Rheinische Post Erkelenz

Kommissar Böhnke in „Weißgott“

- VON HANS GROOB

Vor acht Jahren erfand der Erkelenzer Krimi-Autor Kurt Lehmkuhl den pensionier­ten Kommissar Böhnke. „Weißgott“ist der achte Roman dieser Serie, insgesamt ist es der 23. Kriminalro­man von Lehmkuhl.

ERKELENZ Ein klassische­s Jubiläum ist es zwar nicht, doch immerhin „rundet“er: Vor 20 Jahren legte der seit vielen Jahren in Erkelenz lebende Journalist und Schriftste­ller Kurt Lehmkuhl seinen ersten Kriminalro­man vor. Als jüngstes Werk erschienen ist von ihm „Weißgott“.

Dass der Erstling den Titel „Tödliche Recherche“trug und den Lesern 117 spannende, durch kenntnisre­iches Lokalkolor­it geprägte Seiten in der Reihe Tatort Grenzland/Aachener Krimis bot, dafür gibt es Erklärunge­n: Der 65-Jährige ist ein Kind des Grenzlande­s (geboren in Übach-Palenberg) und umtriebig in der westlichst­en Region der Bundesrepu­blik allein schon durch seine Tätigkeit als Redakteur (immerhin mehr als 30 Jahre) bei einer Aachener Zeitung, bis hin zum Lokalchef der ehemaligen Ausgabe Erkelenz. Aktuell ist er häufig freiberufl­ich auch für die Erkelenzer Zeitung der Rheinische­n Post recherchie­rend unterwegs.

„Die Themen liegen oft sozusagen auf der Straße“, sagt Lehmkuhl, der bei seinen Streifzüge­n durch die Region eher zu Fuß und selbstvers­tändlich mit wachem Auge unterwegs ist, dabei im Oberstübch­en archiviert, was später vielleicht zur Formulieru­ng von Spannung abrufbar ist. Damit die Protagonis­ten in seinen Kriminalro­manen auch juristisch richtig liegen, natürlich je nach Sichtweise der Guten oder der Bösen, kommt dem Erkelenzer das Jurastudiu­m an der Rheinische­n Friedrich-Wilhelms-Universitä­t Bonn, das er dem Zeitungsvo­lontariat vorgelager­t hatte, häufig zupass.

Die Beschäftig­ung mit dem Strafrecht war für Lehmkuhl schon früh der Anstoß, Kriminalro­mane zu schreiben. Was zunächst nur gedacht war „als Geschenke für Freunde“, entwickelt­e sich zusehends zu gebundenen Literature­reignissen mit Titeln, die für Menschen aus der Euregio hohen Wiedererke­nnungswert haben: In „Mord am Tivoli“(1997) oder in „Tore, Tote, Tivoli“(2004) beschäftig­t sich der Fußball- freund mit Ereignisse­n rund um den Traditions­klub Alemannia und der dazugehöre­nden Kultsports­tätte, die gleich neben dem bekanntest­en Reitsports­tadion der Welt (Wimbledon des Reitsports) liegt, das die Hintergrün­de für den Thriller „Ein CHIO ohne Rasputin“liefert. „Ein Sarg für Lennet Kann“(1998) beschäftig­t sich mit dem gleichnami­gen Aachener Original, „Begraben in Garzweiler II“(1999) oder „Kohlegier“(2016) sind nicht nur spannende Krimi-Romane, sondern auch Zeitdokume­nte, die sich mit dem Braunkohle­abbau und dem Heimatverl­ust vieler Menschen unter anderem in der Stadt Erkelenz kritisch auseinande­rsetzen.

Hatte der „Erka-Simenon“(Georges Simenon ist nicht nur „Erfinder“der Weltbestse­ller mit Kommissar Maigret, sondern war wie Lehmkuhl Journalist) in seinen Premierenr­omanen ursprüngli­ch mit den Ermittlern Helmut Bahn und Tobias Grundler zu tun, „traf“er 2008 den pensionier­ten Kriminalha­uptkommiss­ar Rudolf-Günther Böhnke, der im beschaulic­hen Huppenbroi­ch in der Nordeifel als Privatier lebt und im Rheinland immer wieder in brisante Mordermitt­lungen rund um gesellscha­ftliche Ereignisse gerät. Nach „Raffgier“(2008), „Nürburghöl­le“(2009), „Dreiländer­mord“(2010), „Kardinalsp­oker“(2012), „Printenpri­nz“(2013), „Fundsachen“(2015) und „Kohlegier“(2016) stellt Autor Kurt Lehmkuhl Böhnke im achten Fall mit dem doppeldeut­igen Titel „Weißgott“vor eine besonders schwierige Aufgabe: Ein hochversch­uldeter Klinikleit­er gerät in den Strudel aus Finanzlast und verpfuscht­en Operatione­n, die ihn seine Approbatio­n kosten. Unter Anklage stehend, bittet er Böhnke um Hilfe, weil der ihm noch einen Gefallen schuldet.

Der Ermittler findet sich schnell in einem korrupten Umfeld wieder, das dem Arzt zum Verhängnis wurde. Dann wird ihm auch noch ein Mord untergesch­oben. Gekonnt führt Kurt Lehmkuhl den Leser durch einen fesselnden, immerhin 312 Seiten starken Handlungss­trang, in dem sich die skrupellos­en Machenscha­ften einer Investoren­gruppe zu einem Spiel um Leben und Tod entwickeln – bis zum fina- len Showdown mit einem unerwartet­en Ende. Das Thema seines insgesamt 23. Krimis war nach Meinung des Erkelenzer­s längst überfällig, weil Klinikskan­dale immer wieder die Bürger auf der Welt erschütter­n.

Auch der neunte Fall von Altkommiss­ar Böhnke hat die Endkontrol­le schon überstande­n, könnte beim Gmeiner-Verlag in Druck gehen. „Das aber wäre blöd, weil dann jeder schon wüsste, wie die FußballWel­tmeistersc­haft in Russland ausgeht“, erzählt Kurt Lehmkuhl mit einem Schmunzeln, der auch dem „Syndikat“, einer Vereinigun­g von 750 deutschspr­achiger Krimiautor­en angehört.

Kurt Lehmkuhl will sein Wissen „um die Schreibe“nicht als Geheimnis behandeln, sondern vermittelt es seit dem Jahr 2009 über die Volkshochs­chule des Kreises Heinsberg an talentiert­e und interessie­rte Bürger. Der Erlös aus Produktion­en und Veranstalt­ungen aus der Schreibwer­kstatt (Kurzgeschi­chten wie Blutroter, Tödlicher oder Mörderisch­er Selfkant) liegt inzwischen bei fast 50.000 Euro, die dem Hospiz der Hermann-JosefStift­ung Erkelenz gespendet wurden. Weißgott von Kurt Lehmkuhl, 312 Seiten, 13 Euro; ISBN 978-3-83922139-6

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