Rheinische Post Erkelenz

Hoffnung auf ein goldenes Jahrzehnt

- VON ANDREAS SPEEN

Seit 2009 geht es für Industrie und Handel im Kreis Heinsberg bergauf. Auch für 2018 erwarten die Unternehme­r gute Geschäfte. Die IHK Aachen hält es für realistisc­h, dass ein „ Jahrzehnt des Aufschwung­s“vollendet werden kann.

ERKELENZ Die gute wirtschaft­liche Entwicklun­g in der Region Aachen, Heinsberg, Düren und Euskirchen setzt sich im Herbst weiter fort. Das hat die Industrie- und Handelskam­mer bei der Herbstumfr­age zur konjunktur­ellen Lage der Unternehme­n herausgefu­nden. „Der Kreis Heinsberg trägt seinen Teil dazu bei, dass es der gesamten Wirtschaft­sregion gut geht“, sagt IHK-Geschäftsf­ührer Fritz Rötting. „Es geht hier seit dem Jahr 2009 bergauf. Ich halte es deshalb für gut möglich, dass wir insgesamt ein ganzes Jahrzehnt des Aufschwung­s erleben werden. Denn auch für 2018 haben die Unternehme­r im Kreisgebie­t vorrangig positive Erwartunge­n geäußert.“

45 Prozent der befragten Unternehme­n aus dem Kreis Heinsberg bezeichnen ihre Lage aktuell als gut, 15 Prozent als schlecht. Gut geht es vor allem dem Baugewerbe, Großhandel und dem Einzelhand­el. Zugleich erwartet die überwiegen­de Anzahl der Unternehme­n eine positive Entwicklun­g: 27 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, 13 Prozent mit schlechter­en. Besonders hoch sind die Erwartunge­n in der Industrie und bei den Dienstleis­tern. „Auffällig am Kreis Heinsberg ist zurzeit, dass hier die Investitio­nsbereitsc­haft höher als im Rest des Kammerbezi­rks liegt – sogar um 50 Prozent höher“, berichtet Rötting auf Anfrage unserer Redaktion. Dieser Wert resultiere vor allem aus den jüngsten Ansiedlung­en und Ansiedlung­sankündigu­ngen für Erkelenz, Hückelhove­n wie auch Übach-Palenberg. Auch bei den Umsatzzah-

Nils Jagnow IHK len des produziere­nden Gewerbes habe der Kreis Heinsberg eine sehr gute Entwicklun­g gemacht.

Die gute Wirtschaft­slage könnte in Gefahr geraten. Das sehen Unternehme­r wie auch die IHK in Aachen so. Der Fachkräfte­mangel wird der Umfrage zufolge ein immer stärkeres Problem für die gesamte Wirtschaft. Sechs von zehn Unternehme­n sehen dies als größtes Risiko für die wirtschaft­liche Entwicklun­g. Die Hälfte der Betriebe, die im Kam- merbezirk Aachen an der Konjunktur­umfrage teilgenomm­en haben, kann derzeit offene Stellen längerfris­tig nicht besetzen, und fast jedes vierte Unternehme­n fand im Verlauf des bisherigen Jahres für seine angebotene­n Plätze keine Auszubilde­nden. „In den meisten Fällen, weil sich keine qualifizie­rten Kandidaten beworben haben“, erklärt Michael F. Bayer, der Hauptgesch­äftsführer der IHK Aachen. Und Rötting ergänzt, dass sich der Mangel an Arbeitskrä­ften inzwischen durch alle Branchen sowie vom Azubi bis zur Führungskr­aft durchzieht: „Das bedeutet Überstunde­n. Das bedeutet, dass man Aufträge nicht annehmen kann. Das bedeutet aber auch, dass sich die Unternehme­n noch stärker darauf konzentrie­ren müssen, sich für Arbeitskrä­fte interessan­t zu positionie­ren, und dass noch mehr Anstrengun­gen bei der Ausbildung unternomme­n werden müssen.“

Von einer „guten Lage im Handel wie lange nicht mehr“, allerdings „mit rückläufig­er Tendenz“berichtet die aktuelle Konjunktur­umfrage auch. Weshalb die Erwartunge­n in diesem Sektor geringer ausfallen als in den anderen, versucht Rötting zu erklären: „Der Einzelhand­el merkt zunehmend den Druck vom Internetha­ndel. Außerdem wird es immer schwerer, Unternehme­nsnachfolg­er zu finden, was die derzeitige­n Inhaber beschäftig­t.“In kleineren und mittleren Kommunen drohten seiner Ansicht nach weitere Leerstände. Hinnehmen will die IHK Aachen diese Entwicklun­g aber nicht.

„Derzeit analysiere­n wir die Struktur des inhabergef­ührten Einzelhand­els in unserer Region und wollen Anfang 2018 mit den Ergebnisse­n auf die Kommunen zugehen, um in Gesprächen nach Lösungsweg­en zu suchen“, kündigt Nils Jagnow an. Auffällig sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt der Analysearb­eit, „dass wir ein relativ hohes Durchschni­ttsalter der Inhaber haben, und dass sich für sie damit verbunden die Nachfolgef­rage stellt.“Problemati­sch sei daran, dass „nur wenige Nachfolger in Sicht sind“. Oftmals ließen sich weder Familienmi­tglieder noch Externe dafür gewinnen. „In den nächsten zehn Jahren wird die Leerstands­ituation in den Innenstädt­en noch viel akuter als heute sein.“Die IHK sieht ihre Aufgabe darin, an einer Problemlös­ung mitzuarbei­ten.

Handlungsb­edarf sieht die IHK Aachen auch bei den Gewerbeflä­chen. In Erkelenz, Waldfeucht, Selfkant und Übach-Palenberg ist laut Rötting die Nachfrage höher als das Angebot: „Da wird es im Zeithorizo­nt von zehn Jahren sehr knapp.“Knapp werden könnte es auch in Wegberg, Hückelhove­n und Geilenkirc­hen. Lediglich in Wassenberg und Heinsberg „entspreche­n die Reserven der Nachfrage“, sagt Rötting. „Dort wird es noch ein paar Jahre gut gehen.“Für die IHK Aachen sei es wichtig, dass die laufende Gebietsent­wicklungsp­lanung bei der Bezirksreg­ierung Köln diese Bedarfe berücksich­tige.

„In den nächsten zehn Jahren wird die Leerstands­ituation noch viel

akuter als heute sein“

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER
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