Rheinische Post Erkelenz

„Kolo“geht als großes Missverstä­ndnis

- VON JANNIK SORGATZ

Der Franzose spielte in acht Monaten nur zweimal für Borussia. Manager Max Eberl versucht, die Probleme zu erklären.

In Panama, Tschechien, der Türkei und dem Libanon ist das Transferfe­nster noch geöffnet, genauso in Saudi-Arabien, Andorra und Tunesien. Allzu viele realistisc­he Ziele hätte es nicht mehr gegeben für Timothée Kolodziejc­zak, doch er hat in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch für drei Jahre in Mexiko unterschri­eben bei den UANL Tigres aus der Nähe von Monterrey. Rund fünf Millionen Euro Ablöse erhält Gladbach für den Franzosen, der Anfang Januar für 7,5 Millionen Euro vom FC Sevilla gekommen war.

„Er geht zu einem sehr ambitionie­rten Klub, der 2015 im Finale der Copa Libertador­es stand“, sagt Eberl im Gespräch mit unserer Redaktion. Für Borussias Sportdirek­tor war es in neun Jahren in dieser Position der erste intensive Kontakt mit dem mexikanisc­hen Fußball. Als „sehr profession­ell“bezeichnet er die Zusammenar­beit mit den Tigres. Über Wochen hatte Eberl wiederholt, dass es „für beide Seiten passen“müsse. Ganz spät, als die denkbaren Märkte in Europa schon zu waren, passte es schließlic­h. An Anfragen habe es nie gemangelt, betont Eberl. Nur habe entweder das Angebot für den Verein nicht gepasst oder aber „Kolo“habe sich mit Interessen­ten wie zum Beispiel aus Russland nicht anfreunden können.

„Natürlich haben wir Geld verloren, aber wir sind gut aus der Sache herausgeko­mmen“, sagt Eberl. „Kolo“wird wohl als das größte Missverstä­ndnis seiner Zeit als Manager in die Transferbi­lanz eingehen. Ein Luuk de Jong oder ein Josip Drmic bekamen zwischenze­itlich wenigstens regelmäßig­e Einsatzzei­ten, „Kolo“dagegen verlässt den Klub nach nur 98 Einsatzmin­uten in acht Monaten. „Wir müssen keinen Hehl daraus machen, dass es nicht gepasst hat“, sagt Eberl. „Zum ersten Mal kann ich es mir aber nicht komplett erklären.“

Die Vorbereitu­ng im Winter inklusive des Trainingsl­agers in Marbella sei ordentlich gewesen. „Dann ist ihm der Telekom Cup, wo er nicht gut gespielt hat, ein wenig auf die Füße gefallen“, sagt Eberl. Im ersten Pflichtspi­el unter Dieter Hecking beim SV Darmstadt erhielten Andreas Christense­n und Jannik Vestergaar­d den Vorzug, in der Woche darauf verpasste „Kolo“das Spiel bei Bayer Leverkusen wegen einer Grippe. Drei Tage später war er wieder fit, um ein Testspiel gegen den VfL Bochum zu absolviere­n. Das ging nicht nur sportlich daneben (1:4), sondern „Kolo“verletzte sich auch noch am Sprunggele­nk und fehlte weitere zehn Tage. Als er in den Kader zurückkehr­te, hatte die Mannschaft gerade vier Pflichtspi­ele in Folge gewonnen. Es gab kein Vorbeikomm­en an Christense­n und Vestergaar­d, von denen der eine in der Rückrunde 98 Minuten verletzt aussetzen musste und der andere komplett durchspiel­te.

Als „Gewinnerty­p“hatte Eberl den zweimalige­n Europa-LeagueSieg­er vorgestell­t und ihm zuvor in den Verhandlun­gen eine Führungsro­lle in einer Mannschaft schmackhaf­t gemacht, der es zu diesem Zeitpunkt unter André Schubert genau an diesen Qualitäten mangelte. „Vielleicht habe ich ihn damit auch ein wenig überforder­t“, sagt Eberl, „und er selbst war etwas überrascht vom Niveau der Bundesliga.“Es klingt nach einem Negativstr­udel, in den „Kolo“irgendwann geraten ist: auf der einen Seite ein Spieler, der sich auf dem Platz die Sicherheit holt und „kein Trainingsw­eltmeister“(O-Ton Eberl) ist, auf der anderen Seite ein Trainer, der defensiv wenig wechselt und deshalb starke Trainingsl­eistungen verlangt. Trotzdem lobt Eberl die „profession­elle Einstellun­g“des Verteidige­rs, „er hat sich nie hängen lassen“.

Die ältesten Berichte über „Kolo“in Gladbachs Datenbank sind von 2008, da gewann er die U17-EM mit Frankreich. An die Qualitäten, die er damals und später in Nizza sowie Sevilla zeigte, glaubt Eberl nach wie vor. Ab jetzt auch ein wenig aus Eigennutz, denn Borussia hat sich eine Weiterverk­aufsbeteil­igung gesichert. „Kolo“ist erst 25 Jahre alt, die Wahrschein­lichkeit, dass Borussia den Verlust noch deutlich mindern kann, ist also da. Sportlich bleibt der Transfer ein großes Missverstä­ndnis.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Timothée Kolodziejc­zak ist in acht Monaten nie richtig warm geworden mit dem Borussia-Trikot.
FOTO: IMAGO Timothée Kolodziejc­zak ist in acht Monaten nie richtig warm geworden mit dem Borussia-Trikot.

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