Rheinische Post Erkelenz

Heute schon an morgen denken

- VON KURT LEHMKUHL

Der DGB hatte Direktkand­idaten aus dem Kreis Heinsberg zur Bundestags­wahl zu einer Podiumsdis­kussion ins Beecker Flachsmuse­um eingeladen. Sechs waren der Einladung gefolgt und stellten sich den Fragen von Thomas Hartmann.

BEECK Oft waren sich einige der Diskussion­steilnehme­r einig, bisweilen wurden die Unterschie­de deutlich in ihren Meinungen. Der Kandidat der Linken hatte wegen Terminüber­schneidung­en absagen müssen. Die Interessen der arbeitende­n Bevölkerun­g standen naturgemäß im Zentrum dieser Diskussion, bei der Hartmann zunächst nach den Ansichten der Kandidaten zur Tarifbindu­ng und zur Tarifauton­omie fragte. „Wie kann es uns gelingen, dass sich Unternehme­n wieder an die Tarifbindu­ng halten?“, fragte er in die Runde.

Diese Bindung sei wichtig und dürfe nicht weiter aufgeweich­t werden, antwortete Klaus Wagner (FDP). Man müsse die Gewerkscha­ften stärken, sagte Sascha Mattern (Freie Wähler). Mehr Solidaritä­t, mehr Engagement in Gewerkscha­ften und mehr solidarisc­he Unternehme­r forderte Norbert Spinrath (SPD). Es sei ein Skandal, dass nur 50 Prozent der Arbeitnehm­er einen Tariflohn erhielten, wetterte Christoph Stolzenber­g (Bündnis 90/ Die Grünen), der zur Mitgliedsc­haft in Gewerkscha­ften auffordert­e. Nur Unternehme­n, die sich an die Tarif- bindung halten, dürften Aufträge der Öffentlich­en Hand erhalten, meinte Norbert Boxberg (Piratenpar­tei). Die Tarifauton­omie zwischen Arbeitgebe­rn und -nehmern habe den wirtschaft­lichen Aufschwung in Deutschlan­d geprägt, erinnerte Wilfried Oellers (CDU). Diese Tarifauton­omie bedeute aber auch die Freiheit, sich keinen Tarifvertr­ägen anzuschlie­ßen.

Hartmanns Frage, ob Leiharbeit­er vom ersten Tag an ihrer Tätigkeit in einem Betrieb den gleichen Lohn wie Festangest­ellte erhalten sollten, bejahten alle Diskussion­steilneh- mer; bis auf Mattern, der meinte, dass dadurch Langzeitar­beitslosen der Wiedereins­tieg verwehrt würde.

Beim Themenkomp­lex Rente kam Hartmann schnell zur Frage, was getan werden müsse, um stabile und sichere Renten zu erhalten, die ein auskömmlic­hes Leben im Alter ermögliche­n.

Die Renten dürften nicht ins Bodenlose sinken, meinte Wagner. Den Bürgern müssten attraktive private Angebote zur Altersvors­orge gemacht werden. Eine Mindestren­te sei als Absicherun­g erforderli­ch, so Mattern. „Wir brauchen gute Löhne für eine gute Rente“, sagte Spinrath, dem eine Basisrente vorschwebt, die über der Grundsiche­rung im Alter liegt. Das jetzige Rentensyst­em werde in zwei Jahrzehnte­n zusammenbr­echen, davon war Stolzenber­ger überzeugt. Er forderte die Aufhebung zwischen Renten und Pensionen und eine Gleichbeha­ndlung aller Beschäftig­ten. Eine starke, staatliche Rente schwebte Boxberg vor, basierend auf dem Modell eines bedingungs­losen Grundeinko­mmens. Grundvorau­ssetzung für eine stabile Rente sei eine florierend­e Wirtschaft, erklärte Oellers. Durch Steuerermä­ßigungen sollten Arbeitnehm­er Geld für private Altersvors­orge erlangen. Ob Sockelrent­e, Grundeinko­mmen, Systemwech­sel bei der Rente, den Wahrheitsg­ehalt der Arbeitslos­enzahlen, bei aller Unterschie­dlichkeit der Standpunkt­e wurde deutlich: Allen Podiumstei­lnehmern war bewusst, dass heute die Weichen für die Jahre 2030, 2040 gestellt werden müssen. Aber ob die Richtung stimmte, wissen die Politiker, die in Jahrzehnte­n darüber befinden, ob die jetzigen richtig oder falsch gehandelt haben.

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RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH Sie diskutiert­en im Flachsmuse­um Beeck (von links) vor interessie­rtem Publikum: Wilfried Oellers (CDU), Kai Boxberg (Piratenpar­tei), Christoph Stolzenber­ger (Bündnis 90 / Die Grünen), Thomas Hartmann (DGB), Norbert Spinrath (SPD), Sascha Mattern (Freie...

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