Rheinische Post Erkelenz

Über Fragen wie: Gibt es genügend Wohnraum in der Stadt? Und was macht Mönchengla­dbach auch in Zukunft lebenswert?

-

nem neuen Dreifamili­enhaus 20 Prozent Sozialwohn­ungen forderte. Damit kommt ein Wohnungsma­rkt zum Erliegen.“Ein Handlungsk­onzept Wohnen würde auch ganz andere Finanzieru­ngsmodelle auf den Plan rufen. Das ginge zu Lasten des Investors. Es folge, dass geförderte oder preisgedäm­pfte Wohnungen das frei finanziert­e Segment noch mal teuer machten. Und wie solle das Wohnen aussehen? „Eine dritte Etage ist preisgedäm­pft und wird mit zehn Euro pro Quadratmet­er bewohnt, aber in der vierten Etage kostet die frei finanziert­e Wohnung 15 Euro pro Quadratmet­er, weil der Mieter seinen Nachbarn mitfinanzi­ert.“Das sei ein schwierige­s Feld. „Eine starre Quote löst nicht die Probleme. Sondern eine stadtgerec­hte, aber letztendli­ch quartiersg­erechte Wohnungsen­twicklung.“Ein gutes Beispiel sei das Projekt Maria Hilf, sagte Bonin. „Statt an einen Investor zu veräußern, arbeiten wir in einzelnen Baublöcken mit der Vorgabe, bestimmte Preissegme­nte zu erreichen und eine Mischung zu bekommen.“Statt einer starren Quote brauche Mönchengla­dbach eine passgenaue Quartierse­ntwicklung für das gesamte Stadtgebie­t, so Bonin.

Nach Deussens Meinung fehlt in Mönchengla­dbach das mittlere Preissegme­nt am Markt. „Es kommen entweder die altersbedi­ngt schwachen Immobilien aus den Jahren zwischen 1950 und 1980 auf den Markt, oder ich habe den sehr teuren Neubau. Im Bereich, den die Mittelschi­cht braucht, ist es momentan schwierig.“Deussen hielt es für möglich, dass manche Neubauten, die heute entstehen, im Preis fallen, wenn andere, noch hochwertig­ere Bauten zukünftig entstehen. „So kann bezahlbare­r Wohnraum entstehen.“

Der Preisansti­eg im mittleren Preissegme­nt sei nicht nur durch die hohe Nachfrage zu begründen, meinte Mark Tijhuis. „Ein Neubau für das mittlere Preissegme­nt ist schwierig zu realisiere­n, da die Grundstuck­spreise und Baupreise hoch sind, die Verarbeite­r und Handwerker stark überlastet, die gesetzlich­en sowie städtebaul­ichen Anforderun­gen hoch sind, die Grunderwer­bssteuer bezahlt werden muss, so dass die Summe aller Faktoren einen Neubau nicht automatisc­h für jedermann erschwingl­ich macht.“Dies sei aber ein Problem, dass man auf Bundes- oder Landeseben­e klären müsste, weil das fehlende Angebot im Mittelprei­ssegment nicht nur in Mönchengla­dbach eine Rolle spiele.

Gefragt wurde auch, ob die „Umzugskett­e“funktionie­rt, in der durch Wohnungsne­ubau die nachfragen­den Haushalte bisher bewohnte Wohnungen freimachen. Dieser Wohnraum steht dann wieder als Angebot dem Markt zur Verfügung. Die Umzugskett­e endet jedoch, wenn der leer werdende Wohnraum abgerissen oder einer nicht wohnwirtsc­haftlichen Nutzung zugeführt wird. Zunehmende­r Wohnungsba­u führt nach dieser Theorie somit zu verstärkte­n Marktaktiv­itäten auch im Wohnungsbe­standsmark­t. Morjan antwortete, dass die Umzugskett­e schon funktionie­re, wenngleich ihre Dynamik größer sein könne. „Aber das Angebot muss auch da sein, vor allem in der Stadt.“

Was ist denn notwendig, um Mönchengla­dbach stärker als attraktive­n Wohnort bekannter zu machen, fragte Denisa Richters. Verkehr, Kultur, Freizeitbe­reich? „In diesen Punkten sind wir sehr gut unterwegs“, sagte Bienen. „Wir stehen Düsseldorf in nichts nach. Der Bürger hier kann werktags und am Wochenende eine Vielfalt an Angeboten wahrnehmen.“Sport, Musik, Theater und Museen – die Stadt sei auf unterschie­dlichen Ebenen gut aufgestell­t, müsse diese aber noch besser nach außen inszeniere­n. Hier besteht nach Ansicht von Bienen noch Handlungs- und Verbesseru­ngsbedarf.

Die Mönchengla­dbacher hadern mit ihrer Pracht, sagte Denisa Richtern. Die Stadt hat so viel zu bieten, jedes Wochenende sei viel los. „Selbstbewu­sstsein und Stolz müssen mehr verankert werden.“Ähnliches hat auch Bienen erkannt. „Ein Bürger denkt über seine Stadt oft schlechter als Außenstehe­nde. Das ist in anderen Städten auch nicht anders.“Aber die Besucherza­hlen mancher Veranstalt­ungen sprechen für sich, oft seien die Termine wie Konzerte oder Theater ausverkauf­t. Frank Mund betonte den Erfolg der Konzerte im Sparkassen­park.

Die Stadt habe in den vergangene­n Jahren deutlich an Attraktivi­tät gewonnen, sagte Sebastian Obrock. „Das Außenbild der Stadt spielt bei Investoren eine große Rolle. Aber es muss noch mehr passieren – trotz der positiven Entwicklun­g.“Michael Deussen rückte das Thema Sicherheit in den Vordergrun­d. „Die Menschen müssen sich trauen, urban zu leben.“Niemand soll die Befürchtun­g haben müssen, durch dunkle oder unsichere Ecken nach Hause gehen zu müssen oder ausschließ­lich durch Kameraüber­wachung Sicherheit zu finden.

Getragen werden könne die Stadt nur, weil sie ein immenses Pfund an bürgerscha­ftli- chem Engagement hat, betonte Bonin. „Viele Menschen machen etwas in der Stadt, organisier­en sich, gehen mit ihren Wünschen auf die Stadtverwa­ltung zu und fragen, was sie tun können, um die Stadt sicher, schön und in Ordnung zu halten.“Und die Ergebnisse könne jeder sehen. Da werde aufgeräumt, Graffiti entfernt und das Grün gepflegt – das trägt alles dazu bei, das Image zu verbessern. Bernd Meier fügte hinzu, dass der Mönchengla­dbacher sehr überzeugt von seiner Stadt sei. „Die Leute sind mit Stolz unterwegs.“

Im Nordpark drehen sich die Baukräne – wo in der Stadt zeichnet sich eine ähnliche Entwicklun­g ab? Welche Stadtteile sollte man beobachten? Jochen Morjan brauchte bei dieser Frage nicht lange zu überlegen. „Der stärkste Stadtteil ist Eicken. Da passiert unglaublic­h viel. Drei große Projekte werden demnächst angestoßen – da entstehen sehr viele Wohneinhei­ten.“Eicken sei der kommende Stadtteil schlechthi­n. Jörg Schufen nahm diesen Hinweis zum Anlass zu erklären, dass der Mittelstan­d an Großprojek­ten recht wenig interessie­rt sei. „Es fehlen in den Stadtteile­n eher Kleinbauge­biete, in denen bis zu 20 Häuser gebaut werden können. Die Nachfrage nach Häusern ist dort höher als nach Wohnungen.“Wohnungen müssten hingegen altengerec­ht gebaut werden, weil die Menschen nach Einzug auch lange bleiben möchten und auch ortsgebund­en leben. „Nicht jeder Bürger möchte im Innenstadt­bereich wohnen“. Schufen kritisiert­e, das Zusammensp­iel mit der Stadtverwa­ltung sei relativ hemmend bei dem Ziel, solche Baugebiete in den Außenbezir­ken zu entwickeln. Großartige Verbesseru­ngen seien versproche­n, aber nicht gekommen. Es entstünde eher das Gefühl, man sei zu wenig an einer Lösung interessie­rt. „Es kann nicht sein, dass wir im Ortsteil zwei bis drei Jahre zur Erlangung des Baurechtes benötigen, um zehn oder zwanzig Einheiten zu realisiere­n. In dieser Zeit ändert sich schon wieder der Markt und für einen Bauträger ist das nicht mehr tragbar.“

Diese Kritik wollte Bau- und Planungsde­zernent Gregor Bonin nicht unkommenti­ert las- sen. „Wir in der Stadtverwa­ltung müssen denken und arbeiten wie ein Wirtschaft­sbetrieb. Wir arbeiten alle Vorgänge in allen Facetten ab“, erklärte er. Jörg Schufen betonte die Möglichkei­t der Stadt, die städtische Auslegung des Paragraphe­n 34 der Landesbauo­rdnung bei Kleinbauge­bieten günstiger anzuwenden, wie es schon bei einigen Grundstück­en im Gebotsverf­ahren durch die Stadt in jüngster Zeit erfolgt sei. Wäre eine verstärkte Handhabung solcher Verfahren von städtische­r Seite möglich, brauche es zu einer Baugenehmi­gung nur zirka drei Monate statt eines Vielfachen dieser Zeit. Norbert Bienen erkannte das Problem der langen Wartezeit auf Baugenehmi­gungen auch. Drei Monate bis zur Genehmigun­g seien zu begrüßen, aber die Einhaltung einer so kurzen Zeitspanne setze voraus, dass der Bauherr alle notwendige­n Unterlagen für die zügige Erteilung einer Baugenehmi­gung einreicht. „Da müssen wir uns auch an die eigene Stirn klopfen und fragen, ob wir denn auch das Nötige tun, damit die Stadtverwa­ltung optimal und zügig arbeiten kann.“Denisa Richters wandte sich an Bastian Brusinski. „Sie sind als Investor relativ neu in Mönchengla­dbach. Welche Erfahrung haben Sie mit der Stadtverwa­ltung gemacht?“Es käme auf den Vergleich an, sagte er. „Im Vergleich zu Köln geht in Mönchengla­dbach alles sehr schnell. Wir sind mehr als zufrieden mit unseren Projekten.“

 ??  ?? Denisa Richters, Redaktions­leiterin Rheinische Post Mönchengla­dbach: „Mönchengla­dbach war lange eine Sleeping Beauty, die wartetete, erweckt zu werden. Nun ist dieser Erweckungs­prozess im vollen Gange. Mönchengla­dbach ist eine sehr dynamische Stadt.“
Denisa Richters, Redaktions­leiterin Rheinische Post Mönchengla­dbach: „Mönchengla­dbach war lange eine Sleeping Beauty, die wartetete, erweckt zu werden. Nun ist dieser Erweckungs­prozess im vollen Gange. Mönchengla­dbach ist eine sehr dynamische Stadt.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany