„Den Diesel nicht verdammen“
NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst ist seit 100 Tagen im Amt. Wir haben ihn mit einem E-Auto eines Carsharing-Anbieters abgeholt, um über die „Automobile Zukunft“zu sprechen. Nach der Begrüßung kramt er sofort in seinem Portemonnaie und hält eine Anmeldekarte vor das Lesegerät des Autos.
sammen den Kohl fett. Übrigens: Die Stickoxid-Belastung ist in den vergangenen Jahren um 70 Prozent runtergegangen. Die Diesel-Debatte führt aber potenziell dazu, dass verunsicherte Leute ihren alten Diesel weiterfahren, was eine schnelle Erneuerung eher behindert. Wir hätten sonst 2020 die Grenzwerte allein durch Flottenaustausch und Software-Nachrüstung gepackt. Sind die vorgegebenen Grenzwerte unrealistisch? WÜST Sowohl das Zustandekommen der Zahl als auch die Zahl an sich kann Diskussionen auslösen, aber wir als Landesregierung sind an Recht und Gesetz gebunden. Trotzdem: Wir möchten Fahrverbote verhindern. Denn sonst wären nach zwei Tagen die Büros und die Supermarktregale leer und die Handwerker blieben zu Hause. Da will ich mal die sehen, die jetzt nach Fahrverboten schreien. Am Ende entscheiden aber die Gerichte über Fahrverbote und nicht die Politik. WÜST Die Gerichte wollen von den zuständigen Behörden hören, wie wir die Grenzwerte einhalten. Genau das wird jetzt Punkt für Punkt abgearbeitet, und dann wird’s am Ende reichen. Ist das denn realistisch bis 2018? WÜST Wer sagt denn 2018? Sie dürfen nicht immer alles glauben, was die Deutsche Umwelthilfe sagt. Realistisch ist, dass es 2018 einen neuen Luftreinhalteplan gibt. Das hat die zuständige Bezirksregierung auch so angekündigt. In dem stehen die Maßnahmen, die ergriffen werden. Jede Maßnah- me hat eine Wirkungsfrist, in der sie zum Erfolg geführt wird. Angenommen, es kommt doch zu Fahrverboten, wäre die blaue Plakette dann eine Übergangslösung? WÜST Blaue Plaketten sollen Fahrzeuge markieren, die von Fahrverboten ausgenommen werden. Wir arbeiten daran, die Luft ohne Fahrverbote sauber zu bekommen. Deshalb sollten man auch keine Spekulationen für Ausnahmen davon anstellen. Klar ist aber, dass es für eine weiter funktionsfähige Stadt sehr viele solcher Ausnahmen geben müsste. Bis wann wird es Ihrer Meinung nach den Diesel noch geben? WÜST Wenn man es richtig anstellt, dann ist der saubere Diesel möglich. Ich warne davor, dass Politik irgendwelche Zeithorizonte beschreibt. Ist der Elektroantrieb das Allheilmittel?
WÜST WÜST Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden so viele Elektroautos zugelassen wie im ganzen letzten Jahr zusammen. Da findet gerade auf einem – zugegeben – noch niedrigen Ausgangsniveau eine sehr dynamische Entwicklung statt. Deswegen bin ich nicht ganz so skeptisch. Was kann das Land NRW tun, um die Elektromobilität zu fördern? WÜST Ich glaube schon, dass das Thema Ladesäulen wichtig ist, einfach um den Leuten die Sorge zu nehmen, dass sie irgendwann liegenbleiben und nicht weiterkommen. Deswe-
Erstens bedarfsgerecht ausgebaut, zweitens ordentlich gepflegt und belastbar und drittens mit der nötigen Reserve für telematische Verkehrslenkungen. Modernste Telematik nützt nämlich nur dann, wenn die Umleitungsstrecke frei ist, sonst schicken wir die Leute von einem Stau in den nächsten. Was wir brauchen, nenne ich Redundanz der Systeme. Wenn der Verkehr dann stärker vernetzt ist, werden uns die Navigationssysteme jeden Tag einen anderen Weg zeigen, der uns stressfreier und effizienter zur Arbeit kommen lässt. Es werden immer mehr Daten erhoben, auch durch die Smartphones, die wir alle haben. Beispielsweise kaufen wir Daten von TomTom ein und werden diese für die Bürgerinnen und Bürger auf unserer Webseite verkehr.nrw freischalten. Auch das „Digitale Testfeld Düsseldorf“soll uns dabei helfen, die Verkehrsführung intelligenter zu gestalten. Sie sprechen von der Düsseldorfer Teststrecke zum autonomen Fahren, auf der 2018 die ersten Autos unterwegs sein sollen. Würden Sie einsteigen? WÜST Wenn die mich mitnehmen, gerne.