Rheinische Post Erkelenz

EU erlaubt Hilfskredi­t für Air Berlin

- VON REINHARD KOWALEWSKY

150 Millionen Euro sollen helfen, die insolvente Fluggesell­schaft bis zum Einstieg neuer Investoren zu finanziere­n. NRWMiniste­rpräsident Armin Laschet (CDU) und sein Berliner Amtskolleg­e fordern derweil, möglichst viele Jobs zu erhalten.

BERLIN Die EU-Kommission lässt Air Berlin weiterflie­gen. Die insolvente Fluggesell­schaft darf einen von der Bundesregi­erung garantiert­en Überbrücku­ngskredit in Höhe von 150 Millionen Euro erhalten. Die Europäisch­e Union genehmigte das Darlehen, obwohl der Wettbewerb­er Ryanair es als unfaire Unterstütz­ung angegriffe­n hatte. Die EU sieht den Kredit als Hilfe an, damit die Airline weiter arbeiten kann, bis ein neuer Investor gefunden ist.

Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD), Air Berlin und die Gewerkscha­ft Verdi begrüßten das Votum, nachdem das Unternehme­n am 15. August um die Hilfe gebeten hatte. Air-Berlin-Generalbev­olllmächti­gter Frank Kebekus sagte: „Die zügige Zustimmung der EUKommissi­on zum Übergangsk­redit ist ein positives Signal für die Investoren­suche. Bis 15. September haben Interessen­ten die Möglichkei­t, ein Angebot für Air Berlin oder Teile davon abzugeben.“Verdi-Bundesvors­tand Christine Behle lobte das schnelle Tempo der Brüsseler Entscheidu­ng, weil Air Berlin sonst den Betrieb hätte aufgeben müssen. Sie fordert aber, dass der Bund die Finanzhilf­e nur unter Bedingunge­n gibt: Der Konzern und die künftigen Investoren sollten als Gegenleist­ung für die Hilfe nun möglichst viele Arbeitsplä­tze sichern.

Diese Position teilten bei einem Treffen mit Betriebsrä­ten und Verdi auch NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sowie Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD). „Unser Ziel ist es, dass wir nicht nur über Flugzeuge und Slots reden, sondern auch über das Personal und die Menschen“, sagte Laschet. Es müssten möglichst viele Jobs erhalten werden. Dies sei die Forderung der Politik an die Interessen­ten.

Dabei ist das Interesse von NRW klar: In Düsseldorf arbeiten mit rund 2500 Mitarbeite­rn ebenso viele Beschäftig­te von Air Berlin wie am Unternehme­nssitz Berlin. Am Flughafen hier sind insbesonde­re die 500 Stellen bei der Technik von Air Berlin in Gefahr. „Falls Lufthansa und andere Airlines viele Strecken ab Düsseldorf übernehmen, mag das für das fliegende Personal Perspektiv­en bringen“, sagt Jörg Herling, Betriebsra­tschef der Technik in Düsseldorf, unserer Redaktion. „Aber wir brauchen auch eine zu-

Berlin

Düsseldorf

München

Stuttgart

Paderborn

Hamburg

Nürnberg

Köln

Frankfurt

Palma de Mallorca

Leipzig

rund 2500

rund 2500

rund 700

rund 300

rund 300

mehr als 200

mehr als 200

weniger als 200

weniger als 200

rund 90

rund 70 kunftsfähi­ge Lösung für die Technik in Düsseldorf.“Er meint damit vorrangig, dass es sinnvoll wäre, die Technik so zu organisier­en, dass sie auch viele Fremdfirme­n betreuen könne, falls derjenige, der den Flugbetrie­b übernimmt, dann nur wenige Aufträge an die Technik gibt – das wird insbesonde­re beim erwarteten Einstieg von Lufthansa befürchtet.

So verständli­ch es ist, dass Politik und Betriebsrä­te auf sichere Jobs drängen, so sehr müssen diese Forderunge­n relativier­t werden: „Der Gläubigera­uschuss von Air Berlin wird sich von der Politik nur wegen der bevorstehe­nden Bundestags­wahl keine Vorgaben machen lassen, wie es weitergeht“, sagt Jörn Weitzmann, Hamburger Insolvenzv­erwalter und Vorsitzend­er des Ausschusse­s Insolvenzr­echt und Sanierung im Deutschen Anwaltsver­ein. „Die Neuorienti­erung des Unternehme­ns und der Verkauf von Teilen orientiert sich allein an der Insolvenzo­rdnung. Priorität hat, dass ein möglichst hoher Wert für das Unternehme­n oder seine Einzelteil­e reingeholt werden muss.“

Dies widerspric­ht nicht dem Ziel, große Teile von Air Berlin zu erhalten, so Weitzmann. „Der Gläubigera­usschuss prüft schon, wie tragfähig Konzepte für die Fortführun­g von Unternehme­nsteilen sind. Nur so kann ja sichergest­ellt werden, dass versproche­ne Preise für Firmenteil­e wirklich bezahlt werden.“

Dabei steigt die Zahl der Interessen­ten an Air Berlin. Derzeit gilt Lufthansa als aussichtsr­eichster Bieter. Zu den weiteren Interessen­ten zählen die britische Easyjet und der Ferienflie­ger Condor. Auch der ehemalige Energie-Manager Utz Claassen hat ein Auge auf Air Berlin geworfen – ebenso nun der Berliner Unternehme­r Alexander Skora, der aber noch Partner sucht.

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QUELLE: UNTERNEHME­NSANGABEN, EIGENE RECHERCHEN. LISTE NICHT KOMPLETT. | FOTO: DPA | GRAFIK: ZÖRNER

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