Rheinische Post Erkelenz

In Duisburg kommt der Bus auf Bestellung

- VON TIM HARPERS, SASKIA NOTHOFER UND MARKUS PLÜM

In Duisburg ist es ab sofort möglich, einen Bus per Smartphone zu bestellen. Die Anwendung sei aber keine Konkurrenz zum ÖPNV. Andere Verkehrsbe­triebe schauen interessie­rt nach Duisburg, Taxiuntern­ehmer kritisiere­n das Projekt.

DUISBURG In Duisburg läuft heute ein Nahverkehr­sprojekt an, das in Deutschlan­d bislang beispiello­s ist. Ab sofort verkehren im Innenstadt­bereich sogenannte On-DemandBuss­e, also Busse auf Abruf. Das Angebot ist als Ergänzung zum Fahrplanan­gebot der Duisburger Verkehrsge­sellschaft (DVG) gedacht und soll helfen, die Nahverkehr­sversorgun­g im Stadtgebie­t zu verbessern. „Zum einen wollen wir mit dem Angebot Mybus neue Kunden für den ÖPNV gewinnen“, sagt Projektlei­terin Birgit Adler, „zum anderen kann das Angebot helfen, die Verkehrsle­istung in Randgebiet­en oder zu Schwachver­kehrszeite­n zu erhöhen und an die individuel­le Nachfrage anzupassen.“

Dafür sind nun in der Duisburger Innenstadt in den Wochenendn­ächten und sonntags On-Demand-Busse unterwegs. Diese Kleinbusse folgen keinem Fahrplan, sondern verkehren auf Basis der Nachfrage der Fahrgäste. Diese übermittel­n ihre Fahrtwünsc­he per App und teilen sich die Fahrten.

So funktionie­rt es: Ein Nutzer bestellt sich über die Mybus-App einen Bus, gibt einen Abholort und ein Ziel an. Der Zustieg ist überall in dem von der DVG festgelegt­en Gebiet möglich. Die App nennt Verfügbark­eit und die Wartezeit, bis der Bus den Abholort erreicht. Die Anfahrt lässt sich über eine interaktiv­e Karte in Echtzeit verfolgen. Ist der Fahrgast zugestiege­n, errechnet die App unter Berücksich­tigung anderer Nutzeranfr­agen den kürzesten Weg zum Ziel. Wer in einen Mybus einsteigt, nimmt also Umwege in Kauf, da der Fahrer auch andere Nutzer einsammelt. Um längere Wartezeite­n und weite Umwege zu verhindern, setzt die DVG bis zu fünf Busse gleichzeit­ig ein.

Entwickler der App und Projektpar­tner ist das Unternehme­n „Door2Door“, das sich auf innovative Nahverkehr­sangebote spezialisi­ert hat. „Das Fahrgemein­schaftKonz­ept basiert auf dem Vorbild von Uber und Lyft. Im Gegensatz dazu wollen wir allerdings Synergien erzeugen“, sagt Geschäftsf­ührer Tom Kirschbaum. Mybus solle keine Konkurrenz zum ÖPNV sein. Die Ticketprei­se in Duisburg richten sich nach den Tarifbesti­mmungen des Verkehrsve­rbundes RheinRuhr. Demnach wird eine einfache Fahrt im Stadtgebie­t 3,20 Euro kosten. Zeitkarten­inhaber, Abokunden und Kinder fahren für 2,50 Euro.

Das Pilotproje­kt ist auf drei Jahre angesetzt, Mittel im unteren sechsstell­igen Bereich werden investiert. Erweist sich Mybus als interessan­t, wird der Service dauerhaft in das Angebot der Verkehrsbe­triebe aufgenomme­n. „On-Demand-Busse sind vor allem im ländlichen Raum nützlich“, sagt Stephan Kritzinger, Verkehrsex­perte beim Wirtschaft­sforschung­sunternehm­en Prognos. Denn dort sei die Nachfrage für den Nahverkehr nach festen Linienplän­en nicht hoch genug.

Andere Verkehrsbe­triebe aus der Region schauen mit Interesse nach Duisburg. „Das ist eine spannende Geschichte. Wir haben ein ähnliches Modell für Düsseldorf bereits diskutiert, allerdings ist der Funke zur Politik noch nicht übergespru­ngen“, sagt Rheinbahn-Sprecher Ge- org Schumacher. Gerade mit Blick auf die Zukunft werde es immer wichtiger, autonome Mobilität zu stärken. „Daher kann es nur hilfreich sein, wenn es in anderen Städten funktionie­rt.“Im Gebiet der Niederrhei­nischen Verkehrsbe­triebe (Niag), das die Kreise Wesel und Kleve umfasst, gibt es bereits ein ähnliches Angebot namens Anrufsamme­ltaxi. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge von kooperiere­nden Taxi-Unternehme­n, die nach Anruf bestimmte Sammelpunk­te anfahren und die Fahrgäste zum Wunschziel transporti­eren. „Vielleicht ist es aber eine Überlegung wert, ob man das DVG-Modell übernimmt und Fahrgäste demnächst von Tür zu Tür transporti­ert“, sagt Niag-Betriebsle­iter Stephan Kreth.

Der Taxi-Verband NRW ist nicht begeistert von den Plänen der DVG. „Wir sehen das Angebot als direkte Konkurrenz“, sagt Michael Hook, Geschäftsf­ührer des Verbands. Es sei nicht vertretbar, dass ein subvention­ierter Betrieb wie die DVG unabhängig­e Taxiuntern­ehmen derart aushöhle. „Taxis sind Teil des ÖPNV, und so sollten Verkehrsbe­triebe und Taxis diesen gemeinsam verbessern“, so Hook. Anrufsamme­ltaxis etwa seien eine gute Lösung. Zudem liefen derzeit Gespräche zwischen Taxi-Düsseldorf und der Rheinbahn, um eine Kooperatio­n auszuhande­ln.

 ?? FOTOS: DVG/MONTAGE: FERL ?? Damit Fahrgäste nicht zu lange auf ihren Bus warten müssen, setzt die DVG bis zu fünf Busse gleichzeit­ig ein.
FOTOS: DVG/MONTAGE: FERL Damit Fahrgäste nicht zu lange auf ihren Bus warten müssen, setzt die DVG bis zu fünf Busse gleichzeit­ig ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany