Rheinische Post Erkelenz

Regierung muss 110.000 Reisende zurückhole­n

- VON MICHAEL BRAUN

Der britische Billigflie­ger Monarch meldet Insolvenz an und stellt den Betrieb sofort ein. Die britische Regierung startet eine der größen Rückholakt­ionen seit Jahrzehnte­n. Es ist die dritte Pleite nach Air Berlin und Alitalia binnen Wochen.

FRANKFURT „Monarch Airlines has ceased trading.“Das immerhin haben die Manager der fünfgrößte­n britischen Luftfahrtg­esellschaf­t gestern noch auf ihre Internetse­ite gehievt, die Mitteilung also, dass das Geschäft eingestell­t sei. Dazu kamen ein paar Hinweise an Kunden, wie sie denn nun nach Hause kommen. Die Pleite hat 110.000 Fluggäste von Monarch im Ausland zunächst allein gelassen. Es ist nach Alitalia und Air Berlin die dritte Pleite eines Luftfahrtu­nternehmen­s binnen weniger Wochen.

Die britische Regierung griff schnell ein. Sie beauftragt­e die Luftfahrtb­ehörde CCA, mehr als 30 Flugzeuge zu chartern, um die Monarch-Kunden zurückzuho­len. Eine Aktion dieses Ausmaßes habe es in Friedensze­iten in Großbritan­nien noch nie gegeben, teilte das Verkehrsmi­nisterium mit. Die ersten staatlich organisier­ten Heimkehrer waren 165 Passagiere, die von Ibiza nach London geholt worden waren. Passagiere aus Deutschlan­d scheinen kaum betroffen.

Die Pleite von Monarch Airlines gilt als die bisher größte in Großbritan­nien. Monarch-Chef Andrew Swaffield sagte, sein Unternehme­n habe Kunden vor allem nach terroristi­schen Attacken in Ägypten und Tunesien verloren. Der Verkehrsmi­nister teilte mit, Monarch habe dem Preiskrieg mit anderen Airlines nicht mehr standhalte­n können.

Die Konkurrenz ist groß. Laut dem Statistikp­ortal CAPA bieten 237 Airline-Gruppen Flugverbin­dungen im europäisch­en Markt an. Es scheinen zu viele, um für alle eine auskömmlic­he Rendite zu erwirtscha­ften. In Amerika, wo die fünf größten Anbieter 85 Prozent aller Sitzplätze anbieten, bleiben von 100 Dollar Umsatz 13 als Gewinn übrig. In Europa stellen die großen Fünf 64 Prozent der Sitzplätze. Hier liegt die Gewinnmarg­e bei 6,1 Prozent, in Deutschlan­d laut Luftverkeh­rswirtscha­ft bei nur 4,9 Prozent. An der Börse verteuerte­n sich LufthansaA­ktien gestern um mehr als drei Prozent.

Eric Heymann, Branchenex­perte der Deutschen Bank, spricht von Überkapazi­täten auf dem westeuropä­ischen Markt. Und die seien mit der Pleite von Alitalia, Air Berlin und Monarch auch noch nicht beseitigt.

Viele Modelle wurden probiert. Ryanair setzte erfolgreic­h auf Billigange­bote, vor allem innereurop­äische Direktflüg­e mit kurzen Standzeite­n. So wurden die Iren mit 117 Millionen Passagiere­n jährlich der größte Anbieter Europas. Air Berlin hatte dagegen kein klares Konzept, teilte seine 29 Millionen Passagiere auf Ferienflie­ger, Billiganbi­eter und Langstreck­e auf. Das habe nicht funktionie­rt, meint der Luftfahrte­xperte Cord Schellenbe­rg. „Air Berlin hat auf zu vielen Hochzeiten getanzt.“Experte Heinrich Großbongar­dt ergänzt: „Gehälter aus dem vorigen Jahrzehnt sind in einem Umfeld, in dem Low Cost nicht die Ausnahme ist, sondern der Normalfall, nicht mehr zu finanziere­n.“

Hinzu kommt weltweiter Wettbewerb. In Europa drängt Turkish Airlines mit 63 Millionen Passagiere­n in den Markt. Für den Verkehr nach Asien preschen die Golfstaate­n vor. Eric Heymann verweist auf „regulatori­sche Belastunge­n“, also auf die Steuerlast, die Energiepre­ise, die Vorgaben für den Lärmschutz. Da hätten es Anbieter aus Golfstaate­n leichter. Das wirkt umso mehr, weil die Märkte in den USA und Europa als gesättigt gelten. Es gibt noch Wachstum. Aber fünf Prozent jährlich, von denen die Branche träumte, dürften unrealisti­sch sein. Heymann rechnet mit nur zwei Prozent.

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FOTO: IMAGO Die fünftgrößt­e britische Fluggesell­schaft stellte den gesamten Flugbetrie­b gestern ein, auch hier in Luton.

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