausgeklammert. Wir legen nach.
BERLIN Während des TV-Duells machten viele Menschen im Netz bei Twitter ihrem Ärger über fehlende Themen Luft. Der Hashtag „fragendiefehlen“wurde zeitweise sehr häufig genutzt. Wir haben vier Fragen aufgegriffen, die auch viele Zuschauer vermisst haben und recherchiert, was die Kandidaten dazu zu früheren Gelegenheit gesagt haben oder was darüber in ihren Wahlprogrammen steht. Wie können wir die Digitalisierung beschleunigen? Merkel plant riesige Investitionen. „Wir werden bis 2025 100 Milliarden Euro investieren in diesem Bereich“, sagte sie im Juni. Kurz darauf verkündete sie, bis dahin flächendeckend Gigabit-Netze gewährleisten zu wollen. Auch die Infrastruktur müsse angepasst werden, um autonomes Fahren zu ermöglichen. Herausforderer Schulz will auch mehr Investitionen und beklagte gestern, dass Deutschland unter Merkels Führung beim Breitbandausbau hinter Mexiko und Chile zurückliege. Er will bis 2021 zusätzlich 30 Milliarden Euro in Forschung, Infrastruktur und Entwicklung investieren. Bis 2025 solle es überall schnelles Internet geben. Wer kümmert sich um bessere Schulen? Merkel weist stets darauf hin, dass der Bund den Bildungsetat mehr als verdoppelt habe. 3,5 Milliarden Euro stünden für Schulsanierungen bereit, möglich gemacht durch eine Lockerung des sogenannten Kooperationsverbots. Merkel will mehr Schulen ans Breit- bandnetz anschließen und die Lehrerbildung verbessern. Sie fordert außerdem mehr einheitliche Standards. Beides will auch Herausforderer Schulz, der einen Bildungsplan vorstellte. Er will das Kooperationsverbot vollständig abschaffen, für mehr zielgerichtete Investitionen des Bundes in Schulen. Was wird aus dem Soli? „Wir wollen den Solidaritätszuschlag ab 2020 schrittweise abschaffen – und zwar für alle“, sagt Merkel. Die Union will ihn in elf Jahresschritten von 2020 bis 2030 abbauen. Hintergrund: Der „Soli“bringt dem Bund jedes Jahr etwa 18 Milliarden Euro ein. Auf dieses Geld wollen Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)) nicht sofort verzichten. Schulz ist da forscher: Er will den „Soli“schon 2020 komplett abschaffen – aber nur für die Bezieher kleinerer und mittlerer Jahreseinkommen bis 52.000 Euro. Alle anderen sollen ihn bis auf Weiteres bezahlen müssen. Wie entstehen neue Wohnungen? Merkel hat die Mietpreisbremse für gescheitert erklärt. „Wohnungsknappheit wird am besten dadurch beantwortet, dass ich neue Wohnungen baue“, sagte sie. Um das zu beschleunigen, soll ein „Baukindergeld“Familien beim Immobilienkauf entlasten. Dabei gibt es zehn Jahre lang pro Kind und Jahr einen Zuschuss von 1200 Euro. Beim ersten Kauf eines Eigenheims soll die Grunderwerbsteuer erlassen werden. Schulz will die Zahlungen des Bundes für mehr sozialen Wohnungsbau zur Not mit einer Verfassungsänderung verlängern.