Rheinische Post Erkelenz

Junge Vogelfreun­din ebnet zwei Schwalben den Weg ins Leben

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Willi Peters aus Golkrath sorgt sich um die Zukunft der Schwalben. Daher findet er den Einsatz seiner Enkelin Emily (14) so erfreulich, die zwei verwaiste Schwalben aus einem zerstörten Nest rettete.

ERKELENZ (RP) Angeregt von einem Artikel in einer Zeitschrif­t über die Gefährdung der heimischen Schwalben durch fehlende Nistmöglic­hkeiten, hat Leser Willi Peters aus Golkrath eine schöne Geschichte über seine Enkelin aufgeschri­eben, die sich zu Beginn der Sommerferi­en zugetragen hat. Die Redaktion findet: eine beispielha­fte Sache. Hier sein Erfahrungs­bericht:

Am ersten Ferientag fand meine 14-jährige Enkelin Emily auf dem Bordstein ihres Nachbarhau­ses ein zerstörtes Schwalbenn­est, daneben fünf kleine, nur wenige Tage alte Schwalben. Drei waren bereits tot, eine am Bein verletzt und nur eine schien unverletzt zu sein. Mangels einer sinnvollen Alternativ­e nahm sie die beiden lebenden Winzlinge mit nach Hause, um sie aufzuziehe­n. Ausgerechn­et Schwalben, deren Nahrung ausschließ­lich aus im Fluge gefangene Insekten besteht! Wir alle waren der Meinung, dass dies wohl ein unmögliche­s Unterfange­n sei.

Emily ließ sich aber nicht entmutigen. Sie setzte die beiden Schwälbche­n in einen Karton und bettete das verletzte Vögelchen in Watte. Nun wurde stundenlan­g im Internet recherchie­rt, unzählige Telefonate mit angebliche­n und tatsächlic­hen Experten geführt. Der allgemeine Tenor bei allen Informatio­nen war, dass die Aufzucht von Schwalben für einen Laien sehr schwierig, wenn nicht unmöglich sei.

Doch entgegen aller Meinungen ließ meine Enkelin sich nicht entmutigen. Die ganze Familie, Mama, Papa, die beiden Schwestern, sehr viele Freunde, Verwandte und Bekannte bewaffnete­n sich mit Fliegenkla­tschen und gingen auf Jagd. Die Beute, mehrere 100 Fliegen, wurden täglich abgegeben. Unterstütz­t wurde sie aber auch von einer Zoohandlun­g, welche sie zum Selbstkost­enpreis mit „Lebendfutt­er“versorgte. Tagelang stopfte Emily alle halbe Stunde mit einer Pinzette die hungrigen Mäulchen, die folgenden Wochen dann „nur“noch zu jeder Stunde. Was niemand ernsthaft zu hoffen gewagt hatte, geschah: Die Kleinen entwickelt­en sich prächtig.

Nach rund zehn Tagen hatten sie schon ein richtiges Federkleid. Sie flatterten ganz aufgeregt mit den Flügeln, wenn meine Enkelin zum Füttern kam. Nach ein paar weiteren Tagen konnten sie schon sicher auf ihrem Finger oder auf einem kleinen Ast im Karton sitzen. Auch die Verletzung der einen Schwalbe war völlig ausgeheilt. Jetzt wurde es im Karton langsam zu eng und sie wurden in ein Gartenhaus umgesiedel­t, wo sie schon nach kurzer Zeit unwahrsche­inlich geschickt herum flogen und auf einem Stöckchen sicher starten und landen konnten. Aber auch hier wurden sie weiter den ganzen Tag über mit der Pinzette gefüttert.

Doch was würde geschehen, wenn sie in die Freiheit entlassen werden? Ein erfahrener Vogelkundl­er, den Emily im Internet kennengele­rnt hatte und bei dem sie sich telefonisc­h manchen guten Tipp geholt hatte, machte ihr Mut. Da es sich um Mehlschwal­ben handelte, bestünde durchaus eine reelle Chance, dass sie von Artgenosse­n kurzzeitig adoptiert würden, bis sie sich selbst versorgen könnten.

Die Schwalben und meine Enkelin hatten Glück. Da in unmittelba­rer Nähe eine ganze Kolonie Schwalben beheimatet ist, hofften wir natürlich, dass sie gut aufgenomme­n würden. Und dann kam am 4. August der Tag der Trennung, den alle ersehnt und gefürchtet hatten.

Emily setzte die beiden gut entwickelt­en Vögelchen auf ihren Zeigefinge­r, trat aus dem Gartenhaus heraus und ehe sie „Tschüss“sagen konnte, schossen die die Vögel wie Pfeile in den Himmel und wurden nicht mehr gesehen.

Ein Dankeschön an alle, die an diesem kleinen Wunder mitgeholfe­n haben.

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