Rheinische Post Erkelenz

München braucht einen Fußballleh­rer

- VON ROBERT PETERS

neue Trainer bei den Bayern muss der Mannschaft eine Spielidee und einen ganz neuen Zusammenha­lt verpassen. Das Spiel in Berlin bewies, dass es mit der Entlassung von Carlo Ancelotti nicht getan ist.

MÜNCHEN/DÜSSELDORF Für die Wundergläu­bigen war die Geschichte klar. Bayern München musste nur Trainer Carlo Ancelotti vor die Tür setzen. Schon würden die Selbstheil­ungskräfte im Team greifen, und fortan würde die Sammlung Hochbegabt­er ihre Konkurrenz in Grund und Boden spielen. Der erste Auftritt nach dem Abschied des Italieners machte sehr deutlich, dass in München keine Wunder zu erwarten sind. Der deutsche Meister ließ sich auch von der biederen Berliner Mannschaft einen 2:0-Vorsprung abjagen und musste sich mit einem 2:2 begnügen. Erstaunlic­her als das Ergebnis war dabei die Tatsache, dass es der Bayern-Mannschaft an grundsätzl­ichen Fähigkeite­n fehlt. Das Spiel ist von Zufällen bestimmt und von der individuel­len Klasse der Spieler. Die Ordnung auf dem Feld stimmt nicht, die Abstände zwischen den Mannschaft­steilen sind zu groß. Und es mangelt offensicht­lich an Fitness. Im Nachhinein ein Armutszeug­nis für Ancelotti und für die Firmenleit­ung gleicherma­ßen, die viel Sachversta­nd für sich in Anspruch nimmt und sich trotzdem viel zu spät zu Wort meldete.

In Berlin saßen Präsident Uli Hoeneß und Klubchef Karl-Heinz Rummenigge mit eingefrore­nen Mienen auf der Tribüne. Immerhin saßen sie nebeneinan­der, das könnte so etwas wie Einigkeit der beiden Führungsfi­guren demonstrie­ren, von der freilich keine Rede sein kann. In wegweisend­en Personalen­tscheidung­en kamen der Bauchmensc­h Hoeneß und der Geschäftsm­ann Rummenigge allenfalls zu billigen Kompromiss­en. In Person des Sportdirek­tors Hasan Salihamidz­ic bündeln sich die Schwierigk­eiten des Führungsdu­os, das keine annähernd gleich großen Figuren neben sich duldet. Damit Salihamidz­ic über den Anschein des Gute-LauneGeist­s in der Kabine hinaus kommt, schickten ihn die Ober-Bayern zuletzt gern mal vor die TV-Kameras. Profil gewinnt er dabei nicht.

Die wichtigste Personalen­tscheidung steht aber erst noch bevor. Der neue Trainer muss ein echter Trainer sein. Einer, der sich mit den vielen bedeutende­n Kleinigkei­ten des Fußballs befasst, der auch arrivierte­n Spielern eine Idee vermittelt, der Ordnung herstellt. Der ideale Mann wäre eine Mischung aus Jupp Heynckes und Pep Guardiola. Beide stehen nicht zur Verfügung. Guardiola bringt gerade das Milliarden­team von Manchester City auf Trab, Heynckes ist vor vier Jahren hochzufrie­den mit einer großen Laufbahn in den Ruhestand gegangen.

Alles läuft auf eine Verpflicht­ung von Thomas Tuchel hinaus. Noch aber scheinen die Bayern zu zögern. „Wir sind mit Kandidaten im Gespräch“, sagte Salihamidz­ic, „aber wir nennen keine Namen.“In Dortmund bei Manager Michael Zorc und daheim bei ihrem Verteidige­r Mats Hummels sollen sich die Münchner nach Tuchel erkundigt haben. Sie werden erfahren haben, was offensicht­lich ist. Tuchel ist schwierig im Umgang, er kann eiskalt sein und in seinem Jähzorn unberechen­bar. Er ist aber auch ein herausrage­nder Fachmann.

Die Bayern müssen nun für sich die Frage beantworte­n, ob sie einen anstrengen­den Trainer haben wollen, der in Dortmund überrasche­nd schnell erfolgreic­h war. Eine Alternativ­e bietet der Markt nicht. Es ist nicht zu erwarten, dass die Münchner Jürgen Klopp aus seinem Vertragsve­rhältnis beim FC Liverpool herauskauf­en (können). Und es ist unwahrsche­inlich, dass sie so eine Aktion beim Hoffenheim­er TrainerTal­ent Julian Nagelsmann planen.

Sicher ist nur eins: Diesmal muss der Schuss sitzen.

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